Lignum Holzwirtschaft Schweiz

‹Nicht kleckern, sondern klotzen›

Die deutsche Bundesministerin Juli Klöckner hat in einem Gastkommentar in der ‹Welt› Ende Juli die aus ihrer Sicht zentralen Punkte zur Waldhilfe dargestellt. Im folgenden ein Auszug. Die Untertitel sind sinngemäss von der Redaktion des ‹Lignum Journals› gesetzt.

Julia Klöckner
Bild BMEL

 

 

Aufräumen geht vor Aufforsten

 

‹Im Moment liegt so viel Schadholz im Wald, dass eine Wiederaufforstung noch gar nicht beginnen kann. Und frisch vom Borkenkäfer befallenes Holz muss aus dem Wald, damit sich der Befall nicht weiter ausbreitet. Wir haben im vergangenen Jahr, als sich schon eine ausserordentliche Belastung abzeichnete, bereits für fünf Jahre zusätzliche 25 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

 

Im Regierungsentwurf zum Haushalt 2020 ist vorgesehen, die Mittel pro Jahr zu verdoppeln. Geld, das vor allem für die Räumung der Schadflächen und zur Lagerung von Schadholz genutzt werden kann, aber auch zur Bekämpfung von Schädlingen, zur Vorbeugung von Waldbränden oder zur Investition in eine Wiederaufforstung.

 

Pragmatisch helfen

 

Ich habe mich dafür eingesetzt, dass ein ganzes Bündel von Massnahmen auf den Weg gebracht wurde, um pragmatisch zu helfen. Die Schadholzbeseitigung ist logistisch keine Lappalie, es mangelt an Kapazitäten. Eine Regelung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur ermöglicht im Hinblick auf die Engpässe, das sogenannte Kabotageverbot auszusetzen.

 

In der Folge dürfen nun ausländische Spediteure für einen befristeten Zeitraum zusätzliche Transportleistungen in Deutschland erbringen. Bei der Einkommenssteuer konnten wir Erleichterungen für besonders betroffene Forstbetriebe erzielen. Und es ist hilfreich, dass die Landwirtschaftliche Rentenbank auf unsere Initiative hin eine neue Fördersparte eingerichtet hat.

 

Mit Umsicht aufforsten

 

Wir müssen wieder aufforsten. Aber wir müssen uns darüber im klaren sein, dass wir hier eine Generationenaufgabe vor uns haben. Und die löst man nicht über Nacht. Denn mehr denn je geht es jetzt darum, die Wälder fit und widerstandsfähig zu machen. Bis Bäume erwachsen werden, vergeht viel Zeit. Mir ist deshalb wichtig, dass wir auch hier auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse vorgehen, dass wir jetzt den Wald weiter an den Klimawandel anpassen.

 

Unsere heimischen Bäume sind dabei sicher die Basis. Prüfen wir aber auch, welche eingeführten Baumarten ebenfalls gut in unser Ökosystem passen und vielleicht sogar besser mit grossen Dürren zurechtkommen. Wir sollten aber bei allen negativen Wald-Schlagzeilen dieser Tage nicht vergessen: Bund und Länder fördern bereits seit Jahren den Waldumbau hin zu gemischten und klimastabilen Wäldern.

 

Nicht kleckern, sondern klotzen

 

Um das alles zu leisten, werden wir in den kommenden Jahren mindestens eine halbe Milliarde Euro für die Bewältigung allein der aktuellen Waldschäden benötigen. Zur verstärkten Anpassung der Wälder an den Klimawandel brauchen wir zusätzlich über eine Milliarde Euro in den nächsten Jahren. Der so genannte Energie- und Klimafonds ist der richtige Topf dafür. Nur ein an den Klimawandel angepasster Wald kann auch das Klima schützen.

 

Wir sind in Deutschland in der guten Situation, dass wir schon vor vielen Jahren damit begonnen haben, unseren Wald auf den Klimawandel vorzubereiten. Bereits seit langem unterstützen Bund und Länder die Waldeigentümer dabei, mehr Mischwälder aufzubauen, die weniger anfällig für den Klimawandel sind. Die Bundeswaldinventur 2012 und die Kohlenstoffinventur 2017 zeigen: Unsere Wälder sind bereits vielfältiger geworden. Wir haben mehr Laubbäume und mehr Mischbestände als vor 15 Jahren. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und werden das weiter tun.

 

Nachhaltigkeit ernst nehmen

 

Unseren Wald zu retten heisst aber auch, das Thema Nachhaltigkeit, das Thema Klimaschutz und die positive Rolle von Wald und Holz national und international noch ernster zu nehmen und auf die Tagesordnung zu setzen. Denn erst vor kurzem hat eine Studie der ETH Zürich erneut gezeigt, dass ein Aufforsten von bisher unbewaldeten Flächen rund um den Globus einen grossen Teil der menschengemachten CO2-Emissionen ausgleichen kann.

 

Es ist eine Generationenaufgabe, das Multitalent Wald zu erhalten und zu pflegen. Der Begriff Nachhaltigkeit, der inzwischen in aller Munde ist, kommt schliesslich aus der Forstwirtschaft. Sorgen wir dafür, dass der international bekannte Begriff des 'Waldsterbens' aus den achtziger Jahren nicht wieder zum Unwort des Jahres wird.›

 


Link Vollständiger Text des ‹Welt›-Kommentars von Julia Klöckner