Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Neuartige Platten aus gespaltenen Holzstäben

Die traditionelle Schindelherstellung hat ein Team von Wissenschaftlern aus Empa und ETH dazu inspiriert, ein neuartiges Verfahren zur Herstellung von Holzwerkstoffplatten zu entwickeln. Dank KI-Integration sollen sich diese künftig für tragende Bauteile eignen – selbst wenn sie aus Holzarten und Baumstämmen geringerer Qualität bestehen.

Links oben: Das Spaltverfahren nach dem Vorbild der Schindelproduktion ist so energie- wie materialeffizient. Rechts oben: Eine Linienkamera nimmt Bilder von jedem Stab auf. Unten: So präsentieren sich die ersten gepressten Platten.
Bilder Empa
 

In Mitteleuropa kommt insbesondere die Fichte aufgrund längerer Trockenperioden zunehmend unter Druck. Trockenheitsresistentere Laubbaumarten werden daher im Wald der Zukunft eine wichtigere Rolle spielen. Gleichzeitig wird hierzulande indessen der überwiegende Teil des Laubholzes immer noch zur Energieerzeugung verbrannt statt konstruktiv eingesetzt.

‹Angesichts der wachsenden Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Wälder und den Bausektor bietet sich die Herstellung von Platten aus gespaltenen Stäben an. So lassen sie sich auch aus unterschiedlich hochwertigem Holz sowie aus Laubhölzern herstellen, erzeugen weniger Materialverluste und reichen in ihrer Festigkeit doch an Massivholzprodukte heran›, sagt Ingo Burgert, Professor an der ETH Zürich und Forschungsgruppenleiter an der Empa.


Spalten für maximale Materialausbeute

‹Die Schindelherstellung zeigt uns, wie Holz energie- und materialeffizient verarbeitet werden kann›, erklärt Burgert. ‹Holz lässt sich parallel zur Faser mit minimalem Energieaufwand und praktisch ohne Verluste spalten.› Die spanlose Holzverarbeitung erhöht die Schnittholzausbeute gegenüber dem Einschnitt mittels Säge erheblich.

In der klassischen Schindelproduktion wird allerdings meist nur ausgewähltes, hochwertiges Nadelholz verwendet. Um das Verfahren für Laubholzarten geringerer Qualität anzupassen und längere Stäbe zu spalten, setzen die Forschenden auf einen zweistufigen Spaltprozess. Zunächst werden flächige Elemente getrennt, die anschliessend zu Holzstäben in der gewünschten Abmessung weiterbearbeitet werden.


Selektion mit künstlicher Intelligenz

Der Spaltprozess produziert Holzstäbe in Faserrichtung, ohne dass die steifen und festen Fasern angeschnitten werden. Die unregelmässige Form der Stäbe stellt jedoch eine Herausforderung dar. Um diese zu bewältigen, setzt das Team um Ingo Burgert auf künstliche Intelligenz. Ein automatisiertes Kamerasystem erfasst hochaufgelöste Bilder jedes Holzstabs, die in ein neuronales Netzwerk eingespeist werden.

‹Mit KI können wir wichtige Holzeigenschaften wie Steifigkeit für jeden Stab bestimmen, unabhängig von Form, Grösse oder Holzart›, erklärt Empa-Forscher Mark Schubert. ‹Wenn wir in Zukunft verschiedene Holzarten unterschiedlicher Qualitäten verwenden, kommt der Holzsortierung eine besondere Rolle zu. Mit unseren maschinellen Lernalgorithmen generieren wir deshalb möglichst viele Daten über jedes einzelne Stück Holz, um es optimal für Holzwerkstoffe mit definierten Eigenschaften einzusetzen.›


Die ersten Resultate sind ermutigend

Die ersten Platten hat das Team gepresst, noch ohne die Holzstäbe vorab zu sortieren und gezielt anzuordnen. Und bereits da zeigt sich das Potential der hergestellten Demonstratoren: Die Platten lassen sich höchst ressourceneffizient produzieren und besitzen mechanische Eigenschaften, die sie künftig für tragende Bauteile prädestinieren.

Trotz bestehender Herausforderungen bezüglich der Produktionsprozesse, der Verklebung, Skalierbarkeit und der Vorhersagbarkeit der Materialeigenschaften ist Burgert optimistisch: ‹In unserem Verfahren steckt eine nachhaltige Alternative für die Holznutzung in Zeiten des sich beschleunigenden Klimawandels.›


Neues Zentrum für Holzforschung geplant

Das Projekt ‹Gespaltene Holzstäbe für neuartige Holzwerkstoffplatten im Bauwesen› ist Teil der Initiative ‹Mainstreaming Wood Construction› (MainWood). Diese vom ETH-Rat unterstützte Initiative fördert den verstärkten Einsatz von Holz im Bauwesen. Zudem ist ein ‹Center for Wood Materials and Structures› geplant, das die Holzforschung an der Empa und der ETH Zürich bündeln und deren Sichtbarkeit erhöhen soll.

Das Zentrum soll gemeinsam mit der Holzindustrie innovative Projekte anstossen, um Holz entlang der gesamten Wertschöpfungskette besser zu nutzen. Durch die Entwicklung neuartiger Holzwerkstoffe und Technologien sollen die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der nachwachsenden und CO2-speichernden Ressource Holz noch besser erschlossen werden.


Links empa.ch | mainwood.ch