Lignum-Holzbulletin im Frühling: Wohnen im Alter

Lignum-Holzbulletin 138/2021
Wohnen im Alter
32 Seiten A4, vierfarbig
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Die Ausgabe 138/2021 ‹Wohnen im Alter› ist ab Ende März im Lignum-Shop bestellbar.
Wie wollen wir im Alter wohnen? Das ist eine Frage, die uns alle früher oder später im Leben beschäftigen wird. Die einen schieben diese weit von sich, bis das Leben für sie entscheidet, andere überlegen sich frühzeitig, wie sie im Alter leben möchten, und schliessen sich vielleicht zu Hausgemeinschaften zusammen oder suchen sich eine altersgerechte Wohnung. Oder sie verkleinern sich radikal und ziehen in eine Art zeitgemässes Stöckli.
Das holländische ‹Wikkelhouse› bietet diese Möglichkeit für freiheitsliebende Menschen jeden Alters. Es lässt sich beispielsweise als Zweithaus für die ältere Generation in den Garten eines bereits bestehenden Einfamilienhauses stellen. Das Prinzip des ‹Wikkelhouse› basiert auf 1,2 m tiefen Segmenten, die sich einfach verbinden und trennen lassen.
Laut Angaben der Produzenten besteht dieses Kleinhaus ausschliesslich aus nachhaltigen Materialien – Flachs als Dämmung, Wellkarton für die Festigkeit kombiniert mit Holz, das einen Anteil von 60% hat – und ist fast gänzlich biologisch abbaubar. Dank seiner Leichtigkeit lässt es sich ohne Fundament plazieren, Sonnenenergie sorgt für Beleuchtung und Wärme im Haus.
Immer mehr alte Menschen – aber immer weniger im klassischen Altersheim
Sicher ist, dass der Anteil der betagten und hochbetagten Menschen in der Schweiz stetig zunimmt. Gemäss Bundesamt für Wohnungswesen BWO wird bis im Jahr 2025 jede fünfte Person über 65 Jahre alt sein, bis im Jahr 2035 gar jede vierte. Rund 800000 Personen werden dann 80-jährig oder älter sein. (1) Eine Studie (2) über die Wohnverhältnisse älterer Menschen von 2018 zeigt, dass 2016 4% der Personen ab 65 Jahren in einem Alters- und Pflegeheim oder in einer Spitaleinrichtung lebten.
Die übrigen 96% wohnten zu Hause. Ihnen galt die Analyse der Studie: In neun von zehn Fällen lebten sie allein (32%) oder in Paarhaushalten (56%). Mehr als die Hälfte der älteren Menschen (54%) wohnte dabei in einer eigenen Wohnung. Bei der jüngeren Bevölkerung betrug dieser Anteil lediglich 39%. Er stieg mit zunehmendem Alter an und belief sich bei den 65- bis 69-Jährigen auf nahezu 60%. Anschliessend nahm er wieder ab, was sich damit erklären lässt, dass ein Teil der Seniorinnen und Senioren in altersgerechte Mietwohnungen zieht.
Mehrgenerationenwohnen oder altersgerechte Kleinwohnungen
Ein Projekt, bei dem der Holzbau eine zentrale Rolle spielt und das solche Wohnungen anbietet, ist das 2013 realisierte Mehrgenerationenhaus ‹Giesserei› in Winterthur. Dieses ist ein Pionierprojekt in mehrfacher Hinsicht: Die zwei fünfstöckigen, langgezogenen Gebäude, die mit zwei Riegeln an den Enden einen Innenhof umfassen, sind bis auf das Untergeschoss und die Erschliessungskerne ausschliesslich in Holzbauweise erstellt und erfüllen den Minergie-P-Eco-Standard. Das zentrale Anliegen der selbstverwalteten Genossenschaft Gesewo ist eine altersdurchmischte Siedlung, die das Verständnis der Generationen untereinander und die Solidarität unter der Bewohnerschaft fördert.
Einen anderen Ansatz verfolgt das Projekt ‹Wohnen und Pflege am Stadtpark› der Stadt Schlieren. Als Teil der Zentrumsplanung soll mitten in Schlieren ein sechsgeschossiges Alterszentrum entstehen, das neben einer Pflegeabteilung rund 60 altersgerechte Kleinwohnungen anbieten wird. Diese sind so konzipiert, dass ihre Bewohner und Bewohnerinnen auch im Pflegefall dort wohnen bleiben können.
Die Wohnungen werden über eine eigene Adresse verfügen und mit den öffentlichen Räumen im Erdgeschoss gut verbunden sein. Eine ‹rue intérieure› mit angrenzenden Gemeinschaftsräumen wie Bibliothek, Fitnessraum, Werkstatt oder Waschsalon soll die Wohnungen erschliessen, deren Grundrisse geschickt in Tag- und Nachtbereiche unterteilt sind. Während die Unter- und Sockelgeschosse in Massivbauweise erstellt werden, sollen die vier Wohngeschosse darüber in Holz realisiert werden. Die Fertigstellung ist für 2025 geplant.
Gute Lage, Vielfalt im Innern, Vernetzung mit der Umwelt
Vier weitere, bereits realisierte Objekte, die Wohnraum für ältere Menschen anbieten, zeigen wir in dieser Ausgabe des Holzbulletins. Auch bei diesen Projekten ist Holz für die Tragstruktur oder als Material für die Fassade ein wichtiges Element. Darüber hinaus gibt es weitere verbindende Merkmale, die exemplarisch für altersgerechte Wohnungen stehen können.
Dazu gehören die zentrumsnahe Lage ebenso wie die räumliche und inhaltliche Verwebung mit der nahen Nachbarschaft. Vielfalt der Räume im Inneren, aber auch im Aussenbereich, um den teils begrenzten Bewegungsradius älterer Menschen in der unmittelbaren Umgebung wettzumachen. Und nicht zuletzt auch die Durchmischung der Generationen: sei dies durch die Integration öffentlicher Lokale wie Restaurants oder Kindertagesstätten oder das Angebot von Wohnungen für Menschen unterschiedlichen Alters wie in einem Mehrgenerationenhaus.
Jutta Glanzmann
Technische Kommunikation Lignum