Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Die Flugmaschinen des Schreiners Gustav Mesmer

Im Zentrum einer Ausstellung in der Collection de l’Art Brut in Lausanne stehen die Utopien von Gustav Mesmer. Werke von sieben Künstlern aus aller Welt werden gezeigt. Von Mesmer sind nebst Zeichnungen auch ganze Flugmaschinen aus Holz, Papier und Veloteilen zu sehen.

 

Der Traum vom Abheben

Ein Fluggerät von Gustav Mesmer, zusammengebaut aus einem Velo, Latten und Plastikresten in der Ausstellung in Lausanne. Im Vordergrund Sprungschuhe mit Federn, die Mesmer ebenfalls selber konstruierte.

Bild Charles von Büren, Bern



Gustav Mesmer kam als sechstes von zwölf Kindern 1903 im oberschwäbischen Altshausen zur Welt. Er begann nach einem längeren Klosteraufenthalt eine Schreinerlehre, wurde aber wegen einer Störung des Gottesdienstes in der Dorfkirche in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen.

 

Desinteresse der Verwandtschaft und behördliche Schlamperei verhinderten lange Zeit seine Entlassung; erst 1964 konnte er in einem Heim der Diakonie in Butttenhausen nahe Reutlingen in Baden-Württemberg ein selbstbestimmtes Leben führen.

 

Strampeln gegen die Schwerkraft

 

Mesmer sorgte mit umfunktionierten Velos für Aufsehen, aus denen er mit abenteuerlichen Konstrukten aus Dachlatten, Kunststoffbahnen und weiteren Holzteilen Flugmaschinen zu bauen versuchte. Das gelang ihm indessen nicht – über ein paar zufällige Hopser in die Luft hinaus blieben diese Gebilde am Boden.

 

Was sich aber Mesmer wohl nie erträumt hatte, ist die Tatsache, dass diese so akribisch wie auch unbeholfen gebastelten Apparate und die gleichzeitig zahlreich entstandenen Zeichnungen als eigenständige Kunstwerke entdeckt würden. Er durfte im hohen Alter noch miterleben, wie seine Flugräder in Ausstellungen als ‹Outsider Art› (Art Brut) präsentiert wurden, unter anderem in einer Werkschau im Schloss Altshausen und in der Erlebnisstation ‹Der Traum vom Fliegen› anlässlich der Weltausstellung EXPO 1992 in Sevilla.

 

Begegnung mit dem ‹Ikarus vom Lautertal› in Lausanne

 

Der von der Bevölkerung ‹Ikarus vom Lautertal› genannte Gustav Mesmer starb an Weihnachten 1994 und hinterliess der staunenden Nachwelt ein Werk, das Zeugnis ablegt von visionärer Kraft und unbändigem Gestaltungswillen.

 

Die Ausstellung ‹L’Art Brut dans le Monde› in Lausanne ist noch bis 2. November zu sehen. Gezeigt werden Arbeiten von Gustav Mesmer (Deutschland), Ni Tanjung (Bali), Giovanni Bosco (Sizilien), Antonio Roseno de Lima (Brasilien), Kashinat Chawan (Indien), Ezekiel Messou (Benin) und Anarqâq (Nunavut, Kanada). 


Collection de l’Art Brut, Avenue des Bergières 11, 1004 Lausanne

Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr

 


Link www.artbrut.ch