Seit die bislang in der Ausgabe 2000 geltenden ‹Schweizerischen Handelsgebräuche für Rundholz› eingeführt worden sind, ist die technische Entwicklung unablässig fortgeschritten. So wird beispielsweise Rundholz immer häufiger im Werk elektronisch eingemessen. Neue Sortimentsbezeichnungen werden verwendet und neue Anforderungskriterien gestellt.
Die alten ‹Schweizerische Handelsgebräuche für Schnittholz, Nadelholz›, 1983 letztmals aufgelegt, wurden den Verhältnissen in der Praxis schon lange nicht mehr gerecht. Zudem fehlte seit der Ablösung der Norm SIA 164 durch die neue Holzbaunorm SIA 265 im Jahr 2003 eine Erscheinungssortierung für Bauholz und Hobelwaren. Es haben sich zudem über die Jahre neue Produkte etabliert, insbesondere beim verleimten Vollholz und den Massivholzplatten (Brettsperrholz), für die einheitliche Festlegungen noch fehlen.
Das führt beispielsweise dazu, dass im Bauwesen Holzprodukte mit Qualitätsbezeichnungen bestellt werden, bei denen weder das Produkt selbst noch die vorgegebenen Qualitätsbezeichnungen definiert sind. Einige Firmen und Verbände haben darauf reagiert und zwischenzeitlich eigene Richtlinien herausgegeben. Dabei fehlt allerdings die Einbindung in eine zweckmässige Struktur, und diese einseitig verfassten Regelungen erlangen auch keine vergleichbare rechtliche Stellung wie allgemein anerkannte Holzhandelsgebräuche.
Breite Abstützung in der Holzkette
Im Rahmen eines Vorprojekts wurden 2007 aufgrund einer Situationsanalyse die Entscheidungsgrundlagen für eine Neufassung der Holzhandelsgebräuche zusammengestellt. Dazu wurden die interessierten Kreise befragt, die vorliegenden Regelungen (Merkblätter, Richtlinien, Normen usw.) und Gesetze gesichtet sowie die relevanten EN-Normen analysiert.
Eine Revision der Holzhandelsgebräuche wurde überall grundsätzlich befürwortet. Aufgrund dieser Sachlage wurde von den Projektinitianten Holzindustrie Schweiz, Waldwirtschaft Schweiz und Holzbau Schweiz über Inhalt, Gliederung und Form sowie über die Organisation zur Erarbeitung der neuen Holzhandelsgebräuche entschieden.
Das Hauptprojekt zur Erarbeitung der Neufassung der Holzhandelsgebräuche wurde 2008 mit massgeblicher finanzieller Unterstützung des Aktionsplans Holz (Förderprogramm des Bundesamts für Umwelt BAFU) und des Selbsthilfefonds der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft SHF in Angriff genommen.
Die beteiligten Verbände haben ihre Interessen in den Begleitgruppen ‹Rohholz›, ‹Bretter, Kanteln und Hobelwaren› sowie ‹Bauholz und Holzwerkstoffe› eingebracht. Zusammen mit den Autoren wurden in diesen Begleitgruppen die Festlegungen ausgehandelt. Die durchgeführten Vernehmlassungsverfahren und die nachfolgenden Einspracheverfahren für die beteiligten Verbände mit abschliessender Entscheidung durch die Projektträger bei Uneinigkeiten gewährleisten die allgemeine Akzeptanz der neuen Holzhandelsgebräuche.
Europäische Normen als Basis
Auf der Basis von vereinheitlichten Prüf-, Produkte- und Ausführungsnormen sowie der europäischen Tragwerksnormen stellt die Europäische Union (EU) ein harmonisiertes technisches Regelwerk bereit. Damit werden die Voraussetzungen für einen freien Markt für Waren (z. B. Bauprodukte) und Dienstleistungen geschaffen. Die Schweiz hat sich in verschiedenen internationalen Verträgen verpflichtet, dieses technische Regelwerk zu übernehmen.
In der Praxis fast unbemerkt wurden bisher bereits eine Vielzahl von EN-Normen ohne Vorbehalte als Schweizer Norm (SN EN bzw. als SIA-Norm) in Kraft gesetzt. Insgesamt sind die relevanten EN-Normen aber für eine direkte Verwendung im praktischen Alltag wenig geeignet. Für die Umsetzung der EN-Normen sind praxisbezogene Dokumente zweckmässig, die auf den EN-Normen basieren und die nationalen Besonderheiten berücksichtigen.
Die neuen Schweizer Holzhandelsgebräuche stützen sich weitgehend auf das europäische Normenwerk. Ergänzend dazu sind im Sinne eines nationalen Anwendungsdokumentes landesspezifische Gebräuche und Regeln erfasst, wo in den Produktenormen vorgesehen freie Klassen definiert und für nicht normierte Produkte spezifische Anforderungen als Regeln der Technik für die Schweiz festgelegt.
Inhaltliche Anpassungen
Im Vergleich zu den bisherigen sind die neuen Holzhandelsgebräuche umfassender. Die ‹Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz› beinhalten neben den Regeln für Rundholz neu auch diejenigen für Industrieholz und Energieholz. Die ‹Qualitätskriterien für Holz- und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau› umfassen Bretter, Kanteln, Hobelwaren, Bauholz (inklusive verleimtes Holz und Brettschichtholz) sowie Holzwerkstoffe.
In den ‹Qualitätskriterien für Holz- und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau› ist definiert, welche Anforderungen ein Produkt ohne spezielle Vereinbarung erfüllen soll. Für Hobelwaren und Bauholz sind im Hinblick auf die Kommunikation mit Bauherren, Architekten und Planern Erscheinungsklassen für erhöhte, normale und ohne Anforderungen an das Aussehen (Auslese-, Normal- und Industrie-Qualität) festgelegt. Ausserdem wurden die Abkürzungen für die Erscheinungsklassen aller Sortimente vereinheitlicht, bei den Brettern auf 1, 2, 3 usw., bei den Hobelwaren und dem Bauholz auf A, N und I.
Für Architekten und Planer bieten die ‹Qualitätskriterien für Holz- und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau, Handelsgebräuche für die Schweiz, Ausgabe 2010› nicht nur einen Überblick zur Vielfalt des Baustoffes, sondern auch eine definierte Grundlage für die produktneutrale Ausschreibung von Holz und Holzwerkstoffen mit den zugehörigen Erscheinungsklassen.
Kurswesen
Verschiedene Fachverbände planen Kurse zu den neuen Holzhandelsgebräuchen. Auskunft geben die Verbände.
Verfügbarkeit der Publikationen
Die Publikationen ‹Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz, Ausgabe 2010› und ‹Qualitätskriterien für Holz- und Holzwerkstoffe im Bau und Ausbau, Handelsgebräuche für die Schweiz, Ausgabe 2010› sind in deutscher und französischer Sprache (Teil Rohholz) bei den Verbänden der Holzkette sowie bei der Lignum verfügbar. Die französischsprachige Publikation zu Holz und Holzwerkstoffen erscheint voraussichtlich im Oktober im Verlag der Presses Polytechniques et Universitaires Romandes (PPUR). Lignum erarbeitet eine italienischsprachige Publikation des Teils Rohholz.
Projekt Neue Holzhandelsgebräuche: Beteiligte Verbände und Organisationen
Projektträger
Holzbau Schweiz, Zürich
Holzindustrie Schweiz HIS, Bern
Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich
Waldwirtschaft Schweiz WVS, Solothurn
Massgebliche finanzielle Unterstützung
Aktionsplan Holz, Förderprogramm des Bundesamts für Umwelt BAFU, Bern
Selbsthilfefonds der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft SHF, Bern
Projektpartner
Berner Waldbesitzer BWB, Kappelen
Bündner Waldwirtschaftsverband SELVA, Landquart
Gebäudehülle Schweiz, Verband Schweizer Gebäudehüllen-Unternehmungen, Uzwil
Holzenergie Schweiz, Zürich
Holzwerkstoffe Schweiz HWS, Fachverband des Holzhandels, Reinach
IG Blockbau, Hombrechtikon
Schweizerische Interessengemeinschaft Industrieholz, Zürich
Interessengemeinschaft der Schweizerischen Parkettindustrie ISP, Heimberg
Schweizerische Fachgemeinschaft Holzleimbau SFH, Schüpfen
Schweizerischer Fachverband Fenster- und Fassadenbranche FFF, Bachenbülach
Schweizerischer Verband für geprüfte Qualitätshäuser VGQ, Biel
Verband der Schweizerischen Holzverpackungs- und Palettenindustrie VHPI, Busswil
Verband Schweizerischer Forstunternehmungen VSFU, Bern
Verband Schweizer Forstpersonal VSF, Lyss
Verband Schweizer Hobelwerke VSH, Hunzenschwil
Verband Schweizerischer Schreinermeister und Möbelfabrikanten VSSM, Zürich
Verein Schweizer Holzimprägnierwerke VSHI, Willisau
Patronatspartner
Koordinationskonferenz der Bau- und Liegenschaftsorgane der öffentlichen Bauherren KBOB, Bern
Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein SIA, Zürich
Schweizerische Zentralstelle für Baurationalisierung CRB, Zürich
Autoren
Hans Banholzer, Ingenieurbüro für Holzbau, Rothenburg
Christoph Fuhrmann, Fuhrmann Ingenieurbüro für Holzbau, Schwanden bei Brienz
Werner Riegger, Riegger GmbH, Zürich
Projektleitung
Christoph Fuhrmann, Fuhrmann Ingenieurbüro für Holzbau, Schwanden bei Brienz