Carla Del Ponte, Anwältin der Menschenrechte
Carla Del Ponte
Holzart: Edelkastanie
Wo die Edelkastanie bei uns wächst
Bild Michael Meuter, Zürich
Begegnen Sie in der Sommerzeit zwanzig Menschen, die aus ganz besonderem Holz geschnitzt sind. Die diesjährige Lignum-Sommerserie stellt die grossen Schweizer Persönlichkeiten aus Geschichte und Gegenwart vor, welche der Zürcher Künstler Inigo Gheyselinck für die Aktion #WOODVETIA für mehr Schweizer Holz geschaffen hat. Alle Kunstwerke sind derzeit an der 7. Triennale der Skulptur in Bad Ragaz zu sehen.
Die Tessiner Juristin mit Jahrgang 1947 machte sich in den achtziger Jahren als Staatsanwältin ihres Herkunftskantons mit ihrer harten Hand gegen Wirtschaftskriminalität, Drogen- und Waffenhandel einen Namen.
Kaum hatte sie den Job in Lugano übernommen, bekam sie Besuch vom Palermitaner Untersuchungsrichter Giovanni Falcone, der ein Rechtshilfegesuch überbrachte. In ihm fand sie einen Weggefährten im Kampf gegen das Gestrüpp mafiöser Machenschaften, das nicht nur Falcones Heimat Sizilien erstickte, sondern auch über Grenzen hinweg wucherte.
Der Tod als ständiger Begleiter
Dass sie sich damit in dauernde Lebensgefahr brachte, nahm Carla Del Ponte in Kauf. Sie habe von Falcone viel gelernt, sagte Del Ponte 2015 in einem Interview, das der Zürcher ‹Tages-Anzeiger› mit ihr führte.
Als die Mafia Falcone 1992 auf brachiale Weise aus dem Weg räumte, indem sie seinen Wagen auf der Autobahn mitsamt der Fahrbahn in die Luft jagte, habe sie einen Moment lang daran gedacht aufzuhören, fügte sie hinzu. Doch dann habe sie sich entschlossen weiterzumachen – um Gerechtigkeit für die Leidtragenden all der Taten zu schaffen, die sie verfolgte.
Bundesanwältin, Botschafterin, Chefanklägerin
Von 1994 bis 1999 war Carla Del Ponte Schweizer Bundesanwältin; ab 1999 bis 2007 wirkte sie als Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag und sorgte dafür, dass es den Verantwortlichen für das Morden in Ex-Jugoslawien und in Ruanda an den Kragen ging.
2008 bis 2011 folgten Jahre als Botschafterin der Schweiz in Argentinien, und von 2011 bis 2017 gehörte Del Ponte der Kommission der Vereinten Nationen an, welche die unvorstellbaren Menschenrechtsverletzungen im Schlachthaus Syrien untersucht.
Scheitern an Syrien?
Aus der Syrien-Kommission hat sich Del Ponte zurückgezogen, weil sie das Desinteresse an deren Befunden nicht weiter hinnehmen wollte. ‹Die internationale Gemeinschaft lässt den Betroffenen zwar humanitäre Hilfe zukommen, ist ansonsten aber unbeteiliger Zuschauer des Massakers›, bringt sie ihre Kritik im unlängst erschienenen Buch ‹Im Namen der Opfer› auf den Punkt.
Das Buch trägt den Untertitel ‹Das Versagen der UNO und der internationalen Politik in Syrien›. Wer jedoch denkt, Del Ponte gehe infolgedessen davon aus, dass die Menschenrechtsverletzungen in Syrien ungesühnt bleiben würden, der irrt. Der Schlusssatz ihres Buches lautet: ‹Die Zeit wird kommen, da wir euch am Genick packen.›
Links Die Woodvetia-Figuren im Überblick | Ausstellung in Bad Ragaz | Herkunftszeichen Schweizer Holz