Lignum Holzwirtschaft Schweiz

‹Der Holzverklebung gehört die Zukunft›

Biobasierte Klebstoffe für Holzwerkstoffe, stirnseitige Verklebung von Holzbauteilen, Verhalten von Klebstoffen bei modifiziertem Holz: Vielseitigkeit und Praxisbezug kennzeichneten die zweite Fachtagung ‹Neue Perspektiven in der Holzverklebung›. Mit rund 100 Teilnehmenden aus dem deutschsprachigen In- und Ausland bewies der Anlass erneut seinen Stellenwert als wichtigste Schweizer Plattform zum Thema.

Maschineller PUR-Leimauftrag
Bild Henkel & Cie. AG, Sempach Station

 

 

Spezialisten aus der Forschung und Vertreter der Industrie bestritten am 31. Oktober in Biel gemeinsam die zweite Fachtagung ‹Neue Perspektiven in der Holzverklebung›. Neu griff die Tagung auch das Thema ‹Klebstoffe für die Produktion von Holzwerkstoffen› auf. Die Schwerpunkte setzten die Organisatoren der Berner Fachhochschule (BFH) beim Kleben im Holzbau, beim Kleben von modifiziertem Holz und bei Vollholz mit Tannin und biobasierten Klebstoffen in Holzwerkstoffen. Namhafte internationale Vertreter des Fachgebiets bereicherten die Tagung als Referenten.

 

Herausforderungen in der Holzverklebung

 

Prof. Klaus Richter (TU München) stellte zu Beginn seines Referats fest: Den Standard in der Klebetechnologie im Holzbereich beherrschen wir heute weitgehend. Dieser Feststellung fügte er Überlegungen zu Hochleistungsverklebungen an, die, wenn sie lastübertragende Funktionen wahrnehmen, hohe Anforderungen hinsichtlich Sicherheit zu erfüllen haben. Mittlerweile bestehen hier auch klare bauaufsichtliche Normen.

 

Bei Verklebungen, die Hochleistungen zu erbringen haben, ist auch ihr Langzeitverhalten grundlegend. Die Wissenschaft ziele darauf ab, die Mechanismen der Verklebung zu verstehen, zu steuern und letztlich zu verantworten, betonte Richter. Und: Künftig werde die Gesetzgebung die Verklebung weiter fordern, z.B. hinsichtlich des Einsatzes von Formaldehyd.

 

Auch die Rohstoffverfügbarkeit ist bei einem Anteil von 98% fossiler Ressourcen in diesem Bereich ein Thema. Die Rohstoffvielfalt an Hölzern (Laubholz, Altholz, Bambus, Palmen, modifizierte Hölzer) mache die Verklebung komplexer. Die noch offenen Themen und Fragen in den Bereichen Chemie, Langzeitverhalten und Anwendungstechnologie seien zahlreich und gingen teilweise über den Holzbereich hinaus, führte Richter abschliessend aus.

 

Verhalten von Klebstoffen

 

Modifizierte Hölzer – chemisch, thermisch, enzymatisch oder mechanisch – bedingten eine Vielfalt von Überlegungen bei der Verklebung, erläuterte Prof. Holger Militz (Universität Göttingen), der führende Wissenschaftler auf dem Gebiet der Holzmodifizierung. Das Verhalten der Klebstoffe und auch das Verhalten bei Feuchteeinwirkung seien bei modifiziertem Holz anders als bei unbehandeltem Holz.

 

Untersucht wurden die Auswirkungen auf das mechanische Verhalten und die Verklebungseigenschaften, ausserdem auch Laserbehandlungen. Die hier gewonnen Kenntnisse seien für die Holzverwendung schon deshalb relevant, weil die Anwendung von modifiziertem Holz zumeist auf Verkleben beruhe, betonte Militz.

 

Christian Garbin (artimelt AG, Sursee) ging der Frage nach, ob der Einsatz von Hotmelts (Heissleim oder Heisskleber) Perspektiven für die Holzverklebung eröffnet. Untersucht wurde der mögliche Einsatz von Schmelzklebstoffen anstelle von Butylklebebändern. Thema ist auch ‹Debonding on Demand›, ein Klebeverfahren, das ein späteres Trennen der Teile erleichtert. Dies sei im Hinblick auf Recycling von Bauteilen ein zunehmend wichtiges Thema.

 

Biobasiert statt erdölabhängig

 

Biobasierte Klebstoffe für Holzwerkstoffe zielen darauf ab, Formaldehydemissionen und die Abhängigkeit von petrochemischen Rohstoffen zu verringern. Manfred Dunky (Kronospan-Gruppe, Salzburg) stellte fest, dass Bio-Kleber die Anforderungen an Verklebungen im Baubereich noch kaum erfüllten und für den industriellen Einsatz in wirklich grossen Mengen (Millionen Tonnen) verfügbar sein müssten.

 

Proteinklebstoffe zu entwickeln sei möglich. Lignin stehe in ausreichenden Mengen zur Verfügung und werde auch seit Jahren als Bindemittel untersucht. Die industriell erforderlichen Eigenschaften seien aber noch nicht genügend entwickelt, so Dunky.

 

Die heute industriell eingesetzten Klebstoffe nutzen Formaldehyd. Reto Frei (BFH) zeigte auf, wie Hydroxymethylfurfural (HMF) als Alternative eingesetzt werden könnte. HMF lässt sich durch eine Synthese aus Cellulose gewinnen, ist also ein 100% biobasierter Klebstoff. Die BFH verfolgt gemeinsam mit Avalon-Industries ein einschlägiges Forschungsprojekt, das durch Innosuisse unterstützt wird. Der Weg zur industriellen Nutzung sei aber nicht einfach und verlange Geduld, so Frei.

 

Sorgfalt bei Materialwahl

 

Die Einflüsse auf die Emissionen von Holz und wichtigen Holzwerkstoffen im Bauwesen und beim Möbelbau waren Thema der Erörterungen von Ingo Mayer (BFH). Die Unterschiede seien teilweise markant. OSB-Platten aus Kiefernholz wiesen beispielsweise eine weit höhere Emissionsrate auf als MDF-Platten, Spanplatten und Dreischichtplatten.

 

Mayer zeigte aber auch auf, dass keinerlei gesundheitliche Gefahren durch Emissionen holzeigener VOC (Volatile Organic Compounds) aus Holzwerkstoffen zu befürchten sind. Die toxikologisch begründeten Richtwerte mit Wirkung auf Menschen blieben deutlich unterschritten, und auch Expositionsstudien hätten keine Anhaltspunkte für gesundheitliche Beeinträchtigungen ergeben.

 

Mayer empfiehlt trotzdem, bei der Materialwahl im Holzbau Sorgfalt walten zu lassen. Er verwies dazu auf die Lignum-Liste geeigneter Holzwerkstoffe zur Verwendung im Innenraum. Er empfahl weiter, ein Gesamtkonzept (Materialwahl, Konstruktion, Lüftung) zu erarbeiten, das auch berücksichtigt, dass bei mehrschichtigem Aufbauten die Barrierewirkung etwa von Gipsfaserplatten und Anstrichen gering bleibt.

 

Arbeiten der BFH mit Industriepartnern

 

Bindemittel auf Basis natürlicher Rohstoffe seien auch in der holzverarbeitenden Industrie zunehmend ein Thema, so Frédéric Pichelin (BFH). Holzrinde, meist zur Energiegewinnung oder als Mulch verwendet, enthalte interessante Phenolkomponenten. Der grosse Vorrat an Schwarzkiefer (Pinus nigra subsp. Laricio) in Italien werfe auch die Frage auf, ob eine anteilige Substitution mit Tanninen in Phenolklebstoffen in der Massivholzverklebung möglich ist.

 

Versuche haben gemäss Pichelin ergeben, dass eine Substitution von PRF (Phenol-Resorcin-Formaldehyd-Klebstoffen) teilweise möglich ist. Geprüft wurden die Delaminierungsbeständigkeit und die Scherfestigkeit. Es sei möglich, 10–20% Rindenpulver in den Klebstoff zu bringen, ohne die Verklebung nachteilig zu beeinflussen. Derzeit würden weitere Einsatzmöglichkeiten und der mögliche Einfluss auf die Emission von Formaldehyd untersucht.

 

Timber Structures 3.0

 

Herkömmliche Holzkonstruktionen tragen Lasten über Balkenlagen oder Wände ab. Die Firma Timber Structures 3.0 AG (Thun) sucht gemeinsam mit der BFH einen neuen Weg. Dazu verklebt sie Holzbauteile aus Voll-, Brettschicht- oder Sperrholz stirnseitig, um so punktgestützte, mehrachsig tragende Platten oder Faltwerke in beliebiger Form und Grösse herzustellen. 

 

René Wicki (Timber Structures 3.0) und Adam Themessl (BFH AHB) stellten das unter Mitarbeit des Klebstoffherstellers Henkel & Cie. AG und der ETH Zürich erarbeitete Konzept detailliert vor. Zwei Langzeit-Versuchsbauten in Biel und in Zürich testen das neue Holzbausystem unter Dauerlast. Wicki und Themessl sprachen von einer ‹neuen Generation des Holzbaus›. Zwei Prototypen sind in Thun und in Grossaffoltern bereits im Bau.

 

Klebstoff-Ermüdung bei hochbeanspruchten Holzbauteilen

 

Einkomponenten-Polyurethan-Klebstoffe (1K-PUR) sind längst bekannt und im Einsatz. Caspar Clerc (BFH) und Sébastian Josset (Henkel & Cie. AG) gingen der Frage nach, welche Auswirkungen dynamische Belastungen für hochbeanspruchte Holzbauteile haben (Hochhäuser, Windkraftanlagen).

 

Über Klebstoff-Ermüdung gibt es erst wenig Forschung, und die Normen berücksichtigen dies kaum. Ein Innosuisse-Projekt geht nun diesen Fragen nach. Die bisherigen Tests legen nahe, weitere Aspekte der Ermüdung zu untersuchen, insbesondere zum Thema Rissausbreitung und Einfluss der Feuchte.

 

Die neun Präsentationen des Tages beleuchteten mithin ganz unterschiedliche Aspekte. Sie bestätigten aber letztlich den einleitenden Satz von René Graf, Direktor des Departements Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule: ‹Im Bereich Holz gehört die Zukunft der Verklebung.›

 


Link www.ahb.bfh.ch