Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Mehrgeschossiger Holzbau hat in Deutschland noch Luft nach oben

Im August ist der Thünen-Report 78 ‹Entwicklung der Rahmenbedingungen für das Bauen mit Holz in Deutschland› erschienen. Die umfangreiche Studie hält fest, dass sich in den letzten fünf Jahren eine Verbesserung beobachten lässt. Gerade im mehrgeschossigen Bauen liegt aber noch viel Potential brach. Eine wichtige Rolle spielt dabei das Bauordnungsrecht.

Holzbauquoten in Deutschland
Grafik Thünen-Institut

 

2018 lag in Deutschland der Anteil der Neubauten, die überwiegend Holz als Baustoff nutzen, im Wohngebäudebereich bei 17,6 % und im Nichtwohngebäudebereich bei 20,8 %. Im mehrgeschossigen Bereich ist der Anteil jedoch noch gering – bei Mehrfamilienhäusern lag die Holzbauquote bei 2,8%, was 393 fertiggestellten Gebäuden entspricht.

In den letzten Jahren lässt sich bei den Rahmenbedingungen für Holz jedoch eine dynamische Entwicklung beobachten – Beispiele sind Anpassungen im Bauordnungsrecht, politische Initiativen für klimaverträgliches Bauen, aber auch Nachfrageentwicklungen, die sich in steigenden Holzbauquoten ausdrücken. Die Entwicklung von Massnahmen zum Abbau von Hemmnissen wird auch im Dialogprozess der ‹Charta für Holz 2.0› vorangetrieben.

Um laufende Arbeiten in den Charta-Arbeitsgruppen zu unterstützen, untersucht die vorliegende Studie, inwiefern Änderungen in marktlichen, rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen in den letzten fünf Jahren bereits Fortschritte gebracht haben. Neben einer Literatur- und Dokumentenanalyse wurden zur Bewertung von Entwicklungen 21 Interviews mit Experten aus Verbänden, Wissenschaft, Verwaltung und Holzbau-Praxis durchgeführt.


Prägendes Bauordnungsrecht 

Eine wichtige Richtungswirkung kommt dem Bauordnungsrecht zu, da es die Bandbreite ordnungsrechtlich zulässiger Lösungen definiert. Die Grundlage für die Erweiterung des Holzbau-Einsatzbereichs über Gebäude geringer Höhe hinaus wurde bereits mit der Musterbauordnung (MBO) 2002 in Verbindung mit der Muster-Holzbaurichtlinie (HFHHolzR) 2004 und der Umsetzung in Landesrecht gelegt. Die Anforderungen entsprechen jedoch nicht mehr dem Stand der Technik, was die projektspezifische Beantragung von Abweichungen erforderlich macht und zu Wettbewerbsnachteilen für den mehrgeschossigen Holzbau führt.

In den letzten fünf Jahren haben eine wachsende Zahl von Bundesländern Landesbauordnungen weiterentwickelt, um eine geregelte Anwendung der Holzbauweise in der Gebäudeklasse 5 zu ermöglichen und Barrieren in der Gebäudeklasse 4 abzubauen. Im September 2019 beschloss die Bauministerkonferenz eine entsprechende Anpassung der MBO. Zudem wurde Mitte 2019 ein Anhörungsverfahren für eine neue Muster-Holzbaurichtlinie gestartet, die Anforderungen an Bauteile als technische Regel konkretisieren soll.

Nach Einschätzung der interviewten Experten geht von bereits erfolgten Öffnungen bei Landesbauordnungen eine wichtige Signalwirkung aus. Um in der Praxis Vereinfachungen zu bewirken, ist die Konkretisierung von Anforderungen an die Verwendbarkeit brennbarer Baustoffe in Technischen Baubestimmungen aber ein weiterer wichtiger Schritt, da nach wie vor Einzelfallzulassungen und Abweichungen von der M-HFHHolzR 2004 beantragt werden müssen. Eine neue Muster-Holzbaurichtlinie kann hier einen wichtigen Beitrag leisten.


Link Thünen Report 78: Entwicklung der Rahmenbedingungen für das Bauen mit Holz in Deutschland (PDF, 1.25 MB)