Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Erster Holzbau-Kongress in Berlin findet enormes Echo

Die Immobilien- und Bauwirtschaft der deutschen Bundeshauptstadt interessiert sich sichtlich für das Bauen mit Holz: Mehr als 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer verzeichnete der erste Deutsche Holzbau-Kongress an zwei Tagen im März in Berlin. Es war eine der letzten grösseren Veranstaltungen in der Hauptstadt, ehe das öffentliche Leben heruntergefahren wurde, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu erschweren.

Bild Forum Holzbau

 

‹Berlin – Die steinerne Stadt› lautet der Titel einer Comic-Trilogie des amerikanischen Zeichners Jason Lutes. Darin geht es um die Verwerfungen der zwanziger Jahre in der Reichshauptstadt. Die ‹steinerne Stadt› ist zum geflügelten Wort geworden. Das zeigt, dass sich Berlin schon in seinen früheren Wachstumsphasen beim Bauen schwer getan hat mit der Verwendung von Holz. Eine Tradition des Holzbaus hat sich in der von der Maschinenbau- und Elektrotechnikindustrie dominierten Stadt nicht etabliert.


Holzbau wittert in Berlin Morgenluft

Der Bombenkrieg mit seinen Brandfolgen und die Teilung Berlins mit der Abtrennung des westlichen Teils von den Rohstoffen des Hinterlands trugen ihren Teil dazu bei, dass in Berlin eher andere Baustoffe zum Zuge kamen und sich wenig Holzbaukompetenz ausbildete. Mit seiner Quote von 0,9% bei Mehrfamilienhäusern in überwiegender Holzbauweise liegt das Land im Vergleich der Bundesländer hinten.

Doch der Funke des zunehmenden Interesses am Holzbau hat mittlerweile auch die Immobilien- und Bauwirtschaft Berlins erfasst, wie etwa ein erster Wettbewerb ‹Holzbaupreis Berlin› 2019 gezeigt hat (Lignum Journal online vom 11.11.2019). Das hängt unter anderem mit gesellschaftlichen Entwicklungen wie Arbeitsmigration und Verstädterung zusammen und wird beschleunigt durch Preissteigerungen am Wohnungs- und Mietmarkt und daraus abgeleitete politischen Entscheidungen.


Die richtigen Leute vor Ort

Diese betreffen die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum und lebenswerten Quartieren, neuen Kindertagesstätten, Schulen, Mensen und Sporthallen, haben aber auch mit klimapolitischen Herausforderungen wie der Senkung des CO2-Ausstosses im Bauwesen zu tun. Ein Vorreiterprojekt war 2008 der Bau des ersten siebengeschossigen Stadtwohnhauses in Holzbauweise in der Esmarchstrasse 3 (‹E3›).

Das erwachende Interesse am Holzbau spiegelte sich in der Beteiligung von Bauentscheidern aus der Metropolregion Berlin-Brandenburg am Kongress. Die Hochschulkooperation Forum Holzbau als Veranstalter und der Landesbeirat Holz Berlin/Brandenburg als Initiator konnten am 10./11. März insgesamt 440 Teilnehmende begrüssen – mit einem deutlich höheren Anteil an Architekten und Vertretern kommunaler Institutionen und privater wie öffentlicher Unternehmen der Immobilienwirtschaft, als zu anderen Veranstaltungen dieses Formats kamen.


Gute Erfahrungen mit Schulbauten

Hermann-Josef Pohlmann, Abteilungsleiter Hochbau in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, gab einen Einblick in die Holzbauaktivitäten des Bundeslands Berlin. Seitdem es finanziell wieder besser ausgestattet worden ist, kann es seine öffentliche Vorbildfunktion ausfüllen. Nicht unerwähnt liess Pohlmann dabei aber auch einige Probleme: zu wenige Angebote auf Ausschreibungen, konjunkturbedingt preislich teilweise überhöhte Angebote, Personalmangel in der Verwaltung und bürokratische Hürden.

Für das Land Berlin in überwiegender Holzbauweise fertiggestellt wurden bereits drei Schulgebäude, jeweils mit Sporthalle, im Wert von insgesamt EUR 86 Mio. Aufgrund guter Erfahrungen mit kurzen Planungs- und Bauzeiten wurden weitere neun Holz-Schulsporthallen in Schnellbauweise mit Baukosten von insgesamt EUR 80 Mio. in Auftrag gegeben, die aktuell bereits im Bau sind; ebenso einige Typenbau-Kindertagesstätten in Schnellbauweise.


Ideen und Anregungen aus anderen Städten

Berlin plant darüber hinaus für die nächsten vier Jahre 40 modulare Schul-Ergänzungsbauten mit Mensa mit einem Gesamtvolumen von EUR 320 Mio. in Holzbauweise. Vorgesehen ist ausserdem der Bau von 40 weiteren Schulsporthallen für EUR 360 Mio. sowie von zehn Hybrid-Grundschulgebäuden, jeweils mit einer Turnhalle, mit einer Gesamtbausumme von etwa EUR 400 Mio. ‹Sie sehen, Holzbau ist am Laufen. Wir würden unsere Bauaufgaben nicht schaffen, wenn wir nicht auf diesen Baustoff zurückgreifen könnten›, sagte Pohlmann abschliessend.

Die Kongressteilnehmer bekamen an den beiden Veranstaltungstagen viele Details zu Verbundbauweisen, zu Fragen von Holz und Brandschutz im Geschosswohnungsbau, zur Vorfertigung, zu den unterschiedlichen Bausystemen und zum Markt geboten, um diese in ihre Überlegungen einzubeziehen. Vorstellungen von Bauvorhaben der Wohnungswirtschaft, die im Grossraum Berlin bereits umgesetzt wurden, sowie von Projekten in München, Brüssel und Duisburg lieferten Ideen und Anregungen in Fülle.


Link www.forum-holzbau.com