Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Bestehenden Raum mit digitalen Tools besser nutzen

Der haushälterische Umgang mit dem Boden und dem gebauten Bestand verlagert die Bautätigkeit in bestehende, gut erschlossene Siedlungen. Deren Verdichtungspotential identifiziert und visualisiert ein neues Analysewerkzeug des Instituts für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur ISI der Berner Fachhochschule. Ein junges St. Galler Proptech-Unternehmen ist mit seinem eigenen Tool bereits gestartet.

Digitale Tools können helfen, das Verdichtungspotential von Liegenschaften einzuschätzen.
Bild BFH/ISI

 

Das Verdichtungspotential von bestehenden Siedlungen soll besser ausgeschöpft werden. Das wirkt der Zersiedelung entgegen und valorisiert den Gebäudebestand als wertvolle Ressource. Ein weiterer Vorteil: Neue, verdichtete Wohneigentumsformen könnten helfen, dem volatilen Immobilienmarkt und der Verteuerung von Wohneigentum gegenzusteuern. Dafür muss das Verdichtungspotential aber zuerst identifiziert werden. Dieser Herausforderung haben sich Forschende des Instituts für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur ISI der Berner Fachhochschule in Zusammenarbeit mit Raiffeisen Schweiz im Rahmen des Innosuisse-Projektes ‹AnaVis› gestellt.

Entstanden ist der Prototyp eines Analysetools, mit dem sich das bauliche Verdichtungspotential von Liegenschaften identifizieren und visualisieren lässt. Dafür wurde ein parametrisiertes Verfahren zur Berechnung des effektiven baulichen Potentials entwickelt. Dessen Basis bildet ein digitales, dreidimensionales Raummodell des gebauten Bestandes, welches mit baurechtlichen Parametern verknüpft wird. Dadurch lässt sich abbilden, welche Fläche tatsächlich bebaut ist und wo das Potential zur Bebauung besteht. Zum Einsatz kommen soll das Analysetool zukünftig bei Wohneigentumsberatungen von Raiffeisen. Die neue Entscheidungshilfe soll nachhaltige Erneuerungs-, Ergänzungs- und Verdichtungsstrategien im Immobilien- und Wohneigentumsmarkt stärken.


‹Raumpioniere› sind bereits unterwegs

Was Raiffeisen mit der Neuentwicklung seinen Kunden offerieren will, praktiziert das St. Galler Proptech-Startup ‹Raumpioniere› bereits. ‹Wir lokalisieren und analysieren Verdichtungspotentiale im bestehenden Gebäudepark›, erklärt der studierte Architekt Atilla Färber, einer der drei Gründer. ‹Wir bedienen die allererste Phase einer Immobilienentwicklung – also die Phase, in der eine Vision oder ein Bedürfnis für die Entwicklung einer Liegenschaft gegeben ist›, ergänzt Tamás Kiss, der ebenfalls zu den Unternehmensgründern zählt. Die Ziele sind ehrgeizig: ‹Was wir mit unseren Analyse-Tools erreichen wollen, ist eine innovative und zeitgemäss-nachhaltige Raumentwicklung. Das heisst, mit unserem speziellen Digitalisierungsansatz wollen wir zu einer Art Google für Immobilien werden.›

Seit dem letzten Herbst ist der Potentialrechner der Raumpioniere online. ‹Für unsere Analyse nutzen wir öffentlich zugängliche Daten wie etwa Angaben zur Grundstücksfläche, zum vorhandenen oberirdischen Volumen oder auch zum Baujahr der Liegenschaft›, führt Kiss aus. ‹All diese Daten sind aber nur halb so viel wert, wenn man nicht weiss, was genau man denn auf der fraglichen Parzelle bauen darf. Aus diesem Grund berücksichtigen wir auch die Baureglemente sämtlicher Schweizer Gemeinden – sie alle haben wir erfasst und für unsere Zwecke neu strukturiert. Ausserdem überwachen wir sie laufend. Nur so gelingt es uns, EigentümerInnen und Bauherren in der ersten Phase eines Entwicklungsprojekts auch wirklich akkurate Vorschläge zu unterbreiten.› Zum Beispiel für eine Aufstockung oder einen Anbau – oder auch für eine Sanierungs-, Nutzungs- oder Neubaustrategie.


Links BFH-Projekt ‹AnaVis› | Raumpioniere