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Corona: Bundesrat präsentiert eine ‹Lex Tessin›

Was gilt, wenn Kantone wegen Corona über die vom Bund festgelegten Regelungen hinausgehen und Betriebe oder Baustellen generell schliessen? Der Bundesrat erklärt heute, dass er den Kantonen erlauben könne, kurzzeitig die Tätigkeit bestimmter Wirtschaftsbranchen einzuschränken oder einzustellen. Aber dies unter so strengen Vorgaben, dass eigentlich nur das Tessin sie erfüllen könnte.

Update 29.3.2020 | Wenn aufgrund der epidemiologischen Situation eine besondere Gefahr für die Gesundheit der Bevölkerung besteht, kann der Bundesrat einem Kanton erlauben, kurzzeitig die Tätigkeit ganzer Wirtschaftsbranchen einzuschränken oder einzustellen. Betriebe, die glaubhaft die Massnahmen zum Abstandhalten und zur Hygiene erfüllen, können ihren Betrieb allerdings weiterführen. 


Restriktiv formulierte Bedingungen

Für die Ermächtigung seitens des Bundesrates braucht es ein kantonales Gesuch. Voraussetzung dafür ist, dass im Kanton die Kapazitäten in der Gesundheitsversorgung auch nach Unterstützung durch andere Kantone nicht mehr ausreichen. Voraussetzung ist auch, dass die betroffenen Wirtschaftsbranchen mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht in der Lage sind, die Präventionsmassnahmen einzuhalten und nicht mehr voll funktionsfähig sind, weil Grenzgänger ausbleiben.

Ausserdem müssen die Sozialpartner dem Entscheid zustimmen, und die Versorgung der Bevölkerung mit Gütern des täglichen Bedarfs sowie der Gesundheitseinrichtungen muss sichergestellt sein. Der Bundesrat kann einzelne für die Versorgung der Wirtschaft mit Gütern relevante Betriebe von der Beschränkung oder Einstellung der Tätigkeit ausnehmen. Und: Gehen die von einem Kanton getroffenen Massnahmen über die Ermächtigung des Bundesrates hinaus, so entfällt die Kurzarbeitszeitentschädigung des Bundes.


Dem Tessin auf den Leib geschnitten

Hintergrund dieser Regelung ist ein Entscheid des Kantons Tessin, Betriebe und Baustellen für eine befristete Dauer zu schliessen. Der Bundesrat hatte am 20. März beschlossen, dass die Kantone lediglich einzelne Betriebe oder Baustellen schliessen können, welche die Massnahmen zum Abstandhalten und zur Hygiene nicht einhalten.

In der Tat erscheinen die kumulativ geltenden Bedingungen wie eine ‹Lex Tessin›; kein anderer Kanton würde derzeit alle Voraussetzungen erfüllen, auch Kantone wie Basel oder Genf mit ihren vielen Grenzgängern nicht. Doch auch der Kanton Tessin muss nun ein Gesuch stellen, um die bereits eingetretene Situation zu legalisieren; bislang hat der Bundesrat von keinem eingegangenen Gesuch Kenntnis, wie Alain Berset an der heutigen Pressekonferenz der Landesregierung betonte.


Kanton Tessin führt Sondermassnahmen bis 5. April fort

Der Kanton Tessin hält Geschäfte, Baustellen und Industriebetriebe bis 5. April geschlossen. Dazu hat der Bundesrat den Kanton am Samstag ermächtigt. Die bundesrätliche Genehmigung den verschärften Massnahmen im Kanton Tessin gilt rückwirkend ab 20. März. 


Link Verordnung (PDF, 382 KB)