Lignum Holzwirtschaft Schweiz

‹Der Wald schafft alles – ausser man legt ihn still›

Ist Nutzungsverzicht im Wald im Namen der Natur sinnvoll? Die deutsche Holzindustrie, aufgeschreckt durch neue Nationalparkpläne für Bayern und Thüringen, sagt klar: nein. Den besten Garanten für schöne und wertvolle Wälder sieht sie in einer nachhaltigen Bewirtschaftung. Stillegungen nützten nicht einmal dem Naturschutz.

 

Diskussionsveranstaltung am 21. März 2017 zum Vorhaben Waldwildnis Possen

Bild Jan Hassan, Pollmeier GmbH

 

 

Am 2. März fand in Weibersbrunn im Spessart eine Informationsveranstaltung zur Diskussion um einen möglichen dritten Nationalpark in Bayern statt (Lignum Journal online vom 9.2.2017). Eingeladen hatte proHolz Bayern, das Impulsreferat hielt Prof. Hubert Röder vom Wissenschaftszentrum Straubing. Rund 300 Teilnehmer hatten sich in der Mehrzweckhalle versammelt, um über den aktuellen Sachstand zu diskutieren. Nach dem Vortrag von Hubert Röder wurde das Gespräch auf ein Podium erweitert.

 

Mehrere Redner wiesen darauf hin, dass die Forst- und Holzwirtschaft einer der wichtigsten Arbeitgeber im Spessart sei und diese Arbeitsplätze bewusst geopfert würden. Allein in Unterfranken arbeiteten in der Branche 22100 Beschäftigte in 2200 Betrieben. Eine Besonderheit im Spessart sind die Holzrechtler, die für den eigenen Bedarf im Wald Holz ernten dürfen. Dieses Recht ist im Grundbuch eingetragen und würde im Konflikt mit einem Nationalpark stehen.

 

Fazit von Denny Ohnesorge, Geschäftsführer der deutschen Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher: ‹Es geht uns nicht um die Frage, ob Naturschutz im Wald erforderlich ist oder nicht. Es geht um die Frage, was erhalten werden soll und wie es erhalten werden kann. Die Region Spessart zeigt wunderbar, dass nachhaltige Bewirtschaftung zu schönen und wertvollen Wäldern führt – auch ohne Naturschutzlabel.›

 

Enttäuschte Holzindustrie

 

Der Standpunkt der Wirtschaft scheint allerdings noch nicht in  der Politik angekommen zu sein. Bei einer Anhörung im bayerischen Landtag zu einem möglichen dritten Nationalpark in Bayern konnte sich Mitte März kein Unternehmensvertreter äussern. Die deutsche Arbeitsgemeinschaft Rohholzverbraucher hält dies für intransparent. Angekündigt gewesen war ein Verfahren zur Nationalparkausweisung unter Beteiligung der Betroffenen.

 

‹Warum wurde dann im Landtag kein Unternehmensvertreter gehört, weshalb hat man uns von der Verbändeanhörung ausgeschlossen, wieso wird trotz massiver fachlicher Zweifel am Nationalparkkonzept festgehalten?› fragt Ohnesorge. Er befürchtet, dass im Vorfeld gemachte Versprechungen wie der weitestgehende Erhalt der Waldwege oder Ausgleichslieferungen für Brennholznutzer und die Holzindustrie nach der Einrichtung des Nationalparks schnell vergessen sind.

 

Streit um Wildnis-Projekt in Thüringen

 

Nicht nur Bayern, auch Thüringen treibt der deutschen Holzindustrie Sorgenfalten auf die Stirn. Die Thüringer Landesregierung plant, 2500 ha Wald am Berg Possen im Kyffhäuserkreis aus der waldwirtschaftlichen Nutzung herauszunehmen. Auf Einladung der ‹Thüringer Allgemeinen› bezog der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Säge- und Holzindustrie DeSH Lars Schmidt am 21. März – dem Internationalen Tag des Waldes – an einer Podiumsdiskussion Stellung zum geplanten Nationalpark ‹Waldwildnis Possen› und erklärte die Position der deutschen Säge- und Holzindustrie.

 

Laut Thüringer Koalitionsvertrag sollen im Land dauerhaft mindestens 5% des Waldes – über 26000 ha – der forstwirtschaftlichen Nutzung entzogen werden. Die Landesregierung sieht dies als Beitrag zur nationalen Strategie für mehr Artenvielfalt und will mit den Wildnisgebieten Pflanzen und Tierarten schützen, denen Wirtschaftswälder ‹keine Perspektiven bieten›. Olaf Möller, Staatssekretär im Thüringer Umweltministerium (Bündnis 90/Die Grünen), Vertreter des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland sowie der lokalen Bürgerinitiative ‹Possenwald› verteidigten auf dem Podium den Kurs der Landesregierung.

 

Kontroverse Diskussion

 

Zu Fragen der Auswirkungen für die Region, wenn ein Grossteil des Possenwaldes zur Wildnis wird, entbrannte eine teils hitzige Debatte zwischen den Diskutanten und dem Publikum. ‹Die Forderung nach mehr Wildnis spricht ein tiefes Bedürfnis der Menschen an. Die Argumente 'pro Nutzungsverzicht' müssen jedoch fachlich hinterfragt werden. Der Nutzen weiterer grossflächiger Beschränkungen der nachhaltigen Waldwirtschaft ist zweifelhaft›, hielt Schmidt fest. Heutzutage gebe es sinnvollere Konzepte als Stillegungen, um die Interessen von Naturschutz, Tourismus und Holzwirtschaft als wichtigem Arbeitgeber in ländlichen Räumen in Einklang zu bringen.

 

Als nachwachsender und regional verfügbarer Werkstoff und Energieträger spiele Holz eine Schlüsselrolle im Zusammenhang Energie und Klima. Holzprodukte seien für eine nachhaltige und klimafreundliche Lebensweise heute und in künftigen Generationen nicht zu ersetzen. ‹Ich sehe deshalb den grössten Nutzen auch für die Region am Possen in einem gezielten Biotop-Management im Rahmen nachhaltiger Waldwirtschaft zur Sicherung der Artenvielfalt, einer ressourceneffizienten Verwendung von Holz sowie in der Förderung attraktiver Infrastrukturen für den Tourismus›, zeigte sich Schmidt überzeugt.

 

ThüringenForst: ‹Kein Gewinn für den Naturschutz›

 

In dieselbe Kerbe hieben der Säger Michael Selle und Andreas Niepagen von der Landesforstanstalt ThüringenForst, die das Urwaldgebiet Possen ablehnt. Neben der finanziellen Belastung, die eine Stilllegung mit sich brächte, führte Niepagen ins Feld, dass diese keinen Gewinn für den Naturschutz bedeute und Arbeitsplätze vor Ort gefährde.

 

Auch die CDU-Landtagsfraktion in Thüringen ist dagegen, die Produktionsleistung von Waldflächen zu reduzieren. Als Folge einer Possener Waldwildnis sprach sie bereits öffentlich von einem Verlust von 200 Jobs sowie jährlichen Steuer-Mindereinnahmen von EUR 2,2 Mio. CDU-Fraktionsvize Egon Primas hält die Umwaldung von Wirtschaftswäldern für fachlich unbegründet und ideologisch motiviert.

 


Link www.saegeindustrie.de