Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Verzögerung beim neuen Campus Biel/Bienne

Ab Herbst 2022 hätten auf dem neuen Campus Biel/Bienne die beiden Departemente Technik und Informatik sowie Architektur, Holz und Bau der Berner Fachhochschule vereint werden sollen. Doch daraus wird nichts: Der Bezug verzögert sich um mindestens ein Jahr. Die Suche nach Schuldigen für die derzeit wenig erbauliche Lage des Projekts führt zu Misstönen.

Campus Biel/Bienne (Stand August 2018)
Visualisierung Architekten

 

 

Im Juni 2014 hatte der Berner Grosse Rat einen Kredit von CHF 24,5 Mio. Franken für den Projektwettbewerb und die gesamte Projektierung des Neubaus inklusive Ausschreibungsverfahren bewilligt. In einem ersten Schritt wurde ein offener, einstufiger Projektwettbewerb durchgeführt. Die Architekturgenossenschaft pool aus Zürich hat diesen Wettbewerb 2015 mit dem Projekt ‹Trèfle› gewonnen (Lignum Journal online vom 17.8.2015). Die Realisierungskosten für den Neubau des Campus Biel/Bienne belaufen sich auf 233,5 Mio. Franken. Der Grosse Rat genehmigte im Juni 2017 den entsprechenden Ausführungskredit.

 

Ab Mai 2019 sollte gebaut werden, um der Hochschulbetrieb hätte am neuen Ort am Herbst 2022 anlaufen sollen. Doch eine Verzögerung des Baustarts des Campus Biel/Bienne zeichnete sich bereits aufgrund des Rechtsstreites mit einem Anstösser ab. So steht auch die Baubewilligung noch aus. Zudem musste das Amt für Grundstücke und Gebäude des Kantons Bern (AGG) nun aber auch die Totalunternehmer-Ausschreibung abbrechen: Die eingegangenen Offerten hätten nicht im vorgesehenen Kostenrahmen des Kantons gelegen, schreibt das Amt.

 

Amt für Grundstücke und Gebäude hofft auf zweite Ausschreibungsrunde 

 

Das AGG erkennt mehrere Faktoren für die Differenzen zwischen den Vorstellungen des Kantons und der Totalunternehmen. Dazu gehören aus AGG-Sicht ‹die Einzigartigkeit des Projektes in Bezug auf Grösse und Komplexität, die hohen Anforderungen an den Holzbau, die definierten Rahmenbedingungen betreffend Terminvorgaben, Ausschreibungsbestimmungen und vertraglichen Bedingungen sowie die momentanen Unsicherheiten im Bewilligungsverfahren›.

 

Das AGG hat nun eine unabhängige Expertise in Auftrag gegeben, welche das Ausschreibungsverfahren ebenfalls prüft. Aufgrund dieser Erkenntnisse will das AGG die Ausschreibungsunterlagen neu vorbereiten und ausloten, wo zusätzliches Potential vorhanden ist. Das Amt zeigt sich zuversichtlich, dass in einer zweiten Runde wirtschaftlich bessere Angebote eingehen werden.

 

‹Kanton Bern hat sich für falsches Verfahren entschieden›

 

Pikiert zeigt sich ob der Verlautbarung des Kantons der Verband Enwicklung Schweiz, der die Interessen verschiedener Totalunternehmer vertritt. Der Verband sieht im Falle des Projektes Campus Biel ‹ein Vorzeigebeispiel für die falsche Wahl des Verfahrens›, was zu einem späteren Zeitpunkt zu höheren Kosten führe. Der Kanton Bern habe ein Verfahren mit einer aufwendigen Planung gewählt. So seien die beteiligten Berater nur sehr bedingt in der Lage gewesen, die voraussichtlichen Gesamtprojektkosten abzuschätzen.

 

Trotz dieser Ausgangslage, so Enwicklung Schweiz, würden beim Projekt für den Campus Biel parallel zur Architektur und Gestaltung auch bereits eine Menge weitere Kriterien und Anforderungen in einem hohen Detaillierungsgrad vorgegeben. Dazu zählt der Verband auch die Vorgaben zur Herkunft und Verarbeitung des Holzes: ‹Diese Vorgabe lässt kaum mehr einen Wettbewerb zu, so dass die üblichen Marktbedingungen nicht mehr gegeben sind. Die daraus entstehende Ausschreibung lässt den mitbietenden Unternehmer keinen Handlungsspielraum, um eigene Ideen und Innovationen einzubauen und das Projekt zu optimieren.›

 

‹Holzbauweise nicht für Verzögerung und Mehrkosten verantwortlich›

 

Für die Holzbranche wehrt sich die Initiative Holz | BE als kantonale Plattform der Berner Wald- und Holzwirtschaft. Sie verwahrt sich gegen den Vorwurf, die Holzbauweise sei mit ein Grund für Verzögerungen und Mehrkosten beim Campus-Projekt. Aktuelle Grossprojekte mit ähnlichen Volumen in der Schweiz zeigten, dass sich ein Holzbau zu gleichen Kosten und dabei wesentlich schneller als in konventioneller Bauweise erstellen lasse. Die Verzögerungen hätten ihren Grund vor allem in der erwähnten Einsprache eines Anstössers, die über verschiedene Instanzen weitergezogen worden sei.

 

Die Mehrkosten spiegelten primär ein Kräftemessen zwischen der Berner Fachhochschule als Nutzer, den Planern, dem Totalunternehmer als Leistungserbringer und dem Träger der Kosten, nämlich dem Kanton. Die jetzige Situation, so die Initiative Holz | BE, sei ein Eingeständnis der Hilflosigkeit. Wenn laufend neue Wünsche von allen Seiten einflössen, liege es am Regierungsrat, dem Treiben Einhalt zu gebieten und das bestellte Projekt unter Einhaltung von Qualität, Termin und Kosten durchzusetzen.

 

Die Berner Holzwirtschaft sei bereit, ihren Anteil zu leisten und ein wirtschaftliches, qualitativ hochstehendes Gebäude in Holz zu erstellen. Nachdem der Grosse Rat 2017 beschlossen habe, den neuen Campus aus Berner Holz zu erstellen, habe die Holzbranche Vorschläge für die Materialbeschaffung sowie für die Verarbeitungskette erarbeitet, die teilweise in die Ausschreibung mit eingeflossen seien. Damit habe sich trotz Ausschreibung nach GATT/WTO eine schlanke, kostengünstige Inhouse-Beschaffung erreichen lassen: ‹Das Holz ist schon gewachsen und steht im Berner Wald bereit.›

 


Links www.campus-biel-bienne.ch | www.initiativeholz.ch