So argwöhnen die einen, der Boom stehe auf tönernen Füssen, da er ganz gewiss eine Überhitzung anzeige, während der Hypotheken- und Immobilienmarkt unweigerlich auf eine Blase zusteuerten. Manche fürchten gar um die Identität des Bauwerks, ja der Kulturlandschaft Schweiz, weshalb Begehren zur Einschränkung des baulichen Wachstums Konjunktur haben – das hat zuletzt die Annahme der Zweitwohnungsinitiative im vergangenen Jahr gezeigt. Wie wird der Souverän am 3. März in Sachen Raumplanungsgesetz entscheiden – und wie werden die Umfragen nach dem Urnengang wohl sein Verdikt erklären?
Doch überlassen wir die Entscheidung getrost dem Stimmbürger. Suchen wir für einmal nur die Basis der oft gehörten Vermutung, es werde ‹zuviel› gebaut. Woran lässt sich diese Qualifikation festmachen? Der Boom betrifft in erster Linie den Wohnbau; wo bietet sich dort ein griffiger Indikator? Ist es vielleicht die übergrosse Anzahl gebauter Wohnungen? 40000 oder 45000 Wohnungen pro Jahr klingt in der Tat nach viel. Doch die Anzahl neu erstellter Wohnungen lag in den Jahrzehnten des Wachstums nach dem Krieg, in den fünfziger, sechziger Jahren und bis Mitte der Siebziger weit höher als heute.
Ist es die mangelnde Nachfrage nach dem neu geschaffenen Wohnraum? Die Leerstandsziffer erreichte Mitte vergangenen Jahres gesamthaft 0,94%; das sieht nicht im geringsten nach einem massiven Angebotsüberhang aus. Im Gegenteil: Angesichts der laufend gestiegenen Flächenbedürfnisse, aber auch mit Blick auf die ungebrochene Zuwanderung dürfte der jährliche Zuwachs wohl sogar deutlich höher liegen – er würde immer noch vollständig absorbiert.
Haben die Bauinvestitionen abgehoben? Nicht wirklich; sie sind nicht schneller gewachsen als die Wirtschaftsleistung. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Es wird vermutlich eher zuwenig als zuviel gebaut. Vor allem aber wird zu langsam gebaut. Und damit wächst tatsächlich ein Risiko: das Risiko eines plötzlichen Angebotsüberhangs, weil die Marktteilnehmer dauernd Neues anfangen, anstatt das Angefangene rasch zu vollenden.
Dass es der Bauwirtschaft nicht möglich ist, unter einer ‹Welle› grün leuchtender Ampeln – boomende Wohnraumnachfrage, fleissige Projektierung, reissender Absatz – auf breiter Front einen Expansionskurs zu fahren, deutet auf unangenehme strukturelle Probleme. ‹Baut schneller!› möchte man dem ganzen Wirtschaftszweig zurufen.
Falls es dann aus dem Januarloch verzweifelt ‹Wie denn?› zurückschallt: Mit einer bedenkenswerten Lösung empfehlen sich derzeit zum Beispiel die Schweizer Generalunternehmer. Sie werben in ganzseitigen Inseraten dafür, dass die Betondienstleister auch ‹mit Holz und anderen Materialien› bauen. Und in der Tat: Mit Holz geht es viel schneller voran auf dem Bau. Dafür sorgt die heutige industrielle Holzbau-Vorfertigung in der Werkhalle, computergesteuert, millimetergenau und weit weg vom Bauplatz, auf dem erst die fertigen System-Elemente auftauchen, die ein Gebäude fast im Zeitraffer wachsen lassen.
Wo Sie nun ein gutes Rezept gegen das Unbehagen in der Bau-Kultur kennen: Lignum wünscht Ihnen ein erfolgreiches Jahr 2013.
Christoph Starck
Direktor Lignum, Holzwirtschaft Schweiz