Wenn Pilze schreiben lernen: Marmorholz aus dem Labor

Oben: Diese Uhr mit einem Durchmesser von einem Meter entstand aus Eschen-, Buchen- und Ahornholz, das seine Marmorierung dem Moderfäulepilz Kretzschmaria deusta verdankt. Das Holz wurde unter kontrollierten Bedingungen hergestellt. Unten: Noch etwas wackelig, aber lesbar: Empa-Forscher Tine Kalac ist es erstmals gelungen, Pilze Wörter im Holz schreiben zu lassen.
Bilder Empa
In der Natur ist es eine der Aufgaben von Pilzen, den Zerfall von Holz zu bewirken – und obwohl dieser natürliche Vorgang banal erscheinen mag, ist er in Wirklichkeit ziemlich spektakulär: Jedes von Pilzen eroberte Stück Holz ist einzigartig mit Farben und Linien gemustert, die kunstvoll die Zeit zwischen Leben und Tod widerspiegeln. Diese Eigenschaft macht Marmorholz seit Jahrhunderten zu einer begehrten Ressource, insbesondere für die Herstellung hochwertiger Möbel.
Natürlich gewonnenes Totholz vom Waldboden braucht jedoch mehrere Jahre, um durch Pilze verursachte Muster zu entwickeln. Zudem gibt es keine Garantie, dass die Qualität des Holzes am Ende für die Verarbeitung zu einem funktionalen Gegenstand ausreicht. Empa-Forscher der Abteilung ‹Cellulose & Wood Materials› um Francis Schwarze haben eine Technologie entwickelt, mit der einheimische Laubhölzer wie Esche, Buche und Ahorn gezielt mit Pilzkulturen behandelt werden können, so dass sich ganz bestimmte Muster im Holz ausbilden – und dabei die Stabilität und Form des Holzes erhalten bleibt.
Hochwertiger Werkstoff aus kontrolliertem Verfahren
Schwarzes Team identifizierte mehrere in der Natur vorkommende Pilze und analysierte diese im Labor, wobei die Pilze mit den besten Eigenschaften als Holzveredler ausgewählt wurden. Je nach Kombination der Pilzarten entstanden im Holz dunkle, durch das Pigment Melanin verursachte Linien. Melanin ist wasserabweisend, antimikrobiell und schützt den Pilz vor natürlichen Gegenspielern wie Bakterien.
Der Vorteil der eingesetzten Pilze ist, dass sie Holz auch bei einer geringen Holzfeuchte von 20% besiedeln können, da sie in der Abwesenheit von Wasser in die Zellwände eindringen und dort das gebundene Wasser für ihr Wachstum nutzen. Die Muster konnten je nach Pilzart gesteuert werden, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führte; manche Linien waren zerstreut, andere nahezu geometrisch perfekt. Und jetzt haben die Forscherinnen und Forscher Pilze sogar ganze Wörter ins Holz schreiben lassen – eine Weltpremiere.
Link www.empa.ch