Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Lignum-Holzbulletin im März: Hotel und Gastronomie

Holz zeigt sich im Frühlings-Holzbulletin der Lignum gastlich. Der Ersatzneubau des Gasthauses in Hergiswald verankert den geschichtsträchtigen Wallfahrtsort in der Gegenwart. Die Gotthard-Raststätte in Erstfeld bildet einen Gegenentwurf zur sonst meist belanglosen Autobahnarchitektur. Das ‹Mad Mount Hotel› im Walliser Ferienort ist dank modularer Bauweise in Rekordzeit entstanden. Spektakulär und innovativ zeigt sich die Anlage des ‹Hôtel des Horlogers› in Le Brassus. Der sorgfältig durchgestaltete Neubau der ‹Fischerstube› sichert die Zukunft eines Publikumsmagneten am Zürichsee.

Holzbulletin 146/2023
Hotel und Gastronomie
32 Seiten A4, vierfarbig
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Die Ausgabe 146/2023 ‹Hotel und Gastronomie› ist nach Ostern im Lignum-Shop bestellbar. Lignum-Mitglieder erhalten sie Anfang April.
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Die Jugendherberge in Fällanden gehört zur ersten Generation dieser Art von Beherbergungsbetrieben in der Schweiz. Diese waren sehr einfach eingerichtet und boten geschlechtergetrennte Massenlager. Gleichzeitig ist das 1937 eröffnete Haus, direkt am Greifensee gelegen, ein bedeutendes Beispiel der klassischen Moderne in der Schweiz und gilt als eines der Hauptwerke des Architekten Emil Roth. Er schuf einen schnörkellosen Holzbau in Ständerbauweise, der auch heute noch erstaunlich zeitgemäss wirkt und von Gruppen ab zehn Personen gebucht werden kann.

Zwei Jahre später datiert ist die ‹Fischerstube›, die anlässlich der Landesausstellung 1939 erstellt wurde. Der aussergewöhnliche Bau auf dem Wasser mit einem Schilfdach brannte 1957 ab. Den Neubau, der die damalige Rekonstruktion ersetzt und dessen Konzept sich auf den ursprünglichen Entwurf besinnt, stellen wir in dieser Ausgabe des Holzbulletins vor. Ein interessantes Detail: Das stauenenswerte Stabgewölbe der Kuppeldecke im Gastraum der neuen Fischerstube stammt vom Architekten Urs Beat Roth, dem Sohn von Emil Roth.


Bleibende Erlebnisse – erzeugt mit Holz

Was beide Objekte auszeichnet, ist, dass sie an wunderschöner Lage einen unverwechselbaren Ort schaffen für gesellige Treffen oder zur Beherbergung auf Zeit. Holz ist dabei das Material der Wahl, sowohl in konstruktiver und logistischer Hinsicht als auch, was das Kreieren von besonderen Räumen betrifft. Das belegen auch Beispiele wie der Beitrag ‹Biosphere› des dänischen Architekturbüros Bjarke Ingels Group BIG für das Treehotel in Harads, Schweden. Dieses bietet in einem Kiefernwald von unterschiedlichen Architektur- und Designbüros gestaltete Baumzimmer, die vier bis zehn Meter über dem Boden liegen und über eine Rampe oder eine Brücke erreichbar sind. Zusammen mit dem Ornithologen Ulf Öhman haben BIG 350 Vogelhäuser geschaffen, die das ganz dunkel gehaltene Hotelzimmer umgeben. Dies mit dem Ziel, die lokale Vogelpopulation zu erhalten.

Wie sich ein bestehendes Hotelensemble mit dem Material Holz weiterentwickeln lässt, zeigen Herzog & de Meuron mit ihrem Entwurf für die Erweiterung des Hotels Hermitage in Luzern. Das Projekt knüpft an die Tradition der grossen Grandhotels am Vierwaldstättersee an: Anstelle der heutigen Terrasse soll eine öffentliche Eingangshalle die beiden bestehenden Bauten verbinden. Zwei zusätzliche Geschosse in einer leichten Holzkonstruktion ergänzen künftig das Ensemble, das zusätzlich mit einer filigranen Holzstruktur überzogen werden soll.

Aktuell im Bau befindet sich das Hotel ‹Hôta› von GMA architecture, das auf einen lokalen und umweltfreundlichen Tourismus im Berner Jura abzielt. Einmal fertig, wird es 47 Hotelzimmer umfassen, die das ganze Spektrum vom Vier-Sterne-Komfort bis zum Schlafsaal anbieten. Aufgrund seiner exponierten Lage im ortsbildgeschützten St-Imier setzt das Projekt konstruktiv auf Vorfertigung in Holz und interpretiert formal die Einfachheit der nahegelegenen Uhrmacherwerkstätten. Die Eröffnung ist für Herbst 2023 geplant.


Überraschungen in Erstfeld, Le Brassus und Nendaz

Auch die in dieser Ausgabe vorgestellten Projekte basieren alle auf dem Rohstoff Holz, vermitteln aber ganz unterschiedliche Aspekte des Themas Hotel und Gastronomie auf dem Hintergrund des Bauens mit Holz. Während die bereits erwähnte ‹Fischerstube› und das Gasthaus Hergiswald oberhalb von Luzern mit dem Material traditionsreiche Orte stärken und dabei auch festliche Räume entstehen lassen wie den Saal mit der blauen Kassettendecke in Hergiswald, schafft die Gotthard-Raststätte an einem gemeinhin gewöhnlichen Durchgangsort für Reisende einen überraschend wirtlichen Ort. Dies dank der imposanten Umgebung und dem differenziert eingesetzten Baustoff Holz, der die Umgebung nach innen holt und das Innere nachts zeichenhaft nach aussen leuchten lässt.

Auch für den Entwurf des ‹Hôtel des Horlogers› in Le Brassus war die Umgebung entscheidend: Bjarke Ingels Group BIG machen die Topografie zum Thema und setzen das Hotel mäanderartig in den Hang. Die Fassade in vorvergrauter Lärche wird dabei zu Bändern in der Landschaft des Vallée de Joux.

Ein gänzlich anderes Konzept verfolgt das Projekt ‹Mad Mount Hotel› im Walliser Ferienort Nendaz: Vorgefertigte Holzmodule, bereits mit allen Installationen ausgestattet, wurden legoartig zusammengefügt. So entstand in Rekordzeit ein Hotel, das sich auch ähnlich schnell wieder abbauen liesse, falls sich die Bedürfnisse ändern sollten. In den Zimmern selbst entsteht trotz dem seriellen Gedanken dank sichtbar belassenem Holz eine wohnliche Atmosphäre für die Gäste.

Wir wünschen eine gute Lektüre – und vielleicht besuchen Sie den einen oder anderen Ort, den wir in dieser Ausgabe vorstellen.


Jutta Glanzmann
Technische Kommunikation Lignum