Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Solararchitektur im Zentrum des Herbst-Holzbulletins der Lignum

Der entschiedene Ausbau erneuerbarer Energien ist einer der Pfeiler der Energiestrategie 2050. Baulich wird die kluge Integration der Fotovoltaik zur neuen Königsdisziplin. Das neue ‹Holzbulletin› der Lignum, das Ende September erscheint, zeigt energieeffiziente und klimaschonende Holzbauten vom Mehrfamilien- über das Schulhaus bis zur Seilbahnstation, die sich der Nutzung der Sonnenenergie in architektonisch überzeugender Weise bis hin zur gesamten Gebäudehülle öffnen.

Lignum-Holzbulletin 136/2020
Nachhaltiges Bauen. Solararchitektur
Inhalt:
- Wohnüberbauung Hagmannareal, Winterthur
- Mehrfamilienhaus Segantinistrasse, Zürich-Höngg
- Tal- und Bergstation, Klein Matterhorn, Zermatt
- Primarschule, Port
- Weinberg-Remise Le Corbet, Milvignes
- Mehrfamilienhaus Arborea, Köniz
40 Seiten A4, vierfarbig
Bestellbar ab Ende September im Shop
Lignum-Mitglieder erhalten das Holzbulletin viermal jährlich automatisch und kostenlos per Post. Die vierteljährliche Bautendokumentation der Lignum kann man unabhängig von einer Mitgliedschaft abonnieren. Holzbulletin-Hefte können auch einzeln bezogen werden.

 

Nachhaltig bauen ist ein Gebot der Stunde. Will die Schweiz die gesetzten Klimaziele erreichen, ist auch der Bausektor in der Pflicht: Hierzulande sind Gebäude für etwa 40% des Energieverbrauchs und für über einen Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich. Die Möglichkeiten, dies zu beeinflussen, sind vielfältig, sei es im Bestand oder bei einem Neubau.

Den Architektinnen und Architekten kommt dabei eine zentrale Rolle zu, wie Andres Herzog einleitend zu den 33 Klimatips festhält, die ‹Hochparterre› dieses Frühjahr in einem Themenfokus veröffentlicht hat. Das Klimaziel vor Augen, geht es sowohl in der Erstellung als auch im Betrieb eines Gebäudes darum, den CO2-Ausstoss zu reduzieren.

Holz hat dabei einen Heimvorteil: Denn jeder Kubikmeter Holz bindet ungefähr eine Tonne CO2. Verbautes Holz wirkt also als CO2-Senke. Der Einsatz von Holz anstelle anderer Materialien vermeidet gleichzeitig CO2-Emissionen. Zudem steckt in Holz vergleichsweise wenig graue Energie aus Ernte und Verarbeitung – dies gilt um so mehr, wenn das Holz aus lokaler Produktion stammt.


Ein riesiges Potential liegt nach wie vor brach

Mit Blick auf die Reduktion des Verbrauchs fossiler Energieträger steht die Nutzung der Sonnenenergie im Vordergrund. Eine interaktive Anwendung unter www.sonnenfassade.ch zeigt für jede Immobilie der Schweiz, wie gut ihre Fassaden für die Nutzung der Solarenergie geeignet sind. Auf Basis dieser Daten
schätzt das Bundesamt für Energie das Solarstrompotential der mittelmässig bis hervorragend geeigneten Schweizer Hausfassaden auf rund 17 Terawattstunden (TWh) pro Jahr. Zusammen mit den Dächern, deren Potential auf www.sonnendach.ch gezeigt wird, beträgt das ausschöpfbare Solarstrompotential der Schweizer Gebäude rund 67 TWh/Jahr. Zum Vergleich: 2019 betrug die Solarstromproduktion in der Schweiz knapp 2,2 TWh.

In dieser Ausgabe des Holzbulletins zeigen wir Ihnen deshalb Beispiele von Holzbauten, die auf die Nutzung der Sonnenenergie setzen. Im Idealfall wird das Bauwerk dabei zum Kraftwerk wie die Primarschule Port bei Biel oder das Mehrfamilienhaus in Höngg: Nicht nur das Dach, sondern die gesamte Fassadenfläche plus die Balkonbrüstungen sind hier eine Fotovoltaikanlage, die mehr Strom produziert, als die Bewohner und die Gebäudetechnik inklusive Heizung benötigen.

Dass dies so ist, sieht man erst auf den zweiten Blick: Denn die Module sind das gestalterische Element der Fassade. In der Jahresbilanz rechnet man mit einem Überschuss von ca. 8700 kWh. Das Minergie-P-Gebäude ist damit ein bilanziertes Plusenergie-Haus, das als Eigenverbrauchsgemeinschaft organisiert ist.


Solarnutzung von der Seilbahn bis zum Wohnen

Auch bei der höchsten Dreiseilumlaufbahn der Welt auf das Klein Matterhorn bei Zermatt sorgen Solarmodule dafür, dass die Bahn nicht nur Gäste transportiert, sondern auch Strom produziert: An der Tal- und Bergstation wurden insgesamt 765 Solarmodule angebracht. Auf einer Gesamtfläche von 1369 m2 fangen sie das starke Sonnenlicht ein und wandeln es in Gleichstrom um. Dieser wird anschliessend als Wechselstrom direkt ins Versorgungsnetz eingespeist.

Die Nutzung solarer Energie ist beim Hagmannareal in Winterthur ein Aspekt neben weiteren Faktoren eines sehr breit verstandenen Nachhaltigkeitsbegriffs, der auch soziale Themen miteinschliesst. Der Hybridbau orientiert sich dafür unter anderem an den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft: Mit der Verwendung von Holzbauteilen aus zertifiziertem Schweizer Holz erreichte man unter anderem eine Reduktion der grauen Energie.

Wie sich die Sonne mit einer darauf abgestimmten Konstruktion auch passiv nutzen lässt, macht das Mehrfamilienhaus Arborea in Köniz sichtbar: Die raumbildende Fassadenschicht mit den Lauben und Terrassen ermöglicht einen guten Sonneneintrag während der Heizperiode und eine wirksame Verschattung im Sommer.


Sonne und Holz: ein erfolgreiches Doppel

Allen hier vorgestellten Projekten gemeinsam ist, dass die Nutzung der Sonnenergie und die damit eingesetzte Methode Teil des architektonischen Konzepts sind. Das zeigen auch das Schulhaus in Port und das kleine Landwirtschaftsgebäude in einem Westschweizer Rebberg am Neuenburgersee: In beiden Fällen sind die Fotovoltaikanlagen so in die Dachgestaltung integriert, dass sie Teil des architektonischen Ausdrucks werden.

Gut ist, dass diese Themen und Fragestellungen vermehrt auch in studentischen Arbeiten an Hochschulen ihren Niederschlag finden wie beispielsweise im Rahmen des Solar Decathlon 2017, der im US-amerikanischen Denver stattgefunden hat und den eine Gruppe Westschweizer Studierende gewonnen hat (Lignum Journal online vom 23.10.2017).

Dass Solararchitektur und Holzbau ein erfolgreiches Doppel sind – sowohl was einen hohen Anspruch hinsichtlich Gestaltung und Raum betrifft als auch im Hinblick auf eine zukunftsfähige, nachhaltige Bauweise –, dokumentieren die hier vorgestellten Bauten mit einem breiten Spektrum möglicher Bauaufgaben und Lösungen.


Jutta Glanzmann
Technische Kommunikation Lignum