Lignum Holzwirtschaft Schweiz

Wie Fichte und Buchdrucker zusammenfinden

In einem Grundlagenprojekt ist der Forscherin Sigrid Netherer und ihrem Team von der Universität für Bodenkultur Wien der erste empirische Nachweis dafür gelungen, dass trockengestresste Fichten besonders attraktiv für Borkenkäfer sind.

Anbringen einer Befallsbox im Versuchsgelände.
Bild Sigrid Netherer/BOKU
 

Die auf Nützlinge und Schädlinge im Forst spezialisierte Forscherin hat über zwei Jahre je zehn vom Niederschlag abgeschirmte Fichten in einem älteren Bestand (80 Jahre und älter) im Rosaliengebirge-Lehrforst der Universität für Bodenkultur mit zehn Kontrollbäumen verglichen.

Bei allen Bäumen bestimmten die Forscher regelmässig die Bodenfeuchte im Wurzelbereich, den Harzfluss und die Harzmenge, das Zweigwasserpotential und die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe im Harz. Zudem wurde die Attraktivität für Borkenkäfer – sowohl der gestressten Bäume als auch der Kontrollbäume – getestet. Im zweiten Jahr wurde auch die Immunabwehr der Bäume gegen Bläuepilze untersucht, die der Buchdrucker einschleppt.


Beobachten in Befallsbox und Petrischale

Um Käfer und Bäume gezielt zusammenzubringen, wurden mehrfach Befallsboxen angebracht und je 20 frisch geschlüpfte Buchdrucker aus der Zucht der Universität für Bodenkultur Wien angesetzt. Nach 24 Stunden prüften die Forscher die Reaktion der Käfer (zum Beispiel den Baum verlassen, sich einbohren, unter der Rinde verstecken, inaktiv bleiben).

Im zweiten Untersuchungsjahr pfropften die Wissenschaftler dann gezüchtete Bläuepilze (Grosmannia penicillata) in die zwanzig untersuchten Fichten. Nach vier bzw. sechs Wochen vermassen sie die Abwehrreaktion der Bäume. Die Grösse der Wundreaktionszone gibt dabei an, wie lange die Bäume brauchten, um das Wachstum der Pilze zu stoppen.


Käfer wählen aktiv geschwächte Bäume aus

Bisher ausgewertete Ergebnisse aus dem Freiland stützen die ‹Trockenstress als Einfallstor›-Theorie, aber das interessanteste Ergebnis brachte eine zusätzliche Beobachtungsstudie im Labor. Männliche Pionierkäfer durften in einer Petrischale zwischen zwei Rindenproben wählen: zum einen Rinde und Bast der zwanzig Bäume aus der Untersuchung, zum anderen Gewebe anderer, vitaler Fichten aus dem Forst, die nicht Teil des Trockenstressversuchs waren.

60 Minuten hatten die Käfer Zeit zum Testen, Kosten, Riechen und Auswählen. ‹Im Vergleich wurden gestresste Bäume häufiger von den Käfern ausgewählt. Es zeigte sich auch eine deutliche Präferenz der Käfer für Proben, die von Bäumen mit eingeschränkter Abwehr stammten. Das ist der erste empirische Beweis für Primärattraktion, das heisst, dass die Buchdrucker trockengestresste Bäume mit eingeschränkter Abwehr wohl aktiv auswählen›, erklärt Sigrid Netherer.


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