Lignum Holzwirtschaft Schweiz

‹Der heutige Flickenteppich bremst den Solarausbau›

Ob sich eine Solaranlage auf dem Hausdach lohnt, hängt in der Schweiz stark von der lokalen Vergütung des Solarstroms und vom Strompreis ab – dies zeigt eine Studie der ETH Zürich und der Universität Bern. Viele Stromnetzbetreiber bezahlen zu wenig und bremsen damit den Solarausbau.

Oben: erwartete Rendite einer Solaranlage für ein Einfamilienhaus mit Gasheizung in Schweizer Gemeinden und Städten. Je heller die Gemeinden, desto höher die Rendite über einen Zeitraum von 30 Jahren. Gemeinden mit null oder weniger Rendite sind hellgrau. Für die dunkelgrau eingefärbten Gemeinden konnte keine Rendite berechnet werden. Die Box über der Farbskala entspricht dem Bereich der mittleren 50% der Ergebnisse. SC (self consumption) steht für den Eigenverbrauch. Unten: Die Installation einer Solaranlage auf einem Mehrfamilienhaus mit Wärmepumpe und mit neun Bewohnern in vier Wohnungen rentiert in fast allen Schweizer Städten und Gemeinden. Der Median liegt bei 10,5% Rendite. Im Durchschnitt werden 63% des erzeugten Solarstroms selbst verbraucht.
Grafiken Tobias Schmidt, ETH Zürich

 

Um ihre Klimaziele zu erreichen, muss die Schweiz ihre Stromerzeugung aus Sonnenenergie massiv erhöhen. Fotovoltaikanlagen auf Ein-​ und Mehrfamilienhäusern spielen dabei eine entscheidende Rolle, da sie 42% des Potentials auf Hausdächern ausmachen. Doch ob es sich finanziell auszahlt, in eine Anlage zu investieren, hängt stark vom Wohnsitz und dem lokalen Stromnetzbetreiber ab. Wie stark, zeigt eine im Februar publizierte Studie der ETH Zürich und der Universität Bern.


Was eine Solaranlage profitabel macht

In den 2067 Schweizer Städten und Gemeinden, welche die Studie untersucht, lohnt es sich für den Besitzer eines Einfamilienhauses mit Gasheizung in nur knapp der Hälfte der Fälle, eine Solaranlage zu installieren. Eine Anlage gilt den Forschenden zu Folge dann als profitabel, wenn der erwartete Gewinn über eine Lebensdauer von 30 Jahren grösser als 3% ist. Dabei berücksichtigen sie für jede Gemeinde neben den Anschaffungskosten und Förderungen die Leistung der Anlage, die Höhe der Vergütung für den eingespeisten Solarstrom, die Stromkosten, die durch den Eigenverbrauch des Solarstroms gespart werden, sowie den Steuersatz.

Je nach Stromanbieter erhielten Hausbesitzer in der Schweiz 2022 zwischen 5 und 22 Rp/kWh für den selbst erzeugten Solarstrom. Für eine Kilowattstunde Strom zahlten sie zwischen 12 und 34 Rappen. Diese starken lokalen Unterschiede führen dazu, dass die Grösse einer möglichst profitablen Solaranlage und wie viel des eignen Solarstroms ein Haushalt selbst konsumiert, von Gemeinde zu Gemeinde schwankt.

‹Je weniger der lokale Stromnetzbetreiber für den eingespeisten Solarstrom zahlt und je mehr er für den gelieferten Strom verlangt, desto eher passen Hausbesitzer die Grösse ihrer Solaranlage auf den Eigenverbrauch an. In manchen Fällen heisst das, dass sie weniger grosse Anlagen bauen und weniger Strom erzeugen, als sie eigentlich könnten›, erklärt ETH-​Professor Tobias Schmidt, einer der Studienautoren.  


Grosse Unterschiede je nach Kanton und Netzbetreiber

Ein Vergleich zwischen den Städten Zürich und Luzern zeigt, wie sich die unterschiedlichen Faktoren des Modells auf die Profitabilität auswirken: Obwohl es in Zürich vergleichsweise hohe Subventionen und Steuerabzüge gibt, zahlte es sich 2022 für die Besitzer eines Einfamilienhauses mit Gasheizung nicht aus, in eine relativ kleine Solaranlage mit 4 kW Leistung zu investieren. Weder hohe Subventionen noch niedrige Steuern konnten in Zürich eine schwache Vergütung des Solarstroms in der Höhe von 7,9 Rp/kWh und einen relativ hohen Strompreis von 26,4 Rp/kWh ausgleichen.

In Luzern hingegen fielen die Subventionen im Vergleich zu Zürich geringer aus, und die Investitionen sind nicht steuerlich absetzbar. Doch ein Vergütungstarif von 14,4 Rp/kWh und ein Strompreis von 22,7 Rp/kWh sorgten dafür, dass die Investition in eine Anlage mit 12 kW profitabel ausfällt.

Wenige Kilometer und ein anderer Netzbetreiber entscheiden trotz einheitlicher kantonaler Vorschriften und Förderungen zudem oft darüber, ob der eigene Solarstrom rentabel ist. So auch im Kanton Zürich: In Rümlang würde bei derzeitigen Tarifen eine Anlage für ein Einfamilienhaus mit einer Leistung von 12 kW über eine Lebenszeit von 30 Jahren eine Rendite von 6% oder CHF 7000.– abwerfen. Im 6,5 km entfernten Kloten würde man mit der gleichen Anlage einen leichten Verlust machen.


Grössere Solaranlagen mit Wärmepumpen profitabler

Deutlich besser sieht es der Studie zu Folge bei Mehrfamilienhäusern aus. In fast allen Städten und Gemeinden rentiert die Installation einer Anlage. ‹Bei Mehrfamilienhäusern mit grösseren Dächern lohnt sich eine Solaranlage fast immer. Noch rentabler wird es mit einer Wärmepumpe, da dann der Eigenbedarf höher wird und dadurch mehr gespart wird beim gekauften Strom›, sagt ETH-​Professor Schmidt.

In Rümlang würde eine Anlage von 16 kW über 30 Jahre hinweg 10% Rendite oder CHF 22000.– abwerfen. Auch in Kloten wäre diese Variante mit 5,5% oder CHF 7000.– Rendite profitabel. Doch: Weil die Vergütung in Kloten niedriger ist, wäre eine kleinere Anlage von 12 kW, die vor allem den Eigenverbrauch deckt, profitabler als eine, die das ganze Dach ausnutzt.


Vereinheitlichung würde Solarausbau beschleunigen

Um den Solarausbau zu beschleunigen, empfehlen die Studienautoren, die unterschiedlichen Vorschriften und Vergütungen in der Schweiz anzugleichen. ‹Die Schweiz gleicht hier einem Flickenteppich. Es ist weder fair noch verständlich, warum die Profitabilität von Solaranlagen so stark regional schwankt›, sagt Schmidt.

Isabelle Stadelmann, Professorin an der Universität Bern und Koautorin der Studie, ergänzt: ‹Die ausgeprägten föderalistischen Strukturen führen im Falle der Fotovoltaik dazu, dass eine Mehrheit der Kantone deren Ausbau zu wenig aktiv fördert. Eine Harmonisierung über verbindliche und ambitiösere Standards wäre nötig.›

Die Studienautoren sehen verschiedene Optionen: Solaranlagen könnten beispielsweise in allen Kantonen steuerfrei sein. Zudem sollten Investitionen in Gebäude, die jünger als fünf Jahre sind, absetzbar sein. Doch ob sich eine Solaranlage auf dem Dach lohnt, hängt vor allem von der Einspeisevergütung und dem Strompreis ab. Diese werden aber von den über 600 Stromnetzbetreibern definiert. Hier zeigt die Studie, welche Netzbetreiber ihre Tarife und Vergütungen erhöhen müssten, um den Solarausbau zu fördern.


Link Quantifying the degree of fragmentation of policies targeting household solar PV in Switzerland (PDF, 5.2 MB)