Lignum Holzwirtschaft Schweiz

In Holz steckt noch viel mehr, als wir heute kennen

Der Kongress von Holzindustrie Schweiz machte am letzten Freitag klar: Holz wird künftig unzählige neue Anwendungen finden. Zugleich stellte am selben Tag die Rohholztagung der Task Force Wald+Holz+Energie die Frage: Haben wir auch genug Rohstoff dafür? Die Antwort vorneweg: Ja, aber es braucht ein kluges Ressourcenmanagement.

Die diesjährige Rohholztagung der Task Force Wald+Holz+Energie und der Holzindustrie-Kongress fanden an der Empa-Akademie in Dübendorf statt. Die Referenten sprachen vor vollen Rängen.
Bild Julian Steiner, HIS

 

Der Tagungsort für die beiden Veranstaltungen war gut gewählt: die Empa in Dübendorf. Was dort abgeht in Bezug auf die Weiterentwicklung der Holztechnologie, ist beeindruckend. Ein Forschungsschwerpunkt, so Tanja Zimmermann, Departementsleiterin ‹Functional Materials› an der Empa, liege auf der Delignifizierung. Wenn man dem Holz das Lignin entzieht, entsteht ein verdichtetes Zellulose-Komposit, das ganz neue Möglichkeiten eröffnet.

Ein zweites Forscherteam beschäftigt sich mit der Prozessoptimierung in der maschinellen Holzverarbeitung, zum Beispiel im Hinblick auf Faserdämmplatten. Ein drittes Entwicklungsfeld gilt der Erforschung und Verbesserung des Tragwiderstandes, der Gebrauchstauglichkeit und der Dauerhaftigkeit von Tragwerken, Verbindungen und Bauteilen. Resultat sind innovative Holzstrukturen, die zum Beispiel beim Bau des 80 m hohen Holzhochhauses ‹Pi› in Zug eingesetzt werden.

Die Veränderung von physikalischen Eigenschaften des Holzes kann aber auch im kleinen ganz neue Perspektiven eröffnen. So stehe die Lancierung von Holzkreditkarten im grossen Stil kurz bevor, sagte Oliver Kläusler, Geschäftsführer von Swiss Wood Solutions.


Sorge tragen zu den Holzreserven

Haben wir aber überhaupt genug Holz, um alle die neuen Nutzungsbereiche abzudecken, die Forschung und Entwicklung erschliessen? Für die Schweiz kennen wir die Antwort: Es wächst in den hiesigen Wäldern das Doppelte dessen nach, was genutzt wird. Aber es gilt zu differenzieren. Bei den derzeitigen ‹Brotbäumen› Fichte und Tanne ist das Verhältnis zwischen Nutzung und Nachwuchs ausgeglichener – zumindest wenn man sich auf die Gebiete beschränkt, wo eine Holzernte wirtschaftlich lohnend ist.

Zudem setzt der Klimawandel genau diesen Bauholz-Baumarten besonders zu, während in tieferen Lagen zunehmend Laubbäume wachsen, deren Nutzung schwieriger und wirtschaftlich von geringerer Bedeutung ist. Lars Schmidt, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Säge- und Holzindustrie DeSH, sieht trotzdem über die nächsten zehn, zwanzig Jahre keinen Fichtennotstand in Europa. Dem pflichtete an der Tagung auch Rainer Handl von der Holzindustrie Wirtschaftskammer Österreich zu. Dennoch gelte es den Holzreserven Sorge zu tragen.

Ein grosses Problem in beiden Nachbarländern ist die fehlgeleitete Biodiversitätsdebatte. Die entsprechenden Gesetze entstehen ohne echten Einbezug der Holzbranche. Das Resultat: Sie zielen darauf ab, die Bäume im Wald stehen zu lassen, statt sie als Ressource zu nutzen, durch Waldverjüngung den Wald zu stabilisieren und gleichzeitig klimatisch sowohl eine Wald- als auch eine Holzsenke zu schaffen.


Waldpolitik und Ressourcenpolitik Holz zusammenführen

Paul Steffen, Vizedirektor des Bundesamtes für Umwelt BAFU, sagte dazu: ‹Für uns fusst klimaoptimierter Waldbau und dessen Klimaschutzleistung auf den 3 ‘S’ – Sequestrierung, also Bindung von CO2 im Wald, Speicherung in Holzprodukten und Substitution  fossiler Rohstoffe. Klar ist dabei, dass der Laubholzanteil steigen wird.›

Steffens Teilnahme an der Tagung zeigt: In der Schweiz redet die Politik mit der Wirtschaft – selbst wenn es auch hier noch Verbesserungspotential gibt. Um es zu erschliessen, werden die Ressourcenpolitik und die Waldpolitik des Bundes zukünftig zu einer einzigen Wald- und Holzstrategie zusammengeführt. ‹Die Gespräche sind unter Einbezug der Verbände angelaufen, der Prozess sollte 2024 abgeschlossen sein›, sagte Steffen.

Monika Rühl, Direktorin von economiesuisse, nahm ihrerseits die Appelle aus der Runde nach besseren raumplanerischen Rahmenbedingungen (‹uns fehlt oft der geeignete Boden, um unsere Betriebe weiterzuentwickeln›) und nach Versorgungssicherheit bei der Elektrizität auf. In ihrem Referat konnte sie aber bestätigen, was im Plenum gut spürbar war: Die Herausforderungen in Zeiten des rasanten Strukturwandels und der Digitalisierung sind gross – die Holzindustrie hat sich in diesem stürmischen Umfeld bislang gut gehalten.


Links www.holz-bois.ch | https://taskforceholz.ch