Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Esche und Buche in Bestform

Auf dem Zürcher Hönggerberg steht ein Leuchtturm für das Bauen mit Laubholz: das ‹House of Natural Resources› der ETH Zürich. Konstruktiv noch kaum genutzte Hölzer aus dem Schweizer Wald zeigen hier, dass sie zu Höchstleistungen fähig sind.



 

Labor für nachhaltiges Bauen mit Laubholz auf dem Zürcher Hönggerberg

Bauherrschaft: ETH Zürich, Infrastrukturbereich Immobilien, Zürich

Architektur und Bauleitung: meyer moser lanz architekten, Zürich

Baustatik: Häring Projekt AG, Eiken

Baubeginn: Juli 2013, in Etappen | Bauvollendung: März 2015

Planungs- und Baukosten: CHF 7 Mio.

Finanzielle Unterstützung: ETH Zürich Foundation; Umwelttechnologieförderung des Bundesamtes für Umwelt, EU-Initiative Climate-KIC

Gebäudevolumen: 4350 m3 | Geschossfläche: 1188 m2 | Bürofläche: 759 m2 | Arbeitsplätze: 53

Nutzer: ETH Zürich, Versuchsanstalt für Wasserbau, Hydrologie und Glaziologie, Zürich

Bild oben: Aussenansicht des ‹House of Natural Resources›.

Bilder Mitte, von links nach rechts: Fassade mit sichtbarer Verankerung der Vorspannkabel und Messtechnik. Laubholzstütze mit Beschleunigungs- und Neigungssensoren. Blick in einen Flur.

Bilder unten, von links nach rechts: Holz-Beton-Verbunddecke mit Buche. Biaxiale Decke aus Buchenholz.

Bilder Marco Carocari, ETH Zürich

 


In der Limmatstadt, wo Kräne an vielen Stellen im Dutzend in den Himmel ragen und nicht nur einzelne Häuser, sondern immer wieder auch Grossüberbauungen oder ganze Quartiere neu entstehen, erregt ein neues Bürogebäude kaum je besonderes Aufsehen. Ausnahmen bestätigen die Regel: So stand im Sommer 2013 die halbe Stadt kopf, als das Verlagshaus Tamedia seinen singulären Holzbau von Stararchitekt Shigeru Ban am Stauffacher einweihte. Diesen Sommer nun macht auf dem Hönggerberg ein weiterer Holzbau von sich reden: das ‹House of Natural Resources›.

 

Der am 2. Juni eröffnete Neubau der ETH auf dem Hönggerberg steht nicht im Stadtzentrum und springt den Zürcherinnen und Zürchern deshalb nicht schon von der Lage her ins Auge. Er ist auch bei weitem nicht so imposant wie der Tamedia-Solitär im Stadtzentrum, der es als Schaufenster des Verlagshauses natürlich auf Repräsentation anlegt. Aber der ETH-Neubau hat es in sich: denn was ihn trägt, ist Schweizer Laubholz. Ein einfacher Skelettbau ermöglicht es, den Grundriss flexibel zu gestalten, so dass die Innen- und Aussenwände beliebig angeordnet werden können.

 

Weltneuheiten aus Schweizer Holz

 

Die 38 cm messenden Stützen sind ganz aus Eschen-Brettschichtholz gefertigt – Esche deshalb, weil grosse Erfahrung mit der Verleimung dieser Holzart in der Schweiz vorhanden ist. Die Träger sind aus Esche und Fichte zusammengesetzt, um die Festigkeit zu erhöhen. Zudem sind alle Träger mit einem Kabel vorgespannt, das im Innern durch das Holz verläuft. Die Träger zentrieren sich dadurch selber, und die gesamte Tragkonstruktion ist besonders verformbar, was sie deutlich erdbebensicherer macht. Die Konstruktion kommt – abgesehen vom Kabel – ganz ohne Stahl-Verbindungsmittel aus. Sie liesse sich nach demselben System Geschoss um Geschoss nach oben fortführen – bis zur Höhe von zehn Stockwerken.

 

Auch Buche kommt im ‹House of Natural Resources› zum Einsatz: nämlich in den Decken. So findet sich auf dem Hönggerberg als Weltneuheit eine Holz-Beton-Verbunddecke mit Buchenholz aus Schweizer Wäldern. Eine rund vier Zentimeter starke Buchenholz-Furnierplatte dient sowohl als Schalungselement als auch als Armierung und bildet gleichzeitig eine attraktive Oberfläche. Diese neue Verbunddecke hat ähnlich gute Trageigenschaften wie Stahlbetondecken, die meistverbauten Tragelemente in der Schweiz. Einzigartig ist auch die Dachkonstruktion mit einer Buchenholzdecke, bei der Holzlamellen kreuzweise angeordnet wurden. So werden die Lasten wie bei einer Betondecke in zwei Richtungen verteilt.

 

Eingebautes Monitoring-System

 

Die ETH-Wissenschaftler haben im ‹House of Natural Resources› ein umfangreiches Monitoringsystem installiert, mit dem sie erfassen, wie sich das Gebäude über die Jahre verändert. Sie messen regelmässig die Feuchtigkeit in der Holzkonstruktion und zeichnen Verformungen auf. Spezielle Sensoren messen die relative Verschiebung zwischen Holz und Beton in der Verbunddecke. Bereits während der Bauzeit haben die Wissenschaftler mit einem dichten Sensornetzwerk überwacht, wie sich die Tragstruktur verhält. Mit 16 Kraftmessdosen verfolgten sie zudem die Vorspannkraft in jedem einzelnen Spannkabel.

 

Wie sich die neuen Technologien bewähren, soll nun auch der Alltag zeigen. ‹Wir werden genau dokumentieren, wie die Nutzer mit dem Gebäude zufrieden sind›, erklärt Projektleiter Andrea Frangi, Professor für Holzbau am Institut für Baustatik und Konstruktion der ETH Zürich. Er erhofft sich von den Erkenntnissen des Projekts auch Impulse für die Schweizer Holzverarbeitungsindustrie. Frangi sieht im Holzbau grosses Potential für die Schweiz. Dabei dürfte auch das bisher noch kaum konstruktiv genutzte Laubholz an Bedeutung gewinnen. Der Anteil an Laubbäumen nimmt im Schweizer Wald langsam zu. ‹Schweizer Holz hat viel zu bieten. Wir hoffen, dass Unternehmen dies erkennen und unsere Ansätze weiterverfolgen›, so Frangi.

 

Link www.honr.ethz.ch