Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Prix Lignum OST | Mit der Leichtigkeit von Holz punkten

Die Preisträger des Prix Lignum 2018 in der Region Ost (AI, AR, FL, GL, GR, SG, TG) spielen gezielt die Leichtigkeit von Holz aus. So macht das erstrangierte Wohnhaus an der Röschstrasse in St. Gallen aus zwei Geschossen gleich fünf aus Holz. Für den Umbau des Gipfelgebäudes auf dem Chäserrugg (zweiter Rang) schwebte das ganze Material mit der Seilbahn zur Baustelle empor. Luftig wirkt aber auch die Konstruktion des Betriebsgebäudes auf dem Campingplatz in Trun, das sich auf dem dritten Rang findet. Nicht weniger als acht Arbeiten würdigt die Jury mit einer Anerkennung.

Preisträger Prix Lignum 2018 – Region Ost 
Oben: 1. Rang – Aufstockung Wohnhaus Röschstrasse, St. Gallen, 2016. Bauherrschaft: privat; Architektur: Forrer Stieger Architekten AG, St. Gallen; Holzbau: Kaufmann Oberholzer AG, Schönenberg; Holzbauingenieure: Josef Kolb AG, Romanshorn.
Mitte: 2. Rang (nationale Wertung: Gold) –  Bergstation Chäserrugg, Unterwasser, 2015. Bauherrschaft: Toggenburg Bergbahnen AG, Unterwasser; Architektur: Herzog & de Meuron Basel Ltd., Basel; Holzbau: Blumer-Lehmann AG, Gossau; Holzbauingenieure: Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Basel; Pirmin Jung Ingenieure AG, Sargans; Schällibaum AG, Herisau.
Unten: 3. Rang – Campadi Ogna, Trun, 2016. Bauherrschaft: Campadi Trun SA, Trun; Architektur: Iso Huonder Architektur, Chur; Holzbau: Tarcisi Maissen SA, Trun, Daniel Maissen SA, Rabius; Holzbauingenieure: Walter Bieler AG, Bonaduz.
Bilder Till Forrer/Prix Lignum 2018 (oben) | Katalin Deér/Prix Lignum 2018 (Mitte) | Ralph Feiner/Prix Lignum 2018

 

 

Der erste Rang der Region Ost geht an das Mehrfamilienhaus Röschstrasse in St. Gallen. Es erscheint auf den ersten Blick wie ein Neubau, ist aber tatsächlich eine Aufstockung im ganz grossen Stil. Auf der spitz zulaufenden Parzelle stand ein Gewerbebau, in dessen Untergeschoss am Hang ein Linsenschleifer arbeitete. Damit die Maschinen auch während des Umbaus weiterlaufen konnten, entschied der Bauherr, die beiden Obergeschosse durch fünf Stockwerke in Holzbauweise zu ersetzen.

 

Dass das Gebäude aus Holz gebaut ist, wollten die Architekten auch auf der Fassade zeigen. Die Stadt lehnte den Vorschlag zunächst ab und verwies auf die verputzten Häuser im Quartier. Mit einem Fassadenmuster im Massstab 1:1 konnten die Architekten die Behörden schliesslich überzeugen. Ihr sorgfältig geplantes Konzept erinnert an Betonfassaden, spricht aber eine eigene, holzaffine Sprache.

 

Dank einer gesamtheitlichen Betrachtung, so die Jury, ermögliche Holz hier ein Gebäude, das so in einer anderen Bauweise kaum möglich gewesen wäre. Die Architekten bauen auf dem Bestand auf und sparen so graue Energie und Bauzeit. Sie entwickeln eine konsequente Tragstruktur, die die Wohnungen prägt. Und sie bringen Holz mit der Fassade überzeugend in einen muralen Kontext. 

 

Stararchitektur im Toggenburg auf dem zweiten Rang

 

Auf nationaler Ebene hat die Bergstation auf dem Chäserrugg von Herzog & de Meuron die Gold-Auszeichnung 2018 gewonnen. Die Jury der Region Ost wollte in ihrer dem nationalen Entscheid vorausgehenden Wertung nicht ganz soweit gehen: Der singuläre Bau findet sich hier auf dem zweiten Rang. Klar ist: Der Bau spielt in einer eigenen Liga. Den Architekten ist es gelungen, mit Holz eine Sprache zu entwickeln, die ins Toggenburg passt, ohne in die Falle gängiger Alpen-Klischees zu tappen. Das Resultat hat Strahlkraft weit über die Churfirsten hinaus.

 

Alle Materialtransporte auf den Chäserrugg erfolgten mit der Seilbahn und nicht mit dem Helikopter, was bei Trägerlängen bis zu 21 m und laufendem Bergbahnbetrieb alles andere als einfach war. Mit 1200 Fahrten wurden 3600 Tonnen Material auf den Berg geführt. Nötig wurden nur zwei Heli-Einsätze, der eine, um den Baukran auf den Berg zu schaffen, der andere, um ihn wieder ins Tal zu befördern. Der Beton für das Fundament wurde auf dem Berg vor Ort gemischt und der Aushub – in diesem Fall Fels – als Füllmaterial wiederverwendet. So fielen keine Transporte ins Tal an.

 

Dritter Rang für atmosphärische Campinganlage

 

Das neue Betriebsgebäude und Badehaus des Campingplatzes Trun ehrt die Jury mit dem dritten Rang der Region Ost. Die Betreiber rüsten den Campingplatz mit den Neubauten für den ganzjährigen Betrieb. Die Holzfassaden der beiden nordisch anmutenden Neubauten sind schwarz eingefärbt. So fügen sie sich im grünen Auwald ein wie die dunklen Stämme und Äste der Erlen selbst.

 

Der hoch aufragende, leicht asymmetrische Dachraum im Restaurant erinnert einerseits an eine Kirche, andererseits an ein hölzernes Zelt. Das Gebäude wurde als Elementbau mit einheimischem, unverleimtem Holz in einer nahen Zimmerei in Trun vorgefertigt. Die sparsame Robustheit des Gebäudes, mit der auch die Details ausgearbeitet sind, überzeugen und vermitteln Stabilität und Geborgenheit.

 


Anerkennungen in der Region Ost
Die Konstruktion des Origen-Theaterturms auf dem Julierpass (Bauherrschaft: Origen Cultural Festival, Riom; Architektur: Giovanni Netzer, Origen, mit Walter Bieler, Bonaduz) lässt das Bauwerk wie ein grosses Modell erscheinen und erinnert an den Bühnenbau. Die Erscheinung des Gebäudes in der kargen Berglandschaft ist nahezu magisch.
 
Der neue Bus-Terminal Churwalden (Bauherrschaft: Bellavita Lai AG, Chur; Architektur: Ritter Schumacher AG, Chur) steht auffällig als strahlendes Riesenmöbel mitten in der diffus gestreuten Dorfstruktur. Indem sich die Stadtskulptur nach allen Seiten gleichwertig zu ihrer Umgebung verhält, schafft sie räumliche Stabilität und einen Ankerpunkt im Quartier.
 
Für den Punt da la Güstizia in Zernez (Bauherrschaft: Gemeinde Zernez; Entwurf: J. A. Koenz, Zernez/Flurin Bischoff, Lavin) spannte der Bauingenieur Jon Andrea Koenz mit dem Künstler Flurin Bischoff zusammen. Die Form des Bauwerks ergibt sich direkt aus den statischen und räumlichen Notwendigkeiten.
 
Beim Haratori Office in Mathon (Bauherrschaft: Office Haratori, Zürich; Architektur: Office Winhov, Amsterdam; Office Haratori, Zürich) gibt es überraschende Parallelen zur Bauernhaustradition in Japan. in Die Architekten konzentrierten sich auf das Wesentliche: die Raumstruktur, das Holz und das Licht. Der handwerkliche Aufwand überzeugt bauökologisch und ästhetisch.
 
Den Basler Jaeger Koechlin Architekten ist mit dem Kindergarten Wildenstein III in Rorschacherberg (Bauherrschaft: Politische Gemeinde Rorschacherberg) ein Schmuckstück in Holz gelungen, das zum grössten Teil aus Schweizer Wäldern stammt.
 
Am Dorfrand von Praden steht die ‹Dépendance en miniature› des vom Blauen Kreuz betriebenen Ferienlagerhauses (Bauherrschaft: Blaues Kreuz, Praden; Architektur: Conradin Clavuot Architekt, Chur). Der etwas merkwürdige Massstab des kleinen Strickbaus, der mit Fichtenbrettern verkleidet ist, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein klug konzipiertes und sorgfältig detailliertes Raumgefüge.
 
Die Aufstockung LICO in Müstair (Bauherrschaft: LICO AG, Müstair; Architektur: Architectura La Chasa, Müstair) zeigt, dass ein Gewerbebau mit hohen Lasten und grossen Spannweiten in Holz ausgeführt werden kann. Holz verkürzte die Bauzeit und erlaubte, das Erdgeschoss während der Bauarbeiten zu nutzen.
 
Für das ‹Haus am Hang› in Urnäsch (Bauherrschaft: privat; Architektur: Giger Nett Architekten GmbH, Zürich) reduzieren die Architekten das Gebäude auf das Nötige und schaffen so etwas Neues. Das Haus lebt vom direkten Umgang mit den Materialien Beton und Holz.

 


Link www.prixlignum.ch