Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Sommer-Holzbulletin der Lignum zum Thema Innenausbau

Sechs hochklassige Holz-Ausbauten in der Deutsch- und Westschweiz stehen im Zentrum des neuen Lignum-Holzbulletins. Vorgestellt werden der Umbau der Dietschibergbahn-Talstation in Luzern, das neue Besucherzentrum der Just Schweiz AG in Walzenhausen, ein aussergewöhnliches Dreifamilienhaus in Pully, die Erneuerung des Genfer Grossratssaals und die Renovation des imposanten Château Saint-Maire in Lausanne. Nicht fehlen darf natürlich der Umbau eines Alpgebäudes im bündnerischen St. Antönien, der beim Prix Lignum 2021 einen ‹Sonderpreis Schreiner› geholt hat.

Holzbulletin 143/2022: Innenausbau
32 Seiten A4, bestellbar ab 6. Juli
Lignum-Mitglieder erhalten das neue Holzbulletin automatisch und kostenlos Ende Juni per Post. Die vierteljährliche Bautendokumentation der Lignum kann man unabhängig von einer Mitgliedschaft abonnieren. Holzbulletin-Hefte können auch einzeln bezogen werden.
Link Lieferbare Lignum-Holzbulletins

 

Mit dem Sonderpreis Schreiner, den der Prix Lignum 2021 auf nationaler Ebene erstmals vergab, werden Schreinerarbeiten ausgezeichnet, die durch herausragende Gestaltung, handwerkliche oder technische Innovation und Funktionalität brillieren. Mit den zwei Sonderpreisen Schreiner 2021 wurden ex aequo zwei ganz unterschiedliche Arbeiten prämiert. Eine davon verbirgt sich in einem historischen Strickbau, der auf einer Alp oberhalb von St. Antönien steht. Nikisch Walder Architekten aus Flims haben das Gebäude mit grosser Sorgfalt für eine private Bauherrschaft umgebaut und dafür rustikale, aber raffinierte Möbel entworfen. Das ganze Projekt stellen wir in diesem Heft vor.


Geklickt, nicht geleimt

Der zweite Entwurf, der einen Sonderpreis holte, ist das Regal ‹001›. Ein Architekturbüro – das Zürcher Studio Noun – und eine Schreinerei – Lindauer in Steinen – haben dieses gemeinsam entwickelt. Die Bretter sind nur zusammengeklickt und geschraubt, ganz ohne Metall oder Leim, ähnlich wie ein Klick-Parkett. Die Klicktechnik für das Regal, das zu 100% aus lokalem Eschenholz gefertigt wird und komplett unbehandelt ist, kommt von der Schreinerei Lindauer, die seit Jahren daran tüftelt und das patentierte System bereits im Türen- und Küchenbau einsetzt. ‹001› ist damit quasi der Archetyp eines Regals, das in zwei Längen angeboten wird, als liegendes Sideboard und als hohes Regal. Zusammenbauen lässt es sich ohne Werkzeuge, nur mit einigen Handgriffen.

Auch die neuen Sitzbänke für die Kathedrale Notre Dame in Lausanne wurden ohne Klebstoff oder Schrauben gefertigt. Den Prototyp einer Bank mit einer verschiebbaren Lehne, die sich damit einfach und schnell nach der gewünschten Orientierung ausrichten lässt, hat das Büro Yves Weinand Architectes entwickelt. Die dabei eingesetzte Snap-Fit-Technologie in Form einer reinen Holz-Holz-Verbindung stammt aus dem IBOIS-Labor der EPFL, das Yves Weinand leitet. Produziert wurden die rund 80 Bänke aus Eiche, die aus den kantonseigenen Wäldern von Concise und Cossonay stammt.


Verschränkung von Möbel und Raum

Eine Art Verschränkung von Möbel, architektonischem Raum und Tragkonstruktion ist der 2018 entwickelte Prototyp ‹Movable House› der Basler Architektinnen Shadi Rahbaran und Ursula Hürzeler. Das Haus hat kein Tragwerk im klassischen Sinn, sondern besteht aus tragenden, raumhaltigen Holzelementen, die gleichzeitig Möbel, Decke und Boden bilden sowie Wärmedämmung und Energiespeicher beinhalten. Ähnlich wie ein Möbelstück ist das Projekt als bewegliches Haus konzipiert: Es ist prinzipiell nicht für einen bestimmten Standort entwickelt, sondern soll an verschiedenen Standorten und auf Zeit realisierbar sein. Entsprechend leicht und effizient müssen der Transport sowie der schnelle Auf- und Abbau der Gebäudeteile sein.

Noch flüchtiger als das ‹Movable House›, das sein Domizil in Riehen gefunden hat, ist ‹mySaess›: Die mobile Wohnbox mit Platz für bis zu vier Personen ist aus Holz, Linoleum und Wolle aus Schweizer Produktion gefertigt. Sie findet ihren Platz zeitlich begrenzt in ländlicher Umgebung als mögliche Unterkunft eines regionalen Tourismus. Ein grosses Zelt überspannt die minimalistische Holzkiste, bietet Schutz vor Sonne und Regen und vergrössert gleichzeitig den Aussenraum. Trotz des temporären Charakters verströmt die Ausgestaltung mit Holz im Inneren der Box eine wohnliche Atmosphäre. Solarzellen auf dem Dach sorgen für Strom. Zurzeit ist ein erster Prototyp im Einsatz. Die Idee ist, ‹mySaess› seriell herzustellen und modular zu fertigen.


Handwerk auf höchstem Niveau

Das breite Spektrum der Arbeiten, bei denen Holz wesentlich zur Ausgestaltung von Lebensräumen beiträgt, zeigt sich nicht nur bei den eben beschriebenen Entwurfsansätzen, sondern auch bei den im Heft vorgestellten Projekten: Diese reichen von Wohnbauten, bei denen Altbewährtes in Kombination mit Neuentwickeltem zu einer teils überraschenden Form findet, wie beim Umbau des Alpgebäudes oder der umgenutzten Talstation der Dietschibergbahn in Luzern, über Neubauten wie das Besucherzentrum für ein Unternehmen als repräsentative Adresse oder die ‹Maison ovale› als Stadtvilla bis zu zwei historisch bedeutsamen öffentlichen Bauten in Lausanne und Genf, die mit zeitgemässen Eingriffen und einer vielfältigen Klaviatur von möglichen Schreinerarbeiten ihrer jahrhundertealten Geschichte ein weiteres Kapitel anfügen.

Was alle Projekte – unabhängig von Nutzung oder Art der Intervention – auszeichnet, sind neben überzeugenden und teils überraschenden Entwürfen Handwerk auf höchstem Niveau sowie Präzision im Detail und in der Umsetzung.


Jutta Glanzmann
Technische Kommunikation Lignum