Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Neue Chancen für Holz in der öffentlichen Beschaffung

Das aktuelle Waldgesetz sowie das bald revidierte Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen setzen frische Akzente in der öffentlichen Beschaffung. Daraus ergeben sich neue Chancen für den Baustoff Holz. Das KBOB/Lignum-Seminar ‹Nachhaltig bauen mit Holz› bietet Gelegenheit, sie kennenzulernen. Es findet diesen Sommer an vier Orten statt.

Gebaut mit Schweizer Holz: Eishalle Sportzentrum Heuried, Zürich, 2017
In den Neubau des Sportzentrums Heuried mit gedeckter Eishalle, Restaurant und Garderoben sind 951 m3 Holz geflossen. Fast 89% davon kamen aus dem Schweizer Wald und sind in der Schweiz verarbeitet worden.
Bauherrschaft: Immobilien Stadt Zürich und Grün Stadt Zürich, vertreten durch Stadt Zürich, Amt für Hochbauten
Architektur: EM2N Architekten AG, Zürich
Holzbauingenieure: Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG, Rain
Holzbau: Zaugg AG Rohrbach, Rohrbach
Bild Michael Meuter, Zürich

 

 

An einer von Lignum und dem Bundesamt für Umwelt BAFU organisierten Präsentation an der Swissbau im Januar dieses Jahres zum Thema ‹Vorgehen bei Ausschreibungen mit Schweizer Holz für öffentliche und private Bauten› referierten Alfred Kammerhofer, Leiter Sektion Holz- und Waldwirtschaft in der Abteilung Wald des Bundesamtes für Umwelt BAFU, Kilian Looser, Gemeindepräsident Nesslau, sowie Bundesverwaltungsrichter Marc Steiner, welcher seine persönliche Sicht zum öffentlichen Beschaffungswesen schilderte.

 

Spielräume in der öffentlichen Beschaffung

 

Bauwerke sind keine Standardprodukte, welche nur nach dem Preis bewertet werden können. Öffentliche Auftraggeber haben schon heute grosse Spielräume, um über die Qualität das gewünschte Preis-Leistungs-Verhältnis (Art. 21 BöB) zu definieren. So kann beispielsweise problemlos direkt ein Holzbau gewünscht werden oder ein Bauprojekte so ausgelegt werden, dass es auch später im Unterhalt möglichst günstig betrieben und unterhalten werden kann. Dazu können bei anspruchsvollen Projekten sowohl Referenzen als auch Eignungskriterien des Anbieters gefordert sein. Zusätzlich könne auch die Ökobilanzierung als Teil der Bewertung der Qualität einbezogen werden, so Steiner.

 

Angesichts der Tatsache, dass bei Holzbauten heute der Anteil von Schweizer Holz nur noch bei 35–40% liegt, ist es gemäss Alfred Kammerhofer wichtig, ausdrücklich nachhaltiges Holz zu bestellen. Für den Bund gilt die im Waldgesetz 34b und und in der Waldverordnung 37c festgeschriebene Weisung, wo auch auf Richtlinien und Empfehlungen der KBOB verwiesen wird.

 

Die Nachhaltigkeit des Holzes kann in der Schweiz sowohl mit dem Herkunftszeichen Schweizer Holz (HSH) als auch mit anerkannten internationalen Labels wie PEFC oder FSC nachgewiesen werden. Wie ein solches Vorhaben auch mit eigenem Holz umgesetzt werden kann, zeigte Kilian Looser anhand des Beispiels des Gemeindehauses Nesslau.

 

Internationaler Paradigmenwechsel

 

Marc Steiner machte deutlich, dass es gegenwärtig auch auf internationaler Ebene eine Abkehr vom klassisch liberalen Ansatz der Neunziger mit den Prämissen ‹Marktöffnung, Wettbewerb und Geld› hin zur nachhaltigen Beschaffung gebe. Neben dem Preis spielen heute also auch Kriterien wie Soziales, Ökologie und Lebenszykluskosten eine Rolle – nachhaltige Beschaffung. Es scheint, als ob sich die Vergabekultur endlich vom reinen Preiskampf zum Qualitätswettbewerb wandelte.

 

•    2012: Mit dem revidierten WTO-Welthandelsvergaberecht wird ‹Green Public Procurement› zulässig. 
•    2014: Die EU-Richtlinie 2014/24/EU erklärt ‹strategic use of public procurement› zum Ziel; die juristische Bezeichnung ‹vergabefremde Aspekte› für Nachhaltigkeitsgesichtspunkte ist auf dem Rückzug.
•    2015: Pariser Klimaabkommen und United Nations Sustainability Goals (UNSDGs)
•    2017: Mit dem WTO-Symposium zur nachhaltigen Beschaffung treiben Deutschland und Kanada das Thema unter dem Titel ‹Sustainable procurement› weiter.
•    2017: Durch protektionistische Massnahmen unter dem Ziel ‹America first› bleiben die USA in dieser Frage aussen vor.

 

Nachhaltige Beschaffung und Regionaliät

 

Nicht selten bedeutet nachhaltige Beschaffung indirekt auch regionale Beschaffung. So unterschiedlich die Standpunkte auch zu liegen scheinen – regionale Beschaffung und Nachhaltigkeit schliessen sich nicht aus.

 

Bundesverfassung (BV)
In Artikel 2 Abs. 2 wird der Begriff der Nachhaltigkeit in einem umfassenden, alle drei Dimensionen einschliessenden Sinn verwendet (Luzius Mader, Die Umwelt in neuer Verfassung?, in: URP 2002, S. 105 ff., insb. S. 110).

1. Titel: Allgemeine Bestimmungen

Art. 2 Zweck
1 […]
2 Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes.
3 […]
4 Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung.

 

Waldgesetz (WaG)
Im Abschnittstitel ‹Holzförderung› des neu überarbeiteten Waldgesetzes (WaG) von 2017 verpflichtet sich der Bund unter Art. 34a und Art. 34b zur Verwertung von nachhaltig produziertem Schweizer Holz und, soweit geeignet, dessen Nutzung in Bauten des Bundes.

1a Abschnitt: Holzförderung

Art. 34a
Der Bund fördert den Absatz und die Verwertung von nachhaltig produziertem Holz, insbesondere mittels der Unterstützung von innovativen Projekten.
Art. 34b
1 Der Bund fördert bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb eigener Bauten und Anlagen soweit geeignet die Verwendung von nachhaltig produziertem Holz.
2 Bei der Beschaffung von Holzerzeugnissen berücksichtigt er die nachhaltige und naturnahe Waldbewirtschatung sowie das Ziel der Reduktion von Treibhausgasemissionen.

 

Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB)
Nach Art. 2 des bundesrätlichen Entwurfs für ein neues Beschaffungsgesetz vom 15. Februar 2017 wird die Nachhaltigkeit zum Gesetzesziel:

 

Art. 2 Zweck
Dieses Gesetz bezweckt:
a. den wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel;

 

Nach Art. 29 des Gesetzesentwurfs dürfen künftig ökologische Externalitäten (externe Kosten) internalisiert bzw. eingepreist werden:

 

Art. 29 Zuschlagskriterien
1 Die Auftraggeberin prüft die Angebote anhand leistungsbezogener Zuschlagskriterien.
Sie kann neben dem Preis einer Leistung insbesondere Kriterien berücksichtigen wie Qualität, Zweckmässigkeit, Termine, technischer Wert, Wirtschaftlichkeit, Lebenszykluskosten, Ästhetik, Nachhaltigkeit, Kreativität, Kundendienst, Lieferbedingungen, Infrastruktur, Innovationsgehalt, Funktionalität, Servicebereitschaft, Fachkompetenz oder Effizienz der Methodik.

 

KBOB/Lignum-Seminar ‹Nachhaltig bauen mit Holz›

 

Das KBOB/Lignum-Seminar ‹Nachhaltig bauen mit Holz› bietet Gelegenheit, die neuen Möglichkeiten für den Holzbau unter diesen Prämissen kennenzulernen. Es besteht aus mehreren Präsentationen, einem gemeinsamen Workshop und einer Betriebsführung in einem modernen Holzbaubetrieb. Die Anlässe finden wie folgt statt:

 

•   24. Mai bei Kost Holzbau AG in Küssnacht
•   13. Juni bei Häring AG in Eiken
•   21. Juni bei Blumer-Lehmann AG in Gossau SG
•   5. Juli bei Beer Holzbau AG in Ostermundigen

 

Link KBOB/Lignum-Seminare ‹Nachhaltig bauen mit Holz› 2018

 

 

Präsentationen der Veranstaltung ‹Vorgehen bei Ausschreibungen mit Schweizer Holz für öffentliche und private Bauten› an der Swissbau 2018


Präsentation von Alfred Kammerhofer, Bundesamt für Umwelt BAFU

Präsentation von Kilian Looser, Gemeindepräsident Nesslau

Präsentation von Marc Steiner, Richter am schweizerischen Bundesverwaltungsgericht