Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Deutsche Holzindustrie sucht Wege aus der Krise

Die deutsche Wald- und Holzwirtschaft befand sich bereits vor der Corona-Pandemie im Ausnahmezustand: Stürme, Trockenheit und Borkenkäfer fordern die Branche seit über zwei Jahren. Nun herrscht eine bedrohliche Mehrfachbelastung. Der deutsche Säge- und Holzindustrieverband wendet sich mit Vorschlägen zur Krisenbewältigung an die Politik.

Bild Michael Meuter, Zürich
 

 

Die ökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise treffen die deutsche Forst- und Holzwirtschaft in einer ohnehin sehr belasteten Situation. Zwischen 2018 und 2020 führten Stürme, Dürre, Brände und Käferbefall deutschlandweit zu rund 160 Mio. m3 Schadholz auf einer Fläche von 245000 ha.

Das zeigen die jüngsten Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (Lignum Journal online vom 3.3.2020). Die Prognosen zeigen für 2020 kaum Entspannung. Im Gegenteil: Aufgrund des milden Winters und der Vorschädigung gehen Experten davon aus, dass sich die Käfersituation im Frühjahr zuspitzen wird.


Corona-Krise gefährdet Aufarbeitung

Ohne rasche Abfuhr aus dem Wald und eine schnelle Weiterverarbeitung wird das Holz für manche Anwendungsgebiete unbrauchbar. Für die Betriebe bedeutet das erhöhten logistischen Aufwand und aufwendige Kontrollen des Holzes. Doch bereits in den letzten Jahren hat die Branche mitunter an ihren personellen, finanziellen und logistischen Grenzen gearbeitet.

Die Corona-Krise verschärft die Situation drastisch. Gemäss interner Umfrage des Säge- und Holzindustrieverbands bei 128 Unternehmen leiden bereits 70% der Sägeunternehmen unter den Auswirkungen der Pandemie. Überdurchschnittlich betroffen sind Betriebe in den südlichen Bundesländern Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg sowie Laubholzbetriebe.


Ein Drittel der Sägewerke plant Kurzarbeit

Corona-Fälle in der eigenen Belegschaft melden derzeit nur vereinzelte Sägewerke. Auf Unsicherheiten beim Absatz von Schnittholz- und Sägenebenprodukten reagieren die Betriebe durch Produktionsrücknahmen. Ursachen sind Schliessungen, Kurzarbeit und Stornierungen im Handwerk und Bausektor sowie volatile internationale Märkte.

Wer aktuell noch keine Beeinträchtigung spürt, geht zumindest von sinkender Nachfrage in den kommenden Monaten aus. Überwiegend uneingeschränkt ist indes die Rundholzversorgung. Unklar ist, wie die Branche unter den gegebenen Umständen eine drohende Käferholzwelle im Frühjahr bewältigen könnte.

Betriebsschliessungen soll es nur wenige geben; Kurzarbeit dürfte aber wie in vielen Branchen in den nächsten zwei Wochen auch in der deutschen Holzwirtschaft deutlich zunehmen. Aktuell sind 13 befragte Betriebe in Kurzarbeit. Bis Ostern wollen rund 35% diesen Weg einschlagen. Neben Absatzmöglichkeiten mangelt es vor allem grenznahen Betrieben an Personal. Pendlern aus Polen und Tschechien ist es inzwischen kaum mehr möglich, nach Deutschland einzureisen.


Transportkapazitäten und Lagermöglichkeiten ausweiten

Angesichts der parallelen Belastung durch Pandemie und fortschreitende Waldschäden appelliert der Säge- und Holzindustrieverband an die Politik, Schritte zur kurzfristigen Krisenbewältigung sowie für eine langfristige Konjunkturbelebung zu ergreifen. Um trotz der zu erwartenden Personal- und Transportengpässe handlungsfähig zu bleiben, schlägt der Verband in einem Positionspapier gezielte Massnahmen vor.

Zum Erhalt der notwendigen Transportkapazitäten im Sektor Wald und Holz wären die Erhöhung des Gesamtgewichts für Holztransporte auf temporär 46 Tonnen, die finanzielle Entlastung von Holzspediteuren durch Aussetzung der Mautpflicht sowie Flexibilisierungen des Kabotageverbots sowie der Lenk- und Ruhezeiten zentrale Instrumente, welche die Politik kurzfristig ergreifen könnte, so der Verband.

Ausserdem sei aufgrund der zunehmenden Kurzarbeit in der Verarbeitung eine Ausweitung der Holz-Lagermöglichkeiten unerlässlich. Der deutsche Säge- und Holzindustrieverband schlägt dazu schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren für Nass- und Trockenlagerplätze, Vereinfachungen bei der Erweiterung bestehender Rundholzplätze durch Flexibilisierung kommunaler Flächennutzungspläne sowie die Auflegung eines Sonderprogramms ‹Holzlagerung› der Kreditanstalt für Wiederaufbau vor.


Holzverwendung langfristig fördern

Neben der Betätigung dieser Ad-hoc-Stellschrauben müssen nach Ansicht des Verbandes langfristige politische Massnahmen den herausragenden Beitrag von Holz im Hinblick auf die nachhaltige Entwicklung der Gesellschaft sichern. Hierzu gehörten zentral die Förderung des Baustoffs bei öffentlichen Ausschreibungen und die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für Holzbauprojekte.

Notwendig seien aber auch Anschlussregelungen für Holzheizkraftwerke im Erneuerbare-Energien-Gesetz, die Ausweitung des ermässigten Mehrwertsteuersatzes auf alle Holzprodukte sowie ein zinsfreies Sonderprogramm ‹Holzverwendung› der Kreditanstalt für Wiederaufbau zur Förderung von Investitionen in Produkte und Anwendungen.


Links www.saegeindustrie.de | Positionspapier des DeSH (PDF, 248 KB)