Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Klimaveranwortliches Bauen kommt an Holz nicht vorbei

Der Holzbautag vom 27. Mai in Biel galt der Klimaleistung von Holz. Einleitend erläuterte ETH-Klimaprofessor Reto Knutti die spürbare Realität des Klimawandels. Im folgenden zeigte die Tagung die Vorteile des Holzbaus für das Klima und konkrete bauliche Ansätze auf. Der Online-Anlass zählte über 400 Teilnehmer.

Holzbautag Biel 2.0 – die erste Onlinedurchführung des Grossanlasses ist dank professioneller Unterstützung geglückt.
Bild BFH

 

Der Wandel des Klimas sei eindeutig, betonte Reto Knutti (ETH Zürich, Professur für Klimapolitik): ‹Allein der manifeste Rückzug der Gletscher spricht Bände. Der Mensch ist der dominante Faktor für die Klimaveränderung.› Dies verlange ebenso nach globalem wie nach lokalem Handeln, so Knutti. Die Forschung könne nur die Tatsachen und mögliche Entwicklungen darstellen, jedoch keine Handlungsanweisungen geben. Die Politik der Schweiz indessen sei klar: Sie hat sich an der Klimakonferenz 2015 in Paris dazu verpflichtet, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2050 auf netto null zu senken.


Erfahrung nutzen – Verantwortung tragen

Hanspeter Bürgi (BFH, Professor für Architektur und Konstruktion) schlug in zehn Schritten einen Bogen von den global interessierenden Fragen hin zu den lokalen Möglichkeiten. Er zeigte Beispiele des vernakulären Bauens in Bhutan wie auch in der Schweiz und schälte Prinzipien wie etwa die Abfolge von beheizten und unbeheizten Raumschichten heraus, die sich auch auf moderne Bauwerke übertragen liessen. Begrünte Fassaden könnten das Mikroklima durchaus positiv beeinflussen, meinte Bürgi, wies aber auch darauf hin, dass es ein Gleichgewicht zwischen Gebautem und Freiraum brauche.

Die Lignum und ihre seit vielen Jahrzehnten kontinuierlich erbrachten Leistungen im Bereich der Holzförderung wurden von Direktorin Sandra Burlet vorgestellt. Burlet ging vertieft auf das neue öffentliche Beschaffungsrecht ein, das nicht mehr allein den Preis im Fokus hat, sondern Kriterien wie Nachhaltigkeit und Qualität der Leistung Raum verschafft. Christoph Starck, Geschäftsführer des SIA, erinnerte daran, dass alle Akteure vom Bauherrn bis hin zum Architekten dafür verantwortlich sind, ein Netto-null-Bauwerk Schweiz zu schaffen. Klimaaspekte seien bereits bei der Planung zu berücksichtigen. Der SIA setze sich für einen sparsamen Einsatz von Ressourcen und den Ausbau der Kreislaufwirtschaft ein.


Gestaltung und Gebäudehülle – klimagerecht

Das ‹Smart Living Lab› ist ein Forschungs- und Entwicklungszentrum für den Wohn- und Lebensraum der Zukunft. Seine Aktivitäten konzentrieren sich auf das Wohlbefinden von Gebäudenutzern, die Energieeffizienz und Digitalisierung. Maryline Andersen (EPFL, Akademische Direktorin des Smart Living Lab, Freiburg) erläuterte Ziele und Aktivitäten des Lab. Derzeit plant ein interdisziplinäres Team ein modulares Holzgebäude mit 5000 m2 Nutzfläche in Freiburg. Es steht kurz vor der Ausführung und soll künftig als Referenzbeispiel für zukunftsfähiges Bauen dienen.

Manuel Spadarotto (Pirmin Jung Schweiz AG) wies darauf hin, dass auch in unseren Breiten künftig mehr Hitzetage zu erwarten seien. Bauten mit hitzetauglichen Konstruktionen aus Holz seien durchaus möglich. Zu berücksichtigen gelte es dabei auch den Einfluss von Beleuchtung, Nutzungsart usw. auf das Raumklima. Lüftung und Nachtauskühlung bedingten planerische Massnahmen. Letztlich sei aber das Nutzungsverhalten massgeblich für ein angenehmes Raumklima.


Konstruktion und Technik: klimafreundlich

Architekt Andy Senn (St. Gallen) stellte mit dem neuen Landwirtschaftlichen Zentrum Salez einen Low-Tech-Pionierbau vor. Die Fensterflächen der Fassade sind auf 30% begrenzt, um die Raumtemperaturen im Holzbau mit seiner relativ geringen Masse besser kontrollieren zu können. Das Gebäude ist nach den Prinzipien des SIA-Effizienzpfads gebaut. Es verfügt über eine Holzfernwärmeversorgung. Die energieeffiziente Beleuchtung wird ebenso von Hand geschaltet wie die mehrheitlich natürliche Lüftung.

Am Beispiel einer Neubausiedlung mit 52 Wohnungen in Winterthur-Seen (Hagmann-Areal) erläuterte Boris Brunner (weberbrunner architekten, Zürich/Berlin) die Planungsschritte, die zu einem bezüglich Nutzung und Klima effizienten Ganzen führten. Brunner plädierte dafür, vermehrt bestehende Bauten in Neubauprojekte einzubeziehen und auch autofreie Siedlungen zu fördern. Tiefgaragen stünden klar im Widerspruch zum Ziel einer klimagerechten Bauweise. Ebenso solle möglichst lokales Holz die gängigen Betonkonstruktionen ersetzen.


Kreislaufwirtschaft: klimaschonend

Im Sinne der Kreislaufwirtschaft gilt es in Zukunft Materialien vermehrt wiederzuverwenden. In der Bauteilwiederverwertung kennt sich das Baubüros in situ (Basel, Zürich, Liestal) aus. Kreislaufwirtschaft bedeutet für Kerstin Müller (in situ ag, Basel) ein Bewusstsein dafür, dass wir in bereits gebauter Umwelt leben. Allein das Ansteigen der Holzpreise und die Verknappung von Rohstoffen zwängen dazu, über dieses Thema nicht nur nachzudenken, sondern zu handeln.

Im Basler Quartier Lysbüchel wurden 1000 m2 Fassade aus wiederverwendeten Bauteilen erstellt. Beim Bau handelte sich um ein ehemaliges Lagergebäude, dessen Flächen für Schulen und Gewerbe umgenutzt wurden. Im ‹NEST›, dem Experimentalbau der Empa in Dübendorf, wurden nach den Plänen des Baubüros in situ temporäre Büroeinheiten eingebaut, um pandemietaugliche Einzelarbeitsplätze zu gewinnen.


Link www.bfh.ch