Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Bauen mit Holz hat Zukunft

 

 

 

In den letzten dreissig Jahren hat die Holzbauweise stark an Interesse gewonnen, nicht zuletzt dank neuer Techniken und Bausysteme. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang vor allem die Fortschritte im Bereich der Holzverleimung, die nicht nur zur starken Ausbreitung von Brettschichtholz, sondern auch zur Entwicklung von Holzwerkstoffen geführt haben, welche die spezifischen Anforderungen des Baubereiches erfüllen.

Die Fertigung im Holzbau stützt sich heutzutage auf moderne Verfahren der Bearbeitungstechnik. Das niedrige Gewicht des Holzes stellt die Grundlage für eine systematische Ausnutzung der Vorteile aus der Vorfertigung von grossen Elementen dar. Insbesondere im Hausbaubereich hat dies zur kompletten Vorfabrikation von Hauselementen (Wänden, Decken) in speziell dazu konzipierten industriellen Anlagen geführt. Dies ermöglicht eine rasche und effiziente Herstellung, verbunden mit extrem kurzen Bauzeiten.

 

Energieverbrauch

 

Bauen mit Holz bietet der umweltbewussten Bauherrschaft ökologisch interessantere Möglichkeiten gegenüber alternativen Bauweisen aus Beton, Backstein oder Stahl. Holz ist leicht transportier- und bearbeitbar. Bei seriöser Planung kann auf regionale und zu vorteilhaften Preisen erwerbbare Produkte eingegangen werden.

 

Ökobilanz

 

Ein Holzhaus besteht nicht ausschliesslich aus Holz; Fundamente, Installationen, Verbindungsmittel, Beton, Metall, Gips oder Glasflächen gehören auch zum Holzbau. Ökobilanzen vergleichen den Verbrauch an Umweltgütern verschiedener Materialien und Produkte für denselben Verwendungszweck. Die Resultate ergeben wichtige Hinweise für kritische Konsumenten. Wesentlich sind die Angaben über die Energie, die bei der Herstellung der Stoffe benötigt wird (graue Energie). Verschiedene neuere Untersuchungen zeigen, dass der Holzbau hervorragend abschneidet.

 

Kreislaufwirtschaft

 

Wird ein Holzhaus umgebaut und verändert, oder hat es ausgedient, ist der entsprechende Arbeitsaufwand nicht allzu gross. Vieles an einem Holzhaus ist lösbar verbunden – genagelt, geschraubt oder zusammengesteckt. Holz und Holzwerkstoffe haben mehrere Leben. Zurückgewonnene Bauteile lassen sich direkt wiederverwenden. Denn die Materialeigenschaften von Holz verändern sich durch die Benutzung nicht. Das bedeutet echtes Recycling. Andere Teile werden nach einer Aufbereitung in veränderter Form wieder auf dem Bau eingesetzt (Downcycling). Ist Holz als Baumaterial nicht mehr zu gebrauchen, liefert es in entsprechenden Anlagen Energie zur Produktion von Wärme oder Strom. Der Kreislauf der Natur schliesst sich.

 

Bauen mit System

 

Holzbauten sind heute aufgrund komplexer technischer Entwicklungen und Konstruktionsweisen, aber auch dank einem besseren Verständnis für die eigenständige, zeitgemässe Architektur erfolgreich. Bauen mit Holz hat den Sprung vom reinen Handwerk zu rationellen Prozessen der Fertigung in der Werkstatt, zur effizienten Industrialisierung mit Hilfe von Halbfabrikaten und zur präzisen und raschen Montage auf der Baustelle geschafft. Aus der traditionellen Zimmerei ist ein Betrieb geworden, der EDV-gesteuerte Planungsprozesse mit robotergesteuerten, präzisen Werkzeugen verbindet. Aus den ehemals handwerklich gefertigten Einzelteilen wurden Bauteile mit im voraus bestimmten Anforderungen und definierter Qualität, welche sich auf der Baustelle in kürzester Zeit und massgenau zum Ganzen fügen lassen.

Für ein erfolgreiches Holzbauwerk ist der Entwurf massgeblich. Dabei sind unter dem Begriff ‹Entwurf› sowohl das architektonische Konzept als auch die räumliche Gestaltung und die technischen Massnahmen zu verstehen. Gleichzeitig spielen die möglichst frühzeitige Wahl des Tragsystems mit den damit verbundenen konzeptionellen und konstruktiven Überlegungen zum Brandschutz hinein und gleichzeitig auch die Systeme für Wärme- und Schalldämmung und Luftdichtigkeit, die Bedürfnisse aus der Haustechnik, die Massnahmen für Dauerhaftigkeit, Unterhalt und Betrieb eines Gebäudes bis hin zu seinem späteren Rückbau.

Die Situation zeigt sich dabei heute ganz anders als früher: Der Systemgedanke bestimmt die Struktur von Holzbauten. Nicht mehr allein die Systeme für Tragwerke sind von Belang, sondern auch die Gebäudehülle ist dank Systemlösungen zum geschlossenen Funktionsträger geworden. Vergleichbares gilt für die Geschossdecken oder die innenliegenden Trennwände. Für Architekten, Ingenieure und technische Planer, aber auch für Ausführende ist es entscheidend, die aus den Bedürfnissen des Auftrags sich ergebenden Ansprüche mit den Möglichkeiten und den Grenzen technischer Konzepte so zu verbinden, dass sich eine überzeugende Gesamtheit entwickelt.
 

Holzbau mit System› (Birkhäuser Verlag in Zusammenarbeit mit Lignum, 2007ff.)

 

Klassische und heutige Bausysteme im Überblick

 

Innerhalb des Holzbaus lassen sich verschiedene Bausysteme ausmachen, die sich in Konstruktion, Fertigung und Erscheinungsbild deutlich unterscheiden. Auch werden diese Systeme je nach Region oder Konstruktionsweise oft unterschiedlich benannt. Von Bedeutung sind heute nur Holzrahmenbau, Skelettbau und Massivholzbau.

 

Blockbau

 

Traditionelle Bauweise in Europa, verbreitet im Alpenraum, in Skandinavien und Russland. In dieser Bauweise wurden vor allem Wohnbauten, aber auch Brücken, Türme und Kirchen erstellt. Im Berner Oberland, im Wallis, in den Freiburger Alpen und im Bündnerland werden heute noch Blockbauten erstellt. Das Wissen um diese traditionelle Bauweise wird von den Zimmerleuten vor allem mündlich an die junge Generation weitergegeben.

 

Merkmale des Blockbaus:

 

  • Hohes handwerkliches Können
  • Besondere Holzauswahl
  • Kunstvolle Eckverbände
  • Starre Grundrissanordnung
  • Grosser Holzverbrauch
  • Setzmasse

 

Setzmasse lassen sich durch konstruktive Massnahmen verringern oder ganz vermeiden. Die Anschlüsse an Mauern werden so ausgebildet, dass sich die Blockwand ungehindert setzen kann. Bei Öffnungen (Türen, Fenster) werden Schwebepfosten angeordnet. Installationen sind so auszubilden, dass sich Setzungen nicht nachteilig auswirken.

Heute sind Gebäudehüllen aus mehreren Schichten aufgebaut, um den Anforderungen an Dämmung und Behaglichkeit genügen zu können. Es werden deshalb Holzbauteile mit mehreren, bereits in der Werkstatt eingebauten Schichten als Elemente angeboten. Wärmedämmung, Hohlräume für Installationen, Blindschalungen und tragender Kern werden in einem Bauteil vereint.

 

Massivholzbau

 

Den Ursprung des Massivholzbaus markiert der Block- oder Strickbau. Massivholzbau präsentiert sich heute jedoch zumeist in anderen Formen. Die heutige Möglichkeit, grossflächige Elemente industriell herzustellen, hat zur Einführung zugleich tragender und raumbildender Elemente für Wände, Decken und Dächer geführt. Innovative Holzbauunternehmungen in der Schweiz, aber auch in Österreich und Deutschland haben auf dieser Grundlage in den letzten Jahren eine Vielzahl an unterschiedlichen Bausystemen entwickelt. Die Bauteile bestehen meistens aus massivem Holz (verleimt, querverleimt, gedübelt, genagelt), hie und da auch aus Holzwerkstoffen wie zum Beispiel OSB. Kernstück ist jeweils ein geschlossener, oftmals massiver plattenförmiger Querschnitt, oder es werden kastenförmige Elemente zu einem Flächentragwerk zusammengefügt.

Auch Brettsperrholzkonstruktionen zählen zu den Massivholzbauweisen. Brettsperrholz (BSP, englisch CLT oder X-Lam) ist ein flächiges, massives Bauteil für tragende Anwendungen. Es besteht aus mindestens drei rechtwinklig zueinander verklebten Brettlagen aus Nadelschnittholz. Brettsperrholzelemente werden in den üblichen Dicken bis 300 mm hergestellt, mit Elementbreiten bis zu 2,95 m und Elementlängen bis zu 20 m. Manche Hersteller produzieren auch in festen Rastermassen oder verwenden für einzelne Lagen Holzwerkstoffplatten. Die Elemente können für raumbildende Bauteile wie Wand-, Dach- und Deckentafeln verwendet werden.

Die witterungsunabhängige Produktion grossflächiger, fertig abgebundener Wand-, Dach- und Deckenbauteile im Werk erlaubt einen sehr hohen Vorfertigungsgrad. Durch die kreuzweise Anordnung der Brettlagen und den damit verbundenen Absperreffekt führen Feuchteänderungen in den Plattenebenen nur zu geringen Quell- und Schwindverformungen. Die Begrenzungen der Bauteilabmessungen ergeben sich lediglich aus den herstellerspezifischen Grösst- und Transportmassen. Durch die flächige Lastabtragung lassen sich Bauteile mit geringerer Bauteilhöhe und niedrigem Eigengewicht realisieren. Massive Brettsperrholzelemente sorgen durch eine ausgeprägte Phasenverschiebung und Amplitudendämpfung der Oberflächentemperaturen für einen hohen sommerlichen Hitzeschutz.


Fachwerkbau/Riegelbau

 

Traditionelle Bauweise in Europa mit sichtbarem Holztraggerippe, in der Schweiz auch Riegelbau genannt. Verbreitet in Ost- und Mitteleuropa, England, Norddeutschland, Dänemark und Holland. Süddeutschland und die Kantone Thurgau, Zürich, Schaffhausen, Appenzell und St. Gallen kennen eine besonders reiche Fachwerkarchitektur. In diesen Regionen war früher das Holz nicht in sehr grossen Mengen und Abmessungen vorhanden.

 

Merkmale des Fachwerkbaus:

 

  • Gestaltungsfreiheit (Traggerippe verkleidet/sichtbar)
  • Mehrgeschossige Bauten möglich
  • Starre Grundrissanordnung
  • Stockwerkweiser Aufbau
  • Vornehmlich reine Holzverbindungen
  • Traghölzer mit grösseren, eher quadratischen Querschnitten
  • Kurze Bauzeit
  • Einfache Aufrichtearbeit

 

Häuser in Fachwerkbauweise weisen ein tragendes System aus Massivholz auf. Die Konstruktionshölzer übernehmen die gesamten Kräfte aus der Vertikal- und Horizontalbelastung. Die Verkleidungen und das Eigengewicht der Ausbaumaterialien wirken zusätzlich stabilisierend gegen Windkräfte. Aufgebaut wird bei dieser Bauweise stockwerkweise. Die wichtigen Konstruktionsteile sind Schwelle, Stützen/Pfosten, Streben und Riegel.

Moderne Abbundmaschinen und neue Methoden der Holztrocknung machen den Fachwerkbau zu einem wirtschaftlichen Bausystem. Zapfen und Versatzungen sind bei dieser Bauweise günstigere Verbindungsmittel als Blech- und Stahlformteile, weil hier die Verbindungen nur gering beansprucht werden. Die Übertragung der senkrechten Lasten erfolgt direkt über Kontaktstösse des Holzes.

 

Ständerbau

 

In den USA ab 1850 entwickelt als ‹Balloon Frame› und ‹Platform Frame›. Platform Frame ist heute in den USA die häufigste Baumethode für ein- und zweigeschossige Bauten. In Deutschland entstanden ab 1930 die ersten Bauten in Europa nach amerikanischem Platform-Frame-Vorbild, bekannt auch unter dem Namen ‹Gerippebau›.

Merkmale des Ständerbaus:

 

  • Gestaltungsfreiheit
  • Mehrgeschossige Bauweise möglich
  • Gebäudeaussteifung durch äussere Beplankung
  • Konstruktion beidseitig verkleidet
  • Durchgehende Stützen
  • Schlanke, hohe Querschnitte
  • Enger Stützenabstand
  • Geringes Setzmass

 

Beim ‹Balloon Frame› laufen die Wandrippen über zwei oder mehr Geschosse durch. Den unteren und den oberen Abschluss bilden horizontale Bretter (Schwellen und Pfetten). Die Deckenträger liegen auf einer stehenden Stegbohle, die in Ausklinkungen der Wandpfosten eingelassen ist.

Das besondere Merkmal des ‹Platform Frame› ist der geschossweise Abbund. Die Plattform kann während des Aufbauens als Arbeitsbühne und Herstellungsplatz benutzt werden. Das Bausystem bietet die Möglichkeit des Standardisierung sowie der Vorfabrikation und ermöglicht den Einsatz genormter Bauteile. In Konstruktion und Gestaltung sehr flexibel.

Der bedeutendste Unterschied zwischen Ständer- und Fachwerkbau besteht in der Art der Aussteifung. Beim Ständerbau erhält die Tragkonstruktion durch die aussen aufgebrachte Massivholzschalung oder durch Holzwerkstoffplatten ihre Stabilität. Die senkrechten Traghölzer laufen über die ganze Gebäudehöhe durch. Die Verbindungen werden durch Kontaktstösse des Holzes auf Druck, durch Nagelung, durch Aus- und Überplattungen und teilweise durch Zapfenverbindungen ausgeführt.

 

Rahmenbau

 

Gehört in die Kategorie der Ständerbauten, ursprünglich als ‹Platform Frame›-System in den USA entwickelt. Der Vorteil des Systems liegt in der einfachen Holzbeschaffung.

 

Merkmale des Holzrahmenbaus:

 

  • Gestaltungsfreiheit
  • Einfache Bauweise
  • Sich wiederholende Details
  • Traggerippe aus kleinformatigen, standardisierten Querschnitten
  • Gebäudeaussteifung durch äussere Beplankung
  • Stockwerkweiser Aufbau
  • Holzverbindungen mit Kontaktstössen und durch Nagelung
  • Rastermass 400–700 mm
  • Konstruktion beidseitig verkleidet
  • Kostengünstige Baumethode
  • Kurze Bauzeit
  • Möglichkeiten für Eigenleistungen

 

Die Tragkonstruktion wird durch ein stabförmiges Traggerippe aus Kanthölzern mit einer äusseren, das Traggerippe stabilisierenden Beplankung gebildet. Das stabförmige Traggerippe führt die senkrechten Lasten aus Dach und Geschossdecken ab. Die Beplankung aus Massivholz oder Holzwerkstoffplatten übernimmt die Horizontallasten, welche aus Wind- und Stabilisierungskräften entstehen.

 

Skelettbau

 

Der Skelettbau entstand durch Modifikation des Fachwerkbaus. Die Primärkonstruktion wird in grossen Rasterabständen angeordnet. Aussen- und Innenwände können so in beliebiger Anordnung und Ausführung zwischen die Tragkonstruktion eingesetzt werden. Es ergibt sich eine klare Aufgabentrennung zwischen tragender Konstruktion und raumabschliessenden Wänden.

 

Die Merkmale des Skelettbaus:

 

  • Grosse Gestaltungsfreiheit
  • Tragskelett und raumabschliessende Wände voneinander unabhängig
  • Grundrissgestaltung variabel
  • Masseinteilung erfolgt nach Raster und Modul
  • Ingenieurmässiger Holzhausbau
  • Brettschichtholz für tragende Bauteile vorherrschend
  • Verbindungen meist mit Stahlteilen
  • Vorfertigung der Wandelemente möglich

 

Der moderne Ingenieurholzbau ermöglicht mit seinen ausgereiften Produkten, wie Brettschichtholz und hochbelastbaren Verbindungsmitteln, imposante und dennoch äusserst filigrane Holzskelette.

 

Tafelbau

 

Entstanden gleichermassen für den Stahl-, den Stahlbeton- und den Holzbau zur Zeit der Industrialisierung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Verlagerung des Herstellungsprozesses von der Baustelle in die witterungsunabhängige Werkstatt führte zu einer hochentwickelten Fertigbauweise. In der Werkstatt kann präziser gearbeitet werden als auf der Baustelle.

Holztafelelemente werden als tragende und nichttragende Innen- und Aussenwandtafeln sowie als Decken- und Dachelemente verwendet. Die Elemente sind eine Verbundkonstruktion mit Holzrahmen und Beplankungsmaterial aus Holz, welches ein- oder beidseitig bereits während der Vorfertigungsphase aufgebracht wird. Bezüglich Vorfertigungsgrad wird unterschieden:

  • Wandtafeln im Rastermass
  • Wandtafeln im Raum oder Grundrissmass
  • Raumzellen

 

Merkmale des Tafelbaus:

 

  • Serienfertigung
  • Normierung
  • Hoher Vorfertigungsgrad
  • Witterungsunabhängige Herstellung
  • Kurze Montagezeiten
  • Fugenausbildung
  • Raster- und Modulordnung
  • Demontierbar bei Temporärbauten
  • Herstellung auf Lager möglich

 

Die Holztafelbauweise mit tragenden Holzrahmenelementen eignet sich vor allem für Bauaufgaben, die kostengünstig und kurzfristig zu realisieren sind. Für zeitlich befristeten Raumbedarf wurden demontierbare oder auch als Raumzellen versetzbare Pavillons entwickelt. Daraus entstanden vorgefertigte Bausysteme, die für eine lange Lebensdauer bestimmt sind, aber auch vorgefertigte Wohnhäuser in ein- und zweigeschossiger Ausführung.