Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Holzbaukennzahlen für Investoren: Ein guter Anfang ist gemacht

Wie steht der Holzbau im Vergleich mit der Massivbauweise wirtschaftlich da? Eine Studie des Beratungsunternehmens Wüest Partner im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt hat acht grosse Holzbauprojekte der letzten Jahre ausgewertet, um erste Antworten auf diese für Investoren wichtige Frage zu finden. Das Sample und der Studienfokus sind noch zu klein, um alle Details zu klären, aber eine Grundaussage lässt sich bereits machen: Der ökologische Leader Holzbau kann auch ökonomisch mithalten.

Grossvolumiger Wohnungsbau mit Holz: Überbauung ‹Sue & Til› in Winterthur, fertiggestellt 2018 (Bauherrschaft: Allianz Suisse, Zürich/Implenia Schweiz AG, Winterthur; Projektentwicklung und Totalunternehmung: Implenia Schweiz AG, Dietlikon). Hier ist die ökonomische Seite bekannt: Mit Ausführungskosten von CHF 129 Mio. und einem Marktwert von CHF 170 Mio. widerlegt das Grossprojekt eindrücklich das Vorurteil des ‹teuren› Holzbaus. Und: Die ersten Bewohnerinnen und Bewohner konnten bereits ein halbes Jahr früher als geplant einziehen – auch das ist wirtschaftlich viel wert.
Bild Nils Sandmeier, Biel/Timbatec

 

Die Klimaziele der Schweiz nehmen den Bausektor in die Pflicht. Hier hat Holz einen Heimvorteil: Jeder Kubikmeter Holz bindet ungefähr eine Tonne CO2; verbautes Holz wirkt also als CO2-Senke. Der Einsatz von Holz anstelle anderer Materialien vermeidet zugleich CO2-Emissionen. Ausserdem steckt in Holz sehr wenig Grauenergie aus Ernte und Verarbeitung.


Anerkannter Spitzenreiter in Sachen Ökologie

Damit stellt sich die Holzbauweise ökologisch an die Spitze. Das untermauern verschiedenste Studien. Für eine Zukunft, in der energieeffizientes und klimaschonendes Bauen gefordert ist, ist die Holzbauweise also bestens gerüstet. Damit sie sich jedoch breit etablieren kann, müssen auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sein.

Projektentwicklungen in Holzbauweise stossen bei Investoren zunehmend auf Interesse, seit der Holzbau in allen Gebäudekategorien und Nutzungen angewendet werden kann. Dass die Holzbauweise im grossen Massstab nicht nur praxistauglich ist, sondern auch ökonomisch bestehen kann, zeigen verschiedene anspruchsvolle Referenzobjekte.


Bedürfnis nach Kennzahlen für Investoren

Jedoch fehlen bislang Kennzahlen, die aus einem grösseren Sample stammen und den Holzbau über den Einzelfall hinaus in Relation zum Massivbau stellen. Solche Kennzahlen als Entscheidungsgrundlage für den Einsatz von Holz zu erarbeiten, stand im Zentrum der Studie von Wüest Partner, die vergangene Woche an einem gutbesuchten Webinar präsentiert wurde. Für die Studie wurden acht realisierte Holzbauprojekte in der Deutschschweiz ausgewertet und die Ergebnisse in anonymisierter Form aufgearbeitet.

Bei den untersuchten Projekten handelt es sich durchwegs um Wohnüberbauungen. Die Gebäude sind alle nach der letzten Jahrtausendwende realisiert worden; ihre Erstellungskosten übertreffen CHF 10 Mio. und liegen damit in einem Bereich, der für Investoren interessant ist. Vertreten sind sowohl Rahmen- als auch Skelett- und Massivholzbau. Alle untersuchten Fallbeispiele wurden hybrid erstellt: Treppenhäuser und Untergeschosse sind betoniert.


Gute Qualität bei hoher Kostensicherheit

Kostenkennwert BKP 2 pro Hauptnutzfläche für Holzbauten und Massivbauten.
Auswertung und Grafik Wüest Partner

 

Die Kostenkennwerte der Fallbeispiele wurden mit dem Baukostendatensatz von Wüest Partner verglichen, der gleich parametrisiert ist wie die Fallbespiele. Er umfasst 171 Gebäude, von denen 23 energetisch zertifiziert sind. Die Auswertung zeigt auf, dass die acht untersuchten Holzbauten etwas teurer abschneiden: Der Median liegt beim 70%-Quantil der Referenzmengen mit Massivbauten. Das erstaunt indessen nicht, denn alle Fallbeispiele weisen eine sehr hohe bauliche und energetische Qualität auf.

Auffällig ist: Die Streuung der Kostenkennwerte fällt bei den Holzbauten sehr viel kleiner aus als diejenige der Referenzdatensätze. Das liegt zum Teil an den ausgewerteten Holzbauten selbst, verdankt sich aber auch ganz generell dem hohen Detaillierungsgrad der Planung im Holzbau, welche die Kosten- und Terminsicherheit enorm verbessert. Die Holzbauweise erreicht dank hohem Vorfertigungsgrad nicht nur eine sehr gute Qualität, sondern lässt sich auch optimal in einen BIM-Planungsprozess einbinden.


Renditen entsprechen Investorenerwartungen

Bruttoanfangsrenditen Holzbau im Vergleich mit den Transaktionen von Wohnliegenschaften an guten bis sehr guten Makrolagen im Jahr 2019.
Auswertung und Grafik Wüest Partner

 

Die Renditeerwartung für die untersuchten Holzbauten wurde von Wüest Partner anhand der Transaktionen von Wohnliegenschaften im Jahr 2019 an sehr guter bis exzellenter Makrolage eingeschätzt. Die untersuchten Holzbauten weisen im Median eine Bruttoanfangsrendite von 3,2% auf. Der 50%-Quantil-Wert der vergleichbaren Wohnliegenschaften für 2019 liegt mit 3,6% etwas höher. Das 30%-Quantil der vergleichbaren Wohnliegenschaften beträgt jedoch ebenfalls 3,2%.

Da die Auswertung der Holzbauten auf Modellannahmen von Wüest Partner beruht, kann sie vom wirklichen Wert etwas abweichen. Die Auswertung zeigt
jedoch auf, dass alle Holzbauten zum heutigen Zeitpunkte eine Rendite aufweisen, welche den Erwartungen von institutionellen Investoren voll und ganz entsprechen.


Weitere Untersuchungen sollten folgen

Der Einfluss der Bauzeit auf die Kosten wurde für die Studie nicht untersucht. Für Investoren kann dies jedoch ein entscheidender Aspekt sein. Denn aufgrund des Zeitvorteils der Holzbauweise wird eine frühere Vermietung oder Veräusserung möglich. Auf dem Suurstoffi-Areal in Rotkreuz beispielsweise wurde für ein zehnstöckiges Hochhaus die Holzbauweise gewählt, weil sich damit eine Bauzeiteinsparung von einem halben Jahr erreichen liess. Eine Nachfolgeuntersuchung zu diesem Zusammenhang wäre ein grosses Plus.

Zu wünschen wäre vor allem aber auch, dass es nicht bei einer einmaligen Studie bleibt, sondern dass sich das Sample der untersuchten Bauten im Laufe der kommenden Jahre laufend erweitert. Denn je umfangreicher es wird, desto grösser ist die Aussagekraft der destillierten Kennzahlen – und das wäre ganz im Sinne der Holzbaubranche.  Dabei wäre eine Fokuserweiterung über den Wohnbau hinaus wertvoll. Ausserdem wäre auch eine Untersuchung weiterer Aspekte wie etwa der Betriebskosten interessant.

 

Links Schlussbericht der Studie ‹Holzbaukennzahlen für Investoren› (PDF, 4.41 MB) | Aktionsplan Holz des BAFU | Wüest Partner