Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Das Tessin kommt auf den Robinien-Geschmack

Nicht alle Forstleute haben die Robinie gern: Manche würden den Baum, der um 1600 von Nordamerika nach Europa eingeführt worden ist, am liebsten verbannt sehen. Andere erkennen im Holz der Baumart interessante Nischen zur Wertschöpfung. So kann etwa der Tessiner Grappa von der Veredelung im Robinienfass profitieren.

Bild wsl.ch
 

Gemäss Landesforstinventar wächst die Hälfte der Schweizer Robinien auf der Alpensüdseite, und zwar vor allem auf flachgründigen Böden sowie im Auen- und Schwemmlandgebiet grösserer Fliessgewässer unterhalb von 600 m über Meer. Dabei findet sie sich in Laubmischwäldern oder bildet Reinbestände. Ihr Holz hat es in sich: Es ist hart, zäh und elastisch und schwindet wenig beim Trocknen, und es widersteht sehr gut der Fäulnis.

In einem dreijährigen Projekt (Mitte 2018 bis Mitte 2021) untersucht die Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschutz WSL zusammen mit Federlegno Ticino und Agroscope die Nutzung von Robinienstämmen zur Produktion von Fassdauben und danach die Qualität des holzausgebauten Tessiner Grappas. Das Projekt besteht aus zwei separaten Modulen.

In einem ersten Schritt untersuchten Federlegno und WSL zusammen mit dem jurassischen Ingenieurbüro EcoEng technische Aspekte im Zusammenhang mit der Auswahl, Klassifizierung, Lagerung und Verarbeitung von Robinienholz für die Herstellung von Fassdauben. Dafür wurde auch lokales Fachwissen abgeholt. Den Bau der Fässer übernahm dagegen ein spezialisierter Küfer ausserhalb des Tessins.


300 Liter Roh-Grappa aus dem 19er-Merlottrester

Die zweite Etappe, die von Agroscope betreut wird, fokussiert auf den Alterungsprozess von Grappa in 50-Liter-Fässern aus Robinie. Robinienholz verleiht Weinen und Spirituosen Aromen und besondere Noten, die bereits in anderen geografischen Kontexten anerkannt und geschätzt werden. Das laufende Projekt konzentriert sich auf den Grappa von Merlottrester aus der Ernte 2019. Aus etwa dreieinhalb Tonnen davon werden rund 300 Liter Schnaps destilliert. Die Hälfte davon altert nun in Robinienfässern.

Schliesslich soll das Interesse an der Produktion von veredelten Grappas aus Robinienholz und die möglichen Auswirkungen im Bereich der Laubholzverwertung aus der italienischsprachigen Schweiz bewertet werden. Im besten Fall eröffnet sich damit künftig eine Möglichkeit zur besseren Bewirtschaftung der Robinienwälder, die vor allem im Sottoceneri liegen.

Das wäre ganz im Sinne des erklärten Federlegno-Ziels, die Tessiner Laubhölzer besser zu valorisieren. Die Lebensdauer der Grappa-Fässer ist auf wenige Jahre begrenzt. Damit eröffnet sich ein Nischenmarkt, der eine wiederholte Nachfrage nach Qualitätsholz erzeugen könnte.

 

Links www.federlegno.ch | www.wsl.ch | www.agroscope.admin.ch