Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Einsprachen verhindern jede zehnte Wohnung trotz Bewilligung

Während die Bevölkerung mit der Zuwanderung weiter kräftig wächst, werden heute deutlich weniger Neubauwohnungen geplant als noch vor wenigen Jahren. Zugleich fehlen dem Mietwohnungsmarkt jährlich rund 4000 Wohnungen wegen Einsprachen. Das zeigt die neuste Studie des Immobilienresearchs der Zürcher Kantonalbank.

Die Schweiz läuft in eine Wohnungsknappheit. Doch die Baugesuche stocken derzeit – und Einsprachen hemmen die Bautätigkeit empfindlich.
Bild Michael Meuter, Zürich

 

Das Wohnungsangebot hinkt derzeit hinter der Nachfrage her, weil der Bausektor trotz Anlagenotstand in den letzten Jahren unter dem Eindruck teilweise hoher lokaler Leerstände weniger Baugesuche eingereicht hat. In Gemeinden mit einer Mietwohnungsleerziffer von über 2,5% liegen die Baugesuche ein Viertel tiefer als 2019.

Doch auch in Gemeinden mit knappem Mietwohnungsangebot wurden weniger Wohnungen geplant. Das Problem sind die baulichen Rahmenbedingungen: Zwar sind alle für Verdichtung, aber nur, solange sie nicht vor der eigenen Haustüre stattfindet. In der Folge ist der Neubau zu einem regelrechten Hürdenlauf geworden.

Eine wachsende Zahl an Auflagen führt zu Ehrenrunden in der Bauplanung, was die Bewilligungsdauer verlängert. Vom Baugesuch bis zur Baubewilligung dauert es heute im Landesschnitt 140 Tage – das sind 67% mehr als noch 2010. Je dichter besiedelt, desto länger die Verzögerung. Im urbanen Kanton Zürich sind es fast 200 Tage, in der Stadt Zürich ist die Zeitspanne gegenüber 2010 um 136% auf knapp ein Jahr gestiegen. Am längsten dauert es hierzulande mit 500 Tagen im Kanton Genf.


Einsprachen als ‹fünfte Landessprache›

Ist mit der erteilten Baubewilligung endlich eine grosse Hürde überwunden, steht schon die nächste an: Denn jetzt können Projekte aufgrund erfolgreicher Rekurse gekippt werden – und das bis zur letzten Minute. ‹Einsprachen werden nicht umsonst als fünfte Landessprache bezeichnet›, sagt Ursina Kubli, Leiterin des Immobilienresearchs der Zürcher Kantonalbank.

Um abzuschätzen, wie oft dies geschieht, hat das Immobilienresearch sämtliche bewilligten Wohnungsneubauprojekte seit 2010 untersucht und analysiert, ob tatsächlich ein neues Wohngebäude entstanden ist. Das Ergebnis: Seither wurde in der Schweiz trotz Baubewilligung jede zehnte Wohnung nicht realisiert, wodurch dem Mietwohnungsmarkt jährlich rund 4000 Wohnungen fehlen – Tendenz steigend.

Ein Grund ist die rigide Umsetzung der Lärmschutzbestimmungen. In diesem Hürdenlauf sind grössere Akteure gegenüber Privaten im Vorteil, da sie ihre Ressourcen bei einer Blockade auf andere Projekte lenken können. ‹Der künftige Fokus der Politik sollte klar auf dem Abbau von Hürden liegen›, sagt Kubli. So wird etwa die Abschwächung der Lärmschutzbestimmungen bereits diskutiert. ‹Man wird aufpassen müssen, dass im Gegenzug nicht andere Einsprachegründe wie etwa das Ortsbild vermehrt Gewicht erhalten.›


Link www.zkb.ch