Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Holzbautag Biel feiert mit 470 Teilnehmern einen Grosserfolg

Unter dem Motto ‹Weiterbauen mit Holz: ressourcenschonend, werkstoffgerecht, kreislauffähig› diskutierten in Biel am 11. Mai Holzbauingenieure, Architektinnen und Unternehmerinnen über die ökologischen und gesellschaftlichen Anforderungen an das Bauen der Zukunft. Lignum und Cedotec traten einmal mehr als Veranstaltungspartner des Anlasses auf.

Inspirierende Projekte, engagierte Diskussionen und intensiver fachlicher Austausch: Der Holzbautag Biel 2023 liess es an nichts mangeln.
Bilder Sacha Danesi Photography

 

Einen radikalen und gerade deswegen inspirierenden Ansatz vertrat die Basler Architektin Barbara Buser. Ihre Themen sind Re-Use und Upcycling. Will heissen: das Erhalten und Umnutzen von Gebäuden und die Wiederverwendung von Werkstoffen und Bauteilen. Nur so lasse sich etwas gegen die 17 Mio. Tonnen Bauabfälle tun, die jährlich anfallen. ‹Es geht darum, im Bestand zu arbeiten›, betonte Buser, die unter anderem als Initiantin der Bauteilbörse Basel zur Pionierin des zirkulären Bauens in der Schweiz wurde.

Anschaulich erklärte die Architektin, wie sie und ihr Team bei Umnutzungsprojekten den Materialkreislauf ins Zentrum rücken. Am Anfang steht jeweils eine Liste von Bauteilen, nach denen sich ‹Bauteiljäger› gezielt auf die Suche machen. Der architektonische Entwurfsprozess wird danach den gefundenen Teilen – von Fenstern und Türen bis zu Fassadenelementen oder einer Nottreppe – laufend angepasst.

Zu welchen Nachhaltigkeitsresultaten dieser Ansatz führt, zeigte Buser am Beispiel ihres Projekts ‹K.118›. Dabei wurde in Winterthur eine bestehende Lagerhalle umgenutzt und aufgestockt und so Raum geschaffen für Büros, Ateliers und Werkstätten. Mehr als zwei Drittel der verwendeten Bauteile waren wiederverwendet, wodurch sich der CO2-Ausstoss verglichen mit einem Neubau um über die Hälfte verringern liess. ‹Die beim Bau eingesparte Energie›, so Buser, ‹reicht für den Betrieb des Hauses während 60 Jahren.›


Leuchtturmprojekt ‹Haus des Holzes›

Auf grosses Interesse stiess auch der Vortrag von Pirmin Jung. Er ist einer der Pioniere des Holzbaus und gründete eines der ersten Holzingenieurbüros der Schweiz, das mittlerweile über 100 Mitarbeitende zählt. Nun hat er für seine stark gewachsene Firma ein neues Bürogebäude erstellt, das ‹Haus des Holzes› in Sursee. Es wurde 2022 bezogen und bietet neben den Büros der Pirmin Jung Schweiz AG auch verschiedenen anderen Nutzungen Platz. Für das Projekt tat sich Pirmin Jung mit dem Luzerner Architekten Marc Syfrig zusammen.

Das ‹Haus des Holzes›, so Pirmin Jung, sollte sich nicht nur durch hochstehende Architektur und attraktive Arbeitsplätze auszeichnen, sondern auch beim kreislauffähigen Bauen Massstäbe setzen. ‹Wir müssen dafür sorgen, dass kommende Generationen ein Gebäude möglichst einfach wieder rückbauen können›, betonte er. Dazu müssten Architekten und Planer bereits heute daran denken, wie sich morgen möglichst viele Bauteile wiederverwenden und möglichst viele Rohstoffe recyceln liessen. Und sie müssten sicherstellen, dass möglichst wenig Rohstoffe entsorgt werden müssten.

Die Planer des Leuchtturmgebäudes in Sursee stellten sich deshalb bei jedem Bauteil Fragen wie: Aus welchen Rohstoffen besteht es? Wie wird es produziert, zusammengefügt und montiert? Wie lässt sich eine möglichst lange Nutzungsdauer erreichen? Und: Wie wird die Wiederwendung gewährleistet? Beim ‹Haus des Holzes› wurde der gesamte Planungs- und Bauprozess ausschliesslich über eine digitale Plattform abgewickelt. Für den Holzbau in Sursee ist für die Zukunft lückenlos dokumentiert, was wo und insbesondere wie verbaut wurde.


Reicht das Holz, wenn Holz abhebt?

Die Diskussionsrunde im Anschluss an die Referate drehte sich um Themen wie Normen und werkstoffgerechtes Bauen oder Kreislauffähigkeit und Ästhetik. Gefragt wurde aber auch nach den Möglichkeiten der Ressource Holz. Noch betreffen in der Schweiz erst 16% der Baugesuche Bauvorhaben in Holz – es dominiert nach wie vor Beton. Doch was ist, wenn sich der Trend fortsetzt und wenn die Nachfrage insbesondere nach einheimischem Holz weiter schnell wächst?

Eindeutige Antworten auf diese Frage gab es am Holzbautag nicht. Einerseits wird das Potential der Schweizer Wälder noch lange nicht ausgeschöpft, doch andererseits kann die Beschaffung von regional gewachsenem Holz Planerinnen und Planer durchaus vor logistische Herausforderungen stellen. Das zeigte sich etwa am Beispiel des Generationenwohnprojekts Burkwil in Meilen (Duplex Architekten, WaltGalmarini), einer Siedlung mit über 100 Wohnungen, die gegenwärtig gebaut wird – auf Wunsch der Bauherrin in einem leimfreien Massivholzsystem aus Mondholz.

Auch beim Neubau der Obwaldner Kantonalbank in Sarnen (Seiler Linhart Architekten, Pirmin Jung Schweiz AG) machte die Bauherrschaft klare Vorgaben zur Herkunft des Holzes. Es sollte ausschliesslich aus dem Kanton Obwalden stammen. Für den Bau des fünfstöckigen Gebäudes brauchte es 2800 m3 Rundholz, das entspricht 75% des Eschen- und 10% des Fichtenstammholzes, das im Kanton pro Jahr nachhaltig genutzt werden kann. Neue Wege wurden im Umgang mit Stroh als Dämmstoff aufgezeigt. Seine Vorzüge und prozesstechnische Aspekte wurden anhand des Projekts ‹Bombasei-Areal› in Nänikon aufgezeigt.


Mit Holz Atmosphäre schaffen

Gegen Ende der Veranstaltung kam schliesslich noch ein weiterer Aspekt aufs Tapet, der für Holzbauten spricht: ihre Anziehungskraft. ‹Firmen bauen heute, um neue Talente anzuziehen›, erklärte Patrick Laigle vom Pariser Architekturbüro Leclercq Associé bei seiner Präsentation des ‹Arboretums›, eines campusartigen Geländes in Nanterre/Paris, auf dem 115000 m2 Büro-, Gewerbe- und Wohnfläche in Holzbau entstehen. Arbeitgeber, so Laigle, die durch ihre Bauten zeigen könnten, dass sie sich für die ökologische Wende einsetzten, hätten gute Karten, um die besten Mitarbeitenden zu gewinnen.

Auch Patrick Lüth vom Innsbrucker Ableger des norwegischen Architektur- und Planungsbüros Snøhetta betonte die ‹atmosphärischen Qualitäten› von Holzbauten. ‹In unseren Projekten geht es uns vor allem darum, physische Räume zu schaffen, die Identität stiften.› Der Werkstoff Holz, so schloss Lüth sein Referat, erlaube es, ‹in sehr hohem Ausmass› eine Atmosphäre zu kreieren, in der sich die Menschen wohlfühlten.

Der Holzbautag Biel wurde bereits zum 16. Mal in Zusammenarbeit mit Lignum und Cedotec durchgeführt und ist inzwischen die führende Branchenplattform in der Schweiz. Er bietet Führungskräften aus der Bau- und Holzwirtschaft gezielte Weiterbildung und auch die Gelegenheit, sich zu treffen und auszutauschen. In der begleitenden Fachausstellung präsentierten über 50 Unternehmen ihre neusten Produkte, Dienstleistungen und Lösungsansätze. Der nächste Holzbautag Biel findet am 2. Mai 2024 statt.


Link Holzbautag Biel