Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Mit Holz über die Autobahn

Am Autobahnanschluss Rubigen bei Bern entsteht 2017 eine Holzbrücke über die Nationalstrasse N6. Sie dient Fussgängern und Velofahrern als Übergang. Das Projekt ist aussergewöhnlich: Holzbrücken, die Autobahnen überqueren, sind in der Schweiz eine Seltenheit.

Holz-Übergang über die N6 bei Rubigen

Skizze der Holzbrücke für den Langsamverkehr mit den sanft geschwungenen Vorlandstegen.

Bild Emch+Berger AG Bern

 

 

Beim Autobahnanschluss Rubigen entstehen heute oft Rückstaus auf der Kantonsstrasse, welche quer über die Autobahn führt. Grund sind unter anderem die zu kurzen Abbiegespuren. Die Fahrzeuge, welche die Grünphase für das Abbiegen abwarten, blockieren oft auch die Fahrzeuge, die geradeausfahren wollen. Um den Verkehrsfluss und die Sicherheit zu verbessern, wird der Anschluss 2017 umgestaltet.

 

Heute bietet die Brücke drei Fahrstreifen und ein breites Trottoir. Die beiden äusseren Streifen dienen der Geradeausfahrt; der mittlere Streifen nimmt die zwei kurzen Linksabbiegespuren auf. Neu werden auf der Brücke vier Fahrspuren und somit mehr Warteraum zur Verfügung stehen. Dafür wird der Platz des Trottoirs beansprucht. Für den Langsamverkehr wird eine neue, attraktive Verbindung über den Verkehrsknoten geschaffen. Kernstück der Verbindung ist eine neue Holzbrücke, welche die Autobahn überquert.

 

Eine gedeckte Holzbrücke und mehrere Stege

 

Die neue Verbindung setzt sich aus einer rund 27 m langen, gedeckten Holzbrücke, zwei als Vorlandbrücken ausgebildeten Holzstegen von 33 m respektive 53 m Länge sowie einem weiteren Holzsteg entlang einer Stützkonstruktion der Kantonsstrasse zusammen. Sowohl die Überführung als auch die drei Stege sind aus Holz gefertigt. Sie zeichnen sich durch eine glatte Innenseite und eine strukturierte Aussenseite aus.

 

Dank der Materialisierung und der sanft geschwungenen Linienführung soll sich die Konstruktion klar von der aus Beton bestehenden Brücke der Kantonsstrasse abgrenzen und die Nutzung als Langsamverkehrsverbindung hervorheben. Durch den Schwung wird auch die Geschwindigkeit der Velos gedrosselt und ein sicheres Miteinander mit den Fussgängern gefördert.

 

Während der Brückenüberbau fast ausschliesslich aus Holz ausgebildet ist, wird der Unterbau in Stahlbeton gefertigt. Die Montage der neuen Überführung für den Langsamverkehr erfolgt in Abstimmung mit den restlichen Bauarbeiten zur Umgestaltung des Anschlusses Rubigen einschliesslich des Baus einer Strassenabwasserbehandlungsanlage.

 

Sicherheit für Fussgänger und Velofahrer

 

Dem Langsamverkehr stehen eine lichte Breite von 4,20 m und eine lichte Höhe von 2,55 m zur Verfügung, was ein sicheres Kreuzen von Velofahrenden und Fussgängern zulässt. Damit auch im Winter und bei nasser Fahrbahn eine ausreichende Griffigkeit sichergestellt ist, erfolgt der Fahrbahnaufbau mit bituminösem Belag. Der Fahrweg ist seitlich mit holzverkleideten Brüstungen versehen, die zum einen als Aufstiegsschutz dienen und zum anderen das Einlegen einer Beleuchtung ermöglichen.

 

Die gedeckte Überführung besteht aus einem in der Situation leicht gebogenen, als Einfeldträger ausgebildeten Kastenquerschnitt. Die Krümmung bedingt eine Verstärkung der Widerlagerbereiche mittels Stahlrahmen. Die Pfosten der Fachwerkträger bestehen aus Zugstangen aus Stahl. Die restlichen Elemente der Tragkonstruktion und der Verkleidung sind ausschliesslich aus Holz gefertigt.

 

Das Dach ist als Flachdach ausgebildet, wobei das Traggerüst aus Holz und die Abdeckung aus rostfreiem Blech bestehen. Die beiden als Vorlandbrücken konzipierten Stege sowie der Steg, der an der Stützkonstruktion der Kantonsstrasse befestigt wird, setzen sich aus Holzständern und einer als Holzscheibe ausgestalteten Bodenplatte zusammen. Die Holzständer weisen in Längsrichtung einen Abstand von 8–9 m und in Querrichtung von 4,5 m auf. Die Stege wirken als Durchlaufträger mit einem festen Widerlager. In Brückenquerrichtung gewährleisten Stahlabspannungen zwischen den Holzständern die Stabilität.

 

Besonderes Augenmerk auf Wasser bei den Stegen

 

Sowohl die Widerlagerwände als auch sämtliche Fundamente der Stege sind in Ortbeton gefertigt. Dies verhindert den direkten Kontakt der Holzkonstruktion mit Erdfeuchte, aber auch mit dem Sprühnebel von der N6. Die gesamte Konstruktion kann aufgrund des geringen Eigengewichts und des gut zur Aufnahme von Lasten geeigneten Baugrunds flach gegründet werden.

 

Die Fahrbahn weist ein Dachgefälle auf, was bei Regen einerseits ein rasches Abfliessen des Wassers zulässt und andererseits verhindert, dass Schmelzwasser des zur Seite geschobenen Schnees auf die Fahrbahn zurückläuft und gefriert. Auf den Stegen befinden sich rund alle 30 m Einlaufschächte, die direkt in die angrenzende Strassenabwasserbehandlungsanlage entwässern. Die Dachkonstruktion wird über eine im Stahlrahmen des Portals eingelegte Wasserleitung entwässert.

 

Erstellung in erster Phase der Umgestaltung

 

Es ist vorgesehen, die Langsamverkehrsverbindung gleich zu Beginn der Umgestaltung des Anschlusses zu realisieren, damit Velofahrende und Fussgänger während der Bauzeit bereits darüber geführt werden können. Die Bauzeit für das Objekt beträgt rund vier Monate.

 

Der Bau der Holzbrücke wurde gemäss Bundesrecht im Einladungsverfahren ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt die Zaugg AG aus Rohrbach. Die Baukosten für die Holzkonstruktion ohne Unterbau betragen rund CHF 1 Mio. Das Projekt wurde von Emch+Berger AG Bern als Ingenieurbüro und von 3B Architekten AG (Bern) entwickelt.

 

Die Brücke wird inklusive Aussenfassade und Dacheindeckung ausserhalb des Anschlusses fertig zusammengebaut. Anschliessend wird sie auf die Kantonsstrassenbrücke über die Autobahn transportiert und von dort aus eingehoben. Während des Einhebens der Überführung ist eine kurzzeitige Totalsperrung der Autobahn notwendig. Dieser Arbeitsschritt erfolgt deshalb nachts.

 


Link Arbeiten am Anschluss Rubigen