Lignum Holzwirtschaft Schweiz

KI – Reizwort für die einen, Wunderwaffe für die andern

Als eine der Kerntechnologien für die Analyse von grossen, komplexen, unstrukturierten oder uneinheitlichen Datensätzen spielt Künstliche Intelligenz, kurz KI, als Digitalisierungswerkzeug eine enorm wichtige Rolle. Methoden aus der KI haben grosses Potential – auch für die Holzwirtschaft.

Die Automatisierung repetitiver Aufgaben, zum Beispiel in der Buchhaltung, wird zunehmend durch KI unterstützt.
Bild: Berner Fachhochschule BFH (Darstellung in Anlehnung an Buxmann & Schmidt 2019)

 

‹Eine gute Herangehensweise an das Thema KI besteht darin, sich zu überlegen: Welche Informationen würden mir helfen, wenn ich sie schon vorab hätte?›, rät Oliver Bracht, CEO und Chief Data Scientist bei der Eoda GmbH, in einem Gespräch mit IT-ZOOM. Wichtig sei, nicht mit der Technologie anzufangen, sondern zu schauen, welche Daten man brauche und wie man diese vernünftig sammeln könne. Erst im nächsten Schritt gehe es um die technische Umsetzung.


Besser mal anfangen als zuwarten

KI-Projekte scheiterten eher an den Datenmengen und der Datenqualität als an der Technologie, sagt Bracht. Nicht immer müsse es gleich ‹echte› KI sein: ‹Beim Deep Learning sind sehr viele Daten nötig. Da besteht die Gefahr, dass man als KMU sagt: So viele Daten haben wir gar nicht.› Es gebe beispielsweise das Klassifikationsverfahren ‹Random Forest›, das sich ebenfalls für Prognosen eigne, aber nicht so viele Daten brauche.

Ein Random Forest besteht aus mehreren unabhängigen Entscheidungsbäumen. Oft komme man auch mit relativ einfachen Methoden schon sehr weit, ist Bracht überzeugt. Wichtig sei jedoch, dass auch KMU sich frühzeitig mit dem Thema KI befassten und eigene Kompetenzen aufbauten.


Einstieg mit dem Do-it-yourself-Ansatz

Der Einstieg ins Thema für jedermann war wohl noch nie so einfach möglich wie heute. Seit Anfang der 2000er Jahre ist eine zunehmende Technologiedemokratisierung in sämtlichen MINT-Bereichen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) festzustellen. Heute sind beispielsweise die Auswirkungen der sogenannten Maker-Bewegung sowie verteilter, kollaborativer Softwareentwicklung auf Innovationen in sämtlichen wirtschaftlichen Bereichen offensichtlich.

Neben der Entstehung von Netzwerken und erfolgreicher Startups hat diese von interessierten Laien getragene Entwicklung auch einen niederschwelligen Einstieg in komplexe Themen ermöglicht. Das Potential einer interessierten Masse haben schliesslich auch die Techgiganten wie Google und Microsoft erkannt, die heute Werkzeuge und Anleitungen teilweise frei zu Verfügung stellen, wodurch auch Megatrends wie KI mit eingeschlossen sind.


Prozesse einfach automatisieren

Ein unmittelbar geschäftsrelevantes und einfach zu bedienendes Beispiel ist Microsoft Power Automate. Diese Umgebung erlaubt die grafische Programmierung von robotergesteuerter Prozessautomatisierung (RPA, automatisierte Bearbeitung von strukturierten Geschäftsprozessen durch Software-Roboter), die neben Microsoft Office 365 auch die Integration bestehender Software zulässt.

Die Kenntnis einer Programmiersprache ist dafür nicht notwendig. Mit der Umgebung können neben einfachen administrativen Aufgaben auch komplexere Workflows mithilfe von KI schnell erstellt werden. Beispielsweise ist mit dem AI Builder die intelligente Informationsextraktion aus Dokumenten möglich.


Vertiefter ins Thema KI kommen

Wer bereit ist, eine einfache Scriptsprache zu lernen, kann noch mehr Möglichkeiten von Machine Learning und KI auf der Cloud Plattform IBM Watson kennenlernen. Das kostenlose Angebot gibt anhand gut dokumentierter Beispiele Einblicke in die Möglichkeiten und Grenzen von KI-Technologien. Auf diese Weise lassen sich eigene Testapplikationen umsetzen.

Dabei muss sich der Benutzer lediglich um das Interface zur Watson Cloud kümmern; trainierte KI-Systeme werden dort von IBM bereitgestellt. Für den produktiven Einsatz können diese Testanwendungen später auf die kostenpflichtigen Services übertragen werden.


Einsatz in der Holzwirtschaft

Für eine kleine, feinstrukturierte und spezialisierte Branche wie die Schweizer Holzwirtschaft kann der Do-it-yourself-Ansatz eine attraktive Alternative darstellen. Gerade im betriebswirtschaftlichen Bereich haben Mitarbeiter mit IT-Background oder -Enthusiasmus gute Chancen, sich die Werkzeuge zu erschliessen und nach einer überschaubaren Einarbeitungszeit vernünftige Ergebnisse zu erzielen.

In der Holzwirtschaft ist KI indessen derzeit noch wenig im Einsatz. Erste Implementierungen werden an der EMPA Dübendorf mit Bildanalyse für die Festigkeitssortierung von Brettware und die Prozesskontrolle in der Faserplattenherstellung umgesetzt. Es gibt weitere Ansätze, die sich aus anderen Bereichen übertragen lassen.

So spielt KI-basierte Spracherkennung eine zunehmend wichtige Rolle beim Kundenservice in Form von Chatbots und für die automatisierte Generierung von Produktbeschreibungen. Bereits kommerziell verfügbare Systeme könnten für Vertriebsportale von Holzprodukten in gleicher Weise von Nutzen sein.


Hilfestellung für die Planung

Auch bieten KI-basierte Übersetzungstools eine effiziente Möglichkeit, um Onlineportale einer breiteren und vor allem internationaleren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ebenso kann die Technologie im Zusammenhang mit Prozessoptimierungen hilfreich sein: Automatisierungslösungen in der Buchhaltung oder Predictive Maintenance zur besseren Wartungsplanung werden zunehmend durch KI unterstützt.

Auch die Berner Fachhochschule BFH beschäftigt sich mit KI. Aktuell sind zwei Projekte in Vorbereitung, die deren Einsatz in der holzverarbeitenden Branche aufzeigen. Eines beschäftigt sich mit Planungsarbeiten, wo durch KI per Mausklick die Variantenvielfalt erhöht und damit das Kundenerlebnis verbessert werden kann. Ein anderes nimmt sich der digitalisierten Massaufnahme an und integriert automatisierte Lösungsvorschläge.


Link www.wh40.ch

 

Dieses Projekt wurde realisiert mit Unterstützung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) im Rahmen des Aktionsplans Holz.