Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Geschäftsmodelle für die Holzbranche von heute und morgen

Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich für Unternehmen der Holzbranche im Kontext der digitalen Transformation? Unter ‹Wald & Holz 4.0› hat die Berner Fachhochschule ein Vorgehen entwickelt, das Firmen bei der Weiterentwicklung ihrer Modelle unterstützen kann.

Das Konzept des ‹magischen Dreiecks› beschreibt die Geschäftsmodell-Architektur anhand ihrer grundlegenden Dimensionen.
Bild BFH (in Anlehnung an Gassmann et al., 2013)
 

Jedes Unternehmen hat ein Geschäftsmodell, das sich im Laufe der Zeit verändert. So spezialisieren sich derzeit gewisse Holzbauer auf die Fertigung, während andere ihre Leistungen bis hin zur Architektur erweitern. Oftmals sind Firmenchefs indessen nicht in der Lage, das Geschäftsmodell ihres Unternehmens spontan zu erklären. Gemäss Oliver Gassmann, Dozent an der Universität St. Gallen, findet der Wettbewerb jedoch zunehmend zwischen Geschäftsmodellen und nicht mehr nur zwischen Produkten und Technologien statt.

Die Wirtschaftswissenschaftler und Fachbuchautoren Alexander Osterwalder und Yves Pigneur beschreiben ein Geschäftsmodell als ‹Grundprinzip, nach dem eine Organisation Werte schafft, vermittelt und erfasst›. Dessen Entwicklung in Unternehmen dient heute vor allem strategischen Analysen, um das eigene Geschäft vertiefter zu verstehen, zu verbessern und weiterzuentwickeln.


Das magische Dreieck

Eine weitverbreitete Methode für die Beschreibung eines Geschäftsmodells ist das Business Model Canvas von Osterwalder & Pigneur. Dessen neun Bausteine lassen sich auf einer abstrakteren Ebene zu einem Dreieck aus den Punkten ‹Was – Wie – Wert› zusammenführen, welches die im Zentrum stehende Definition der Zielkunden (‹Wer›) umschliesst.

Das ‹magische Dreieck›, wie dessen Begründer Gassmann es nennt, ist einfach zu nutzen und gleichzeitig vollständig genug, um ein klares Bild der Geschäftsmodell-Architektur zu liefern. Die Arbeiten im Rahmen der Initiative ‹Wald & Holz 4.0› basieren auf diesem Konzept.


Geeignete Muster kombinieren

In der realen Welt ist ein Geschäftsmodell ein komplexes System voller Wechselwirkungen und Nebeneffekte. Eine Veränderung – oder Innovation – des Geschäftsmodells ist daher ein Unterfangen, das schnell sehr herausfordernd werden kann. Gemäss Michael Geiss, Mitglied der Geschäftsleitung von Iconstorm, ist die Kunst der Geschäftsmodellinnovation, nicht etwas völlig Neues zu erfinden, sondern die für das eigene Unternehmen geeigneten Muster zu finden und geschickt zu kombinieren.

Die regelmässige Überprüfung des Geschäftsmodells empfiehlt sich, um wenn nötig in nicht zu grossen Schritten agil auf Veränderungen in der Geschäftsmodellumgebung reagieren zu können. Die Berner Fachhochschule hat im Rahmen der Initiative ‹Wald & Holz 4.0› ein Vorgehen entwickelt, das die Unternehmen der Holzbranche in diesem Prozess unterstützt.


Ist- und Soll-Zustand

Die Beschreibung des aktuellen und eines möglichen zukünftigen Geschäftsmodells steht dabei am Anfang. Sie erfolgt am besten unter Einbezug von aufgeschlossenen, in verschiedenen Funktionen tätigen Teammitgliedern. Der online verfügbare Strategiecheck Wald & Holz 4.0 (Lignum Journal online vom 14.10.2020), das Kernstück des erarbeiteten Vorgehens, dient hierzu als methodische Hilfe.

Für den nächsten Schritt hat die BFH wesentliche Veränderungen und Trends in der Geschäftsmodellumgebung auf verschiedenen Ebenen (global, Branche, Märkte) identifiziert. Auf dieser Basis wurden mit Blick auf das Jahr 2030+ Hypothesen und fünf Zukunftsszenarien abgeleitet – gesamtheitliche Problemlösung, Hochspezialisierung auf Produkt beziehungsweise Produktgruppe, Fokus auf Customer Experience, Fokus auf Low Budget und Nischenmarkt.


Differenzen bereinigen

In diesem zweiten Schritt geht es darum, die Relevanz der Trends, Hypothesen und Zukunftsszenarien für das eigene Unternehmen zu beurteilen und gegebenenfalls im Anschluss die angestrebte Ausrichtung im Strategiecheck zu bereinigen.

Zuletzt lassen sich die Differenzen zwischen dem erfassten Ist- und dem Soll-Zustand ermitteln und gegebenenfalls verdaubare Schritte für Änderungen des Geschäftsmodells ableiten, priorisieren und umsetzen. Bei der Umsetzung sind klar definierte Ziele, eine realistische Roadmap, der Miteinbezug von Kader und Belegschaft und schliesslich ein gutes Monitoring der Aktivitäten wichtig.


Was zu beachten ist

Bei strategischen Überlegungen und entsprechenden Umsetzungsmassnahmen in Unternehmen ist im Kontext mit der digitalen Transformation wichtig zu verstehen, dass sie nicht zwingend radikale Disruption bedeutet, bei der das Neue das Alte wegfegt. Manchmal kann das notwendig sein, doch häufiger bedeutet sie, das zentrale Wertangebot und dessen Generierung durch den Einsatz digitaler Tools schrittweise zu verbessern.

Dabei geht es zum Beispiel um die Befriedigung bisher nicht erfüllbarer Kundenbedürfnisse durch neue Produkte und Services, das Gestalten digitaler Kundeninteraktionen oder eine Effizienzsteigerung entlang der Wertschöpfungskette. Mittlerweile zeigt sich, dass Kombinationen von bestehendem Fachwissen bzw. der eigenen Kernkompetenzen mit Innovationen, die sich aus digitalen Technologien ergeben, langfristig erfolgreicher sind als radikale Neuerungen.

In diesem Zusammenhang ist wichtig zu verstehen, dass nicht die neuen Technologien Auslöser für Geschäftsmodellinnovationen bzw. eine digitale Transformation des Unternehmens sind, sondern immer die kundenzentrierte Lösung. Um noch einmal Michael Geiss zu zitieren: ‹Wer im eigenen Unternehmen Prozesse und Denkweisen etabliert, die die [zukünftigen] Kundenbedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, erhöht die Wahrscheinlichkeit, zu den Führern der eigenen Branche zu gehören oder zumindest für die mögliche ‘Disruption’ des eigenen Business durch einen Dritten gewappnet zu sein.›


Link www.wh40.ch/thema-zukuenftige-geschaeftsmodelle

 

Dieses Projekt wurde realisiert mit Unterstützung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) im Rahmen des Aktionsplans Holz.