Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Der Schweizer Holzbau besteht im Wettbewerb

Der Holzbautag Biel vom 17. Mai stellte spannende neue Bauwerke und Siedlungen in der Schweiz vor, die mit guter Architektur und Wirtschaftlichkeit punkten. Der von Christoph Starck (Lignum), Andreas Müller (BFH Biel), Hanspeter Bürgi (BFH Burgdorf) und Hanspeter Kolb (BFH Biel) moderierte Fachanlass war mit 450 Teilnehmenden erneut ein Grosserfolg.

Oben: Der viergeschossige Neubau für die Freiburger Kantonspolizei ‹MAD 3› (deillon delley architectes sa, Bulle) in Granges-Paccot verrät von aussen nichts von seiner Holzkonstruktion. Unten: Die Ersatzneubauten Ghiringhelli in Bellinzona werden ohne Mehrkosten in Holz realisiert. Im Bild das Wettbewerbsprojekt von Burkhalter Sumi Architekten, Zürich.
Bilder Roger Frei, Zürich (oben) | Burkhalter Sumi Architekten, Zürich (unten)

 

 

Ein Block unter dem Titel ‹ Immobilienmarkt und Holzbaumarkt Schweiz› bildete das Tor zum Holzbautag 2018. Der Wirtschaftsspezialist Stefan Fahrländer (FPRE, Zürich) stellte fest, dass unterschiedliche Selbstregulierungen eine Entspannung auf dem Schweizer Wohnungsmarkt bewirkt hätten. Doch fliesse nach wie vor viel Geld in die Märkte für Renditeliegenschaften, und die hohe Wohnbautätigkeit gebe kurzfristig Anlass zur Sorge.

 

Allerdings sei Bautätigkeit weiter notwendig, denn die Schweiz wachse jetzt und auch langfristig. Zwar seien bei den Arbeitsnutzungen zu viele Reserven zu verzeichnen, doch bei Wohnbauzonen herrsche vielerorts Knappheit, betonte Fahrländer. Resultat: Wohnungsmieten und Wohneigentumspreise blieben in den Anbietermärkten hoch.

 

Der Anlagedruck lasse die Zersiedelung fortschreiten; manche Wohnbauten entstünden an Orten, wo erst langfristig mit hinreichend grosser Nachfrage zu rechnen sei. In einem derartigen Nachfragermarkt stiegen die Leerstände und sänken die Mieten. Dies betreffe insbesondere Altbauten oder falsch konzipierte Neubauten, sagte Fahrländer.

 

Holz-Projekte werden grösser

 

Die Analyse von Baubewilligungen sowie Absatz- und Verkaufsdaten zeigen Trends für den Bau- und Holzbaumarkt. Birgit Neubauer-Letsch (BFH-AHB) präsentierte dazu neue Zahlen. Basis sind die alljährlich im Januar vorliegenden Daten über Baubewilligungen des Vorjahrs. Für die Marktperspektiven seien die Baubewilligungen besonders relevant, denn sie erlaubten einen Ausblick in die künftige Bautätigkeit. Daraus liessen sich Tendenzen und mögliche Materialentscheide für die nächsten Monate ablesen.

 

Baubewilligungen für Einfamilienhäuser sind in den letzten Jahren deutlich rückläufig. Gleichzeitig ist der Anteil des Holzbaus konstant geblieben – jedes fünfte neue Einfamilienhaus wird mit Holz gebaut. Aktuell ist die Nachfrage nach bestehenden Einfamilienhäusern am Steigen. Hier spielen der Wunsch nach sicherer Geldanlage mit und die Möglichkeiten des Weiterbauens im Bestand – ein weites Feld für den Holzbau.

 

Solche erweitert genutzten Einfamilienhäuser erhielten oft den Charakter eines Mehrfamilienhauses. Neu geplante Mehrfamilienhäuser zeigten einen Trend zum eigentlichen Siedlungsbau. Bei Bauten der öffentlichen Hand nehme der Einsatz von Holz vor allem bei den Fassaden zu, der Holzanteil für Tragkonstruktionen bleibe relativ konstant, sagte Neubauer-Letsch.

 

Nachhaltigkeit im öffentlichen Bau

 

Drei Holzbauprojekte interessierten durch ihre Gestaltung und vor allem durch ihre Eigenschaften in Bezug auf Ökologie und Nachhaltigkeit. Im Ausbildungszentrum ZIVI des Kantons Freiburg am Schwarzsee bieten zwei Neubauten als Ergänzung zur ehemaligen Militärkaserne Unterkunft für total 600 Personen (Totalunternehmer: schaerholzbau, Altbüron). Vor allem die Kosten und Termine ergaben den zwingenden Rahmen. Die Planung beruhte auf einem modularen Konzept.

 

Ein klarer Stützenraster prägt gestalterisch und konstruktiv den Neubau der Freiburger Kantonspolizei ‹MAD 3› in Granges-Paccot, einen viergeschossigen Holzbau von deillon delley architectes sa (Bulle). Ingenieur Martial Chabloz (Lausanne) erläuterte die anspruchsvolle Holzstruktur mit Verbunddecken aus Holz und Beton. Das gesamte verbaute Holz stammt aus der Region.

 

Noch nicht gebaut, aber bereits weitgehend geplant ist der Neubau für den Campus Biel/Bienne der Berner Fachhochschule (pool Architekten, Zürich). Das aus einem Architekturwettbewerb hervorgegangene Projekt, ein Bau mit insgesamt fünf Geschossen, soll aus Holz gebaut werden. Dies bedingt bereits heute detaillierte Planungen zur Baustruktur. Es ist geplant, den Campus bis 2022 zu realisieren.

 

Weichenstellung im Architekturwettbewerb

 

Die grundlegenden Strategien und Konzepte für kostengünstigen genossenschaftlichen Wohnungsbau erläuterte Architekt Donat Senn (GWJ Architektur, Bern) am Beispiel des erstrangierten Projekts beim Wettbewerb für die Wohnsiedlung Mutachstrasse in Bern. Politische Vorgabe war hier, Wohnraum von unter CHF 200.– je Zimmer zu projektieren.

 

Architekt Stefan Graf (Bauart Architekten und Planer, Bern/Neuchâtel/Zürich) erläuterte seinerseits den Vorschlag, für den Bauart bei diesem Wettbewerb den dritten Preis errungen hat. Bauart hat ein Projekt auf Basis eines Holzbausystems erarbeitet, das 2000-Watt-fähige Häuser ermöglicht. Allerdings wurde der Wettbewerb auf der Ebene Städtebau und Architektur entschieden und nicht auf der Ebene der Konstruktions- und Materialwahl.

 

Werner Abplanalp von 2ap/Abplanalp Affolter Partner (Bern) brachte die Problematik der ökonomisch-konstruktiven Fragen bei Architekturwettbewerben lapidar auf den Punkt: ‹Wettbewerbe werden durch die Architektur gewonnen›.

 

Drei Wege zu Holz

 

Anhand dreier aktueller Wettbewerbe konnte Yves Schihin (burkhalter sumi architekten, Zürich) zeigen, wie der Holzbau in verschiedener Hinsicht punkten kann. Für die Erweiterung eines Schulhauses in Adliswil wurde Holz ausdrücklich verlangt, denn der Neubau kam auf eine bestehende Zivilschutzanlage zu stehen und musste entsprechend leicht sein.

 

Für die Wohnüberbauung Waldacker in St. Gallen wurde Holz gefordert, weil dies die Ortsbürgergemeinde so wünschte. Das im gemeindeeigenen Wald nachwachsende Baumaterial fördere eine nachhaltige Bauweise, das Projekt dürfte so politisch einfacher durchzusetzen sein.

 

In Bellinzona hatte der Holzbau für die Ersatzneubauten Ghiringhelli zu zeigen, dass er ohne Mehrkosten auch wirtschaftlich besteht und dazu bei der Vermarktung den Vorteil einer ‹unique selling proposition› ausspielen kann. Für die Investoren spielt die Wirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle. Fragen der Ökologie und Ästhetik kommen in zweiter Linie hinzu. Die Architekten burkhalter sumi haben alle drei Wettbewerbe gewonnen.

 

Grossmassstäbliche Strukturen in Holz

 

Das Gebiet zwischen dem Bahnhof Biel und dem Seeufer ist mit der Expo.02 in den Fokus der Stadtplanung geraten. Die Masterstudentin Maria Freimann der BFH-AHB stellte vier exemplarische Projekte zu grossmassstäblichen Holzbauten von Studierenden der BFH AHB vor. 

 

Vergleiche verschiedener Bauweisen und Konstruktionen demonstrierte Thomas Klement (Jürgensen Klement Architekten, Zürich) am Beispiel der Wohnsiedlung Quellengarten in Aarau-Rohr. Integral und frühzeitig im Entwurfsprozess mitgedacht, bestehe Holz auch im Vergleich zu konventionellen Bauweisen, betonte Klement. Gerade die enge Verknüpfung von Entwurf und Konstruktion erzeuge beim Holzbau strategische Vorteile.

 

Diese Aussage stützte Ingenieur Raphael Greder (Makiol Wiederkehr AG, Beinwil am See). Ein hoher Vorfertigungsgrad werde zu effizienter Montage und kurzer Bauzeit führen. Sichtbare Holzoberflächen können schlanke und kostengünstige Bauteile ergeben. Wesentlicher Punkt: Rasche Bauweise. Die Siedlung Quellengarten soll im kommenden Herbst bezugsbereit sein.

 

Andere Sichtweisen: USA und Kanada

 

Was beim Bauen in der Schweiz und in Europa als üblich und normal angesehen wird, ist anderswo nicht unbedingt dasselbe. Oftmals unterscheiden sich massgebliche Einflussfaktoren wie Formen der Zusammenarbeit, Zulieferer, beteiligte Unternehmer und Subunternehmer, Koordination der Planung. Bernhard Gafner (Aspect Bauingenieure, Vancouver, Kanada) berichtete über zwei grosse Bauvorhaben in Übersee.

 

Das Studentenwohnheim ‹Tall Wood House› in Vancouver (Kanada) weist eine Geschossfläche von 15200 m2 auf. Das 53 m hohe Gebäude umfasst 18 Geschosse, 17 davon als massiver Holzbau. Zwei Stahlbetonkerne sichern die Aussteifung. Der Montagevorgang wurde im Vorfeld mit einem zweigeschossigen Mockup geprobt, zuerst am Bildschirm und dann 1:1 mit einem Prototyp.

 

Ein neues zweigeschossiges Bürogebäude, das ‹Microsoft Office› in Mountain View (USA) hat eine totale Geschossfläche von 60000 m2, 40000 m2 davon in Holz-Beton-Verbund. Die potentiellen Lieferanten für die Holzteile und Verbindungsmittel waren beschränkt vorhanden. Dank der Fähigkeit der Zimmereibetriebe wurde der Bau unter vorgegebenem Budget erstellt.

 

Holzbau auf der Gewinnspur

 

Erfreulich war in Biel das spürbar selbstverständlich gewordene Selbstvertrauen der im Holzbau Tätigen. Grosse Bauen und Siedlungen in Holz sind im auch urbanen Raum üblich geworden, von Nutzern akzeptiert und für Investoren durchaus interessant.

 

Die bis vor einiger Zeit noch bestehenden Probleme bezüglich Schalldämmung oder Brandschutz sind heute gelöst, der Holzbau wird nach und nach zur führenden Bauweise – präzise, rasch und weitgehend vorgefertigt. Wirtschaftlichkeit und nachweisbare Wertschöpfung des modernen Holzbaus verbinden sich mit überzeugender Architektur. Der nachwachsende Baustoff Holz ist eindeutig auf der Gewinnspur.

 


Link www.ahb.bfh.ch/holzbautag