Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Holz-Hybridbau auf dem Wachstumspfad

Den Markt für mehrgeschossige Bauten in der Schweiz und den Holzeinsatz für ausgewählte Konstruktionsvarianten im Hybridbau hat die Berner Fachhochschule Architektur, Holz und Bau im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt untersucht – mit bemerkenswerten Ergebnissen.

 

Hybridbauweisen mit Holz unter der Lupe

 

Teilhybridbau: die Wohnüberbauung ‹Le Clos des Forches› in Martigny VS (2012).

 

Bauherrschaft: Econ Home SA, Wollerau

Architektur: TAU architectes, Sion

Holzbauingenieur: Indermühle Bauingenieure, Thun

 

Bild Corinne Cuendet, Clarens

 


Die Bedeutung des Schweizer Marktes für mehrgeschossige Gebäude mit drei und mehr Stockwerken zeigt sich laut Studienautoren am Anteil von jeweils rund 10% aller Baubewilligungen im Zeitraum 2008–2011. Im Jahr 2011 wurden 3589 Baugesuche mit rund 6040 Gebäuden in diesem Marktsegment bewilligt. Davon wurde für 252 Baubewilligungen und rund 394 Gebäude das Material Holz im Tragwerk gewählt, also für mehr als 6% der Projekte.

 

Vier Hauptklassen…

 

Die Baubewilligungen der Jahre 2010 und 2011, auf die sich die weiteren Analysen stützen, weisen für diesen Zeitraum 815 mehrgeschossige Bauten mit Holz und Baukosten von total CHF 2,7 Mia. aus. Die meisten Projekte wurden dabei für neue Wohnbauten geplant – rund 600 neue Gebäuden und knapp 70% der Baukosten.

 

Aus den 815 mehrgeschossigen Bauten konnten vier Hauptklassen von Gebäuden abgeleitet werden. Sehr ähnliche Merkmale in der Gebäudegrösse und der Bausumme weisen folgende Kategorien auf: dreigeschossige Wohnbauten mit durchschnittlich 3500 m3 Bauvolumen, viergeschossige Wohnbauten mit durchschnittlich 4700 m3, dreigeschossige Gewerbebauten mit durchschnittlich 3100 m3 und dreigeschossige An- und Umbauten von Wohngebäuden mit durchschnittlich 1400 m3 Bauvolumen. Die übrigen Gebäude verteilen sich auf 20 Nebenklassen mit grosser Varianz, die keine weitere Klassenbildung ermöglichen.

 

…und vier häufigste Konstruktionsvarianten

 

Ausgewählte Planer der Baubewilligungen aus den Jahren 2010 und 2011 wurden zu ihren mehrgeschossigen Projekten mit Holz in der Tragkonstruktion befragt. Hauptaspekte waren die geplanten Konstruktionsvarianten, die eingesetzten Materialien, die Einflussfaktoren für die Wahl von Holz und weitere Informationen zu den einzelnen Projekten. An den Befragungen nahmen 83 Planerinnen und Planer aus der ganzen Schweiz mit aktuellen Projekten teil. Ergänzend wurde eine Expertenbefragung bei Holzbauunternehmen durchgeführt, an der sich 46 Unternehmen aller Grössen und mit Aktivitäten in der ganzen Schweiz beteiligten.

 

Aus diesen Primärerhebungen konnten die vier am häufigsten geplanten Konstruktionsvarianten mit Holz abgebildet werden. Die Varianten Hybridbau, Teilhybridbau und Holzbau mit den Teilbereichen Holzrahmenbau und Massivholzbau werden im Bericht (siehe untenstehenden Link) detailliert erläutert. Ausgewählte Projekte der Befragungsteilnehmer zu den Konstruktionsvarianten sind als ergänzende Praxisbeispiele mit den wichtigsten Projektinformationen im Bericht dokumentiert.

 

Zufriedene Planer

 

Über 90% der Befragten sind zufrieden oder sehr zufrieden mit dem Verlauf der Bauprozesse bei ihren mehrgeschossigen Bauten mit Holz. Für die Wahl der Konstruktionsvarianten Hybridbau und Teilhybridbau mit Holz nannten die Befragten eine breite Palette von Gründen. Am häufigsten wurden Statik, Brandschutz und Schallschutz genannt.

 

Häufiger genannt wurden auch die Erstellkosten, die Ökobilanz/CO2-Bilanz sowie die Liefer- und Bauzeit. Die deutlich am häufigsten genannten Einflussfaktoren für den Einsatz des Holzbaus als Konstruktionsvariante waren die Liefer- und Bauzeit, die Ökobilanz/CO2-Bilanz und der Wärmeschutz.

 

Berechnungen zum Holzeinsatz

 

Für Berechnungen zum Holzeinsatz bei mehrgeschossigen Gebäuden konnten verschiedene Konstruktionsvarianten anhand eines Modellgebäudes exemplarisch durchgerechnet werden. Das Modellgebäude entspricht der Hauptklasse der viergeschossigen Wohnbauten und ist als reales Projekt in Planung. In der geplanten Konstruktionsvariante Holzrahmenbau werden bei dem Wohngebäude in den Aussenwänden rund 50 m3 Holz verbaut, in den Innenwänden rund 70 m3 und in Decken und Dach rund 160 m3.

 

Für die weiteren durchgerechneten Konstruktionsvarianten des Gebäudes zeigt sich eine Bandbreite der verbauten Holzmassen von der Variante Hybridbau nur mit Aussenwänden aus Holz und unter 40 m3 bis zur Variante Massivholzbau mit mehr als 400 m3 für die Konstruktion. Dazwischen liegen die Varianten Teilhybridbau mit rund 210 m3 und die Variante Holzbau/Holzrahmenbau mit rund 280 m3. Die Ergebnisse wurden auch für den Holzeinsatz pro Quadratmeter Bauteil berechnet und stehen damit für alle Gebäudegrössen zur Verfügung.

 

143000 m3 Holz

 

Auf Basis dieser Ergebnisse für das Modellgebäude und weiterer Berechnungsgrundlagen wurde der Holzeinsatz für das Marktsegment der mehrgeschossigen neuen Wohngebäude hochgerechnet. Dabei wurden die mit den Planern und Holzbauunternehmen ermittelten Anteile der Konstruktionsvarianten und die unterschiedlichen Gebäudevolumen der rund 600 neuen Gebäude berücksichtigt.

 

Der hochgerechnete Holzeinsatz von 143000 m3 umfasst den Einsatz in der Konstruktion (Aussenwände, Innenwände, Decken, Dach) von mehrgeschossigen neuen Wohngebäuden. Weitere Holzmengen in diesen Gebäuden kommen hinzu durch die Fassaden, durch die Bauelemente Türen, Fenster und Treppen, durch den Innenausbau mit Fussböden, Wandverkleidungen u.a. sowie durch die Möblierung.

 

Entwicklung nach oben offen

 

Die Einschätzungen der Befragten zur zukünftigen Marktentwicklung lassen gemäss den Studienautoren weiteres Potential für mehrgeschossige Gebäude erkennen. Dazu gehöre die weitere Etablierung des Holz- und Hybridbaus im Bereich der fünf- bis sechsgeschossigen Gebäude und die Ausschöpfung der Potentiale im An- und Umbau von Gewerbebauten und öffentlichen Gebäuden.

 

Die aktuellen Baubewilligungen zeigten eine weitere Steigerung von bewilligten mehrgeschossigen Gebäuden mit Holz in der Tragkonstruktion. Diese ist zum einen wohl auf eine weitere Zunahme der Gebäudehöhen zurückzuführen, also auf die weitere Verdichtung des Bauens.

 

Zum anderen ist gemäss den Autoren der Studie aber auch eine generelle Zunahme von Materialentscheiden für Holz insbesondere bei Mehrfamilienhäusern und bei An- und Umbauten zu erkennen; es gebe bei der Planung von mehrgeschossigen Bauten eine Verlagerung hin zum Werkstoff Holz. Nach Expertenaussagen ist dabei für Neubauten und An- und Umbauten mit Holz auch ein zunehmender Trend zu Hybridbauten und Teilhybridbauten zu erwarten.

 

 

Neubauer-Letsch B., Tartsch K., Hausammann R., 2013

‹Mehrgeschossige Hybridbauten in der Schweiz – Markt und Holzeinsatz›

 

BFH-AHB, F+E Management und Bauprozesse, im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt, Aktionsplan Holz

 


Link Publikation (PDF, 5,15 MB)