Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Klimawandel macht Holz leichter

Bäume werden unter dem Klimawandel schneller gross. Das klingt auf Anhieb gut. Denn es bedeutet, dass sie um so mehr Kohlendioxid speichern. Doch ist die Rechnung so einfach? Ein Team der Technischen Universität München hat Holzproben der ältesten existierenden Versuchsflächen aus 150 Jahren analysiert – und kommt zu einem überraschenden Ergebnis: Das Holz wird leichter.

Jede Probe wird in Hundertstelmillimeterschritten abgetastet.
Bild: Peter Biber/TUM

 

 

Das Team um Hans Pretzsch, Professor für Waldwachstumskunde an der Technischen Universität München (TUM), hat Holzproben von mehreren hundert Bäumen untersucht und jeden einzelnen Jahresring mit einem Hightech-Verfahren analysiert – es sind mehr als 30000. ‹Unsere Hochfrequenzsonde tastet jede Probe in Hundertstelmillimeterschritten ab›, erklärt Pretzsch das Analyseverfahren. ‹Damit messen wir das spezifische Gewicht des Holzes in einer Genauigkeit und Auflösung, die bis vor kurzem nicht denkbar war.›

 

Mehr Volumen, aber weniger ‹Füllung›

 

Die Holzproben stammen von den ältesten Waldversuchsflächen in Europa, die zeitgleich mit der Gründung der TU München vor 150 Jahren angelegt wurden. Die Proben wurden von gängigen europäischen Baumarten genommen, so etwa von Fichten, Kiefern, Buchen und Eichen. ‹Wir kennen die Geschichte jeder einzelnen Fläche, jedes einzelnen Baumes sehr genau›, sagt Pretzsch. ‹Damit können wir ausschliessen, dass unsere Ergebnisse daher kommen, dass der Wald heute anders bewirtschaftet wird als vor hundert Jahren.› 

 

Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass das jährlich wachsende Holz seit Beginn der Beobachtungen allmählich leichter geworden ist: Seit 1900 um acht bis zwölf Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich das Volumenwachstum der Bäume in Mitteleuropa um 29 bis hundert Prozent beschleunigt. Mit anderen Worten: Auch wenn heute mehr Holzvolumen produziert wird, ist es inzwischen mit weniger Substanz gefüllt als noch vor einigen Jahrzehnten.

 

Ursache liegt nicht auf der Hand

 

‹Vielleicht mutmassen nun manche, dass das schnellere Wachstum an sich schon die Ursache für unsere Beobachtungen sein könnte›, sagt Peter Biber, Mitautor der Studie. Diese Erklärung, die sich vordergründig aufdrängt, trifft jedoch nicht zu. ‹Bei manchen Baumarten ist es in der Tat so, dass breitere Jahrringe tendenziell auch leichteres Holz haben›, sagt Biber. ‹Diesen Effekt haben wir aber berücksichtigt. Die Abnahme der Holzdichte, von der wir sprechen, hat andere Ursachen.›

 

Diese sehen Pretzsch und sein Team vielmehr im langfristigen Temperaturanstieg, hervorgerufen durch den Klimawandel, und der damit zusammenhängenden Verlängerung der Vegetationszeit, aber auch in den Stickstoffeinträgen aus Landwirtschaft, Verkehr und Industrie. Darauf deuten für Fachleute etliche Details hin, wie etwa ein Rückgang der Spätholzdichte und eine Zunahme des Frühholzanteils in den Jahrringen.

 


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