Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Begehrtes schwarzseidenes Kleid aus Holz

Auch massiv gebaute Häuser zeigen sich gern in einem Kleid aus dem Naturmaterial Holz. Einen neuen Trend setzt dabei in jüngster Zeit die Farbe Schwarz: mit Oberflächen, die teils buchstäblich durchs Feuer gegangen sind, um ihre Farbe zu erlangen. Die Rede ist von ‹Shou Sugi Ban›: Dabei werden Holzoberflächen nach einer althergebrachten japanischen Technik geflämmt.

Oben: Im Winter schafft das Schwarz dieses Hauses in Flims (Architektur: Dominique Meier Architektur ETH SIA, Zürich) einen kräftigen Kontrast zum Schnee. Im Sommer verschmilzt der monolithische Bau mit dem umgebenden Grün. Mitte: Le Rouge et le Noir – skulptural gestaltetes Feuerwehrdepot von illiz architektur GmbH (Zürich) in Rorschacherberg. Unten: ‹Black Box› für Themen, die bewegen: Neubau des Stapferhauses in Lenzburg von pool Architekten (Zürich).
Bilder Lukas Murer Fotoarbeiten, Zürich (oben) | Roger Frei, Zürich (Mitte) | Oliver Lang, Lenzburg (unten)

 

Lenzburg hat etwas zu bieten: das neue Stapferhaus gleich beim Bahnhof, dessen Konstruktion die Zürcher pool Architekten mit den Holzbauingenieuren von Makiol Wiederkehr AG aus Beinwil am See entwickelt haben (Holzbau: Zaugg AG Rohrbach, Rohrbach).

Das Stapferhaus widmet sich Themen, die bewegen. ‹Fake. Die ganze Wahrheit› lautete der Titel der ersten Ausstellung, mit der das Haus 2018 öffnete. ‹Geschlecht› heisst die aktuell laufende Schau. Eine Installation mit riesigen, bunten Blüten lockt schon von weitem, wenn man sich dem modernen Bau nähert. Die überdimensionale Kunstflora ist unglaublich präsent: denn die ganze Holzkonstruktion, vor der sie sich entfaltet, ist – schwarz.

Der dunkle Farbton der Weisstannenfassade – nicht nachtschwarz, aber doch blauschwarz – verdankt sich einer braunen Druckimprägnierung, gefolgt von einer zweifachen Nachbehandlung mit einem lasierenden Holzöl auf Wasserbasis. Die aussergewöhnliche, abstrahierende Farbgebung – aussen wie innen – macht den Holzbau zur perfekten Bühne für die Ausstellungen.


Alte Technik aus Japan begeistert Europa

Schwarz ist hierzulande beileibe nicht der Normalfall im gebauten Raum, deshalb fällt es auf. Noch überraschender wirkt es, wenn die Oberfläche einer Holzfassade geflämmt ist – eine Spezialität aus Japan. Dort wird das Holz einfacher Bauten gern derart behandelt, um es vor der Witterung zu schützen – bekannt sind die geschwärzten Fischerhäuser in Mitteljapan.

Traditionell wird das Flämmen beim Holz der Japanischen Zeder angewandt (Sugi), die auch als Sicheltanne bekannt ist. Die Holzart ist in den Namen der Technik eingegangen: Sie heisst ‹Yakisugi› oder ‹Shou Sugi Ban›.

Das althergebrachte japanische Flämmen fasziniert Europa derart, dass sich ein internationaler Markt für solcherart behandelte Hölzer im Aussen- und Innenbereich entwickelt hat. Architektinnen und Bauherren schätzen die charaktervollen Oberflächen, die leicht oder stark gebürstet und geölt werden können, woraus sich eine breite Palette hinsichtlich ihrer Anmutung ergibt.


Holzkohle als natürliche Schutzschicht

Wie funktioniert das eigentlich, das Flämmen von Holz? Erhitzt man lufttrockenes Holz ohne Sauerstoffzufuhr auf 275 °C, so entsteht Holzkohle. Flüchtige Holzbestandteile wie zum Beispiel Harz verbrennen dabei. Die Holzkohle, die beim Flämmen eines Schalungsbretts auf dessen Oberfläche entsteht, bildet eine wärmedämmende Schicht, die auch die Widerstandsfähigkeit gegen Witterungseinflüsse erhöht.

Die Baukultur Europas kennt diesen Effekt natürlich auch seit Urzeiten, jedoch wurde das Verkohlen eher bei Holz im Erdkontakt eingesetzt, so bereits in der Antike bei Fundamentpfählen. Auch heute noch ist das Ankohlen zum Beispiel bei Reb- und Obstpfählen zur Härtung und als Schutz gegen Durchfeuchtung verbreitet.


Brandschwarz für die Feuerwehr

In der Schweiz gibt es noch nicht sehr viele grössere Bauten, an denen die Wirkung geflämmter Fassaden 1:1 erlebbar ist. Ein sehenswertes Anwendungsbeispiel bietet die Gemeinde Rorschacherberg. Sie verfügt seit 2019 dank dem aufwendigen Umbau einer Zivilschutzanlage über ein zeitgemässes Feuerwehrdepot (Architektur: illiz architektur GmbH, Zürich; Holzbau: Kaufmann Oberholzer AG. Roggwil).

Der Baukörper wirkt wie aus dem Hang geschält und fällt durch sein terrassiertes Volumen auf. Die bestehende Dachsituation wurde durch weitere auskragende Vordächer ergänzt. Das verstärkt den monolithischen Charakter des Gebäudes und seine Präsenz an der Strassenkreuzung.

Zur markanten Erscheinung trägt die Fassadengestaltung wesentlich bei: Der Betonbau steckt in einem schwarzseiden schimmernden Holzkleid. Die verwendete Douglasie wurde nach japanischem Vorbild geflämmt; das eingesetzte Produkt stammt aus Deutschland.


Schwarzer Monolith in Flims 

Das Bündner Dorf Flims ist Architekturinteressierten vor allem des ‹Gelben Hauses› wegen ein Begriff: Valerio Olgiatis mutige Intervention hat das Haus mitten im Dorf Ende der neunziger Jahre zu einer international diskutierten Ikone gemacht. Der archaisch anmutende Bau mit seinen stark strukturierten Fassadenflächen zeigt sich  seither in blendendem Weiss.

Dazu hat die Zürcher Architektin Dominique Meier einen Kontrapunkt geschaffen. Ihr Wohnhaus für eine fünfköpfige Familie, das 2020 bezogen worden ist, ragt wie ein sattdunkler Rauchquarz aus dem Hang: Auf einem polygonalen Grundriss erhebt sich ein reiner Betonbau, der sich wie ein Kristall zur Spitze schliesst. Battaglia Holzbau aus Sagogn hat das Volumen mit einer geflämmten Holzhülle umschlossen. Drei grosse, flächige Einschnitte öffnen den schwarzen Monolithen zur Landschaft.

Das Schwarz, sagt Dominique Meier, sei eine Reverenz an die alten, sonnenverbrannten Holzbauten in der Gegend. Die Bauherrschaft habe sich überdies ausdrücklich eine Fassade gewünscht, die sich farblich nicht mehr verändert. So hat die Architektin eine geflämmte Ausführung vorgeschlagen, wie sie sie selber in Japan gesehen hat. Die Entscheidung dafür hat Bestand: Der Bauherrschaft, so Meier, gefalle das Haus innen wie aussen sehr, und auch aus dem Dorf gebe es nur Komplimente für seine Erscheinung.


Lignum informiert über Möglichkeiten

Verwendet wurde beim Wohnhaus in Flims Schweizer Weisstanne. Die in der Sonne silbern schimmernde Oberfläche der ‹Econoir›-Schalung – sie ist mit einem Öl nachbehandelt – zeigt ein starkes Relief; dessen Tiefe verleiht dem Bau seine ausgesprochene Haptik. Hergestellt wird ‹Econoir› in verschiedenen Ausführungen von Corbat im jurassischen Glovelier. Die Produktion erfolgt in einem halbindustriellen Prozess, der aufgrund eigener Forschung entwickelt und zur Reife gebracht wurde.

Verschiedene Wege führen zur schwarzen Holzfassade. Eine dunkle Farbe erzeugen zum Beispiel auch Schlammfarben mit gebranntem Eisenoxid. Was am besten passt, hängt nicht nur von der gewünschten Ästhetik, sondern vor allem auch von den Anforderungen an die Aussenhaut eines Hauses am gegebenen Standort ab. Die technische Beratung der Lignum orientiert über die sachgerechte Konstruktion von Holzfassaden, über Ausführungsarten, Gütezeichen, Systeme, Produkte und deren Eigenschaften.

Zwei handliche Broschüren zeigen die ganze Bandbreite heutiger Lösungen für Holzfassaden – und das weit über das trendige Schwarz hinaus. Sie sind gratis bei Lignum in Zürich zu haben und können auch direkt als PDF heruntergeladen werden (lignum.ch > Shop > Broschüren). Zwei kostenlose Compact-Merkblätter sind an derselben Stelle im Web aufzufinden. Sie fassen das Wichtigste zur Konstruktion sowie zur Oberfläche von Fassadenschalungen zusammen.

 

Die technische Beratung der Lignum erteilt unter Tel. 044 267 47 83 von Montag bis Donnerstag jeweils morgens von 8–12 Uhr kostenlos Auskunft zu allen Fragen rund um Holz und seine bauliche Anwendung.