Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Jürgen Sell: Ein Leben für die Holzforschung

Am 1. August ist Prof. Dr. Jürgen Sell im Alter von 81 Jahren an seinem Alterswohnsitz in Berlin verstorben. Als Wissenschaftler hat er die Holzforschung in der Schweiz über Jahrzehnte massgeblich mitgeprägt.

Jürgen Sell
Bild zvg

 

Nach seinem Studium der Holzwirtschaft an der Universität Hamburg wechselte Jürgen Sell im Jahr 1965 an die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa nach Dübendorf, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2002 zunächst als wissenschaftlicher Mitarbeiter, dann für 26 Jahre als Leiter der Abteilung Holz tätig war.

Jürgen Sell setzte sein profundes Wissen in Holzphysik und Holzbiologie zur Aufklärung der komplexen Wechselwirkungen bei der Verwitterung von Holz ein. Seine Begabung, aus seinen wissenschaftlichen Erkenntnissen praktikable Massnahmen abzuleiten, wurde national und international anerkannt, und seine Expertise und Rat fanden in der Industrie und in Normungsgremien grosse Beachtung.

Für seine Forschungen setzte Jürgen Sell effizient die licht- und elektronenmikroskopische Analyse zur Ansprache und Beschreibung der Versagensmechanismen ein. Er promovierte 1984 zum Dr. sc. techn. an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich und wurde Lehrbeauftragter an den Departementen Forstwirtschaft, Architektur und Bauingenieurwesen. Im Jahr 1998 wurde ihm der Titel eines Honorarprofessors der ETH Zürich verliehen.

Unter seiner Leitung entwickelte sich die Holzabteilung der Empa kontinuierlich zu einer national und international angesehenen Holzforschungsinstitution. Er förderte die intensive Zusammenarbeit mit ausländischen Forschungsgruppen und war selbst dreimal zu mehrmonatigen Forschungsaufenthalten in den USA und Neuseeland.

Die rege Forschungstätigkeit von Jürgen Sell manifestiert sich in mehr als 240 Publikationen; rund 60% davon sind in wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht. Sein Nachschlagewerk ‹Eigenschaften und Kenngrössen von Holzarten› ist inzwischen in der vierten Auflage aufgelegt und dient zahllosen Holzfachleuten auch in Zeiten von Internetdatenbanken als hilfreiches, bestens recherchiertes Nachschlagewerk.

Im Jahr 2002 wurde Jürgen Sell pensioniert und entschloss sich, gemeinsam mit seiner Frau Gabriele seinen Lebensabend in Berlin zu verbringen. In der Stadtwohnung in Berlin Mitte genossen beide das kulturell und gesellschaftlich reiche Angebot der Bundeshauptstadt. Bis zuletzt war Jürgen Sell geistig präsent und hielt, trotz gesundheitlich zunehmend eingeschränkter Mobilität, kontinuierlichen Kontakt zu seinen ehemaligen Mitarbeitenden, Kollegen und Freunden. Diese blicken voller Dankbarkeit auf sein Lebenswerk zurück.



* Prof. Dr. Klaus Richter
Technische Universität München | Wissenschaftszentrum Weihenstephan
Lehrstuhl für Holzwissenschaft | Holzforschung München